# taz.de -- Neues Restaurantkonzept in Berlin: „Da kann Lieferando scheißen gehen“
       
       > Im Berliner Restaurant au:tos arbeiten weder Köche noch Kellner,
       > stattdessen versorgen sich die Gäste gegenseitig. Unser Kolumnist hat es
       > ausprobiert.
       
 (IMG) Bild: Gäste und Köche zugleich: Torsten und Moritz im Restaurant au:tos in Berlin
       
       Als Foodkolumnist bin ich immer bereit, neuen Konzeptquatsch
       auszuprobieren, und da bin ich in Berlin natürlich genau richtig. Hier gibt
       es [1][Zero-Waste-Restaurants], [2][Dunkelrestaurants],
       [3][Gourmet-Dessert-Restaurants], [4][Insektenrestaurants], [5][Restaurants
       mit offenem Feuer] – und seit Kurzem auch das au:tos. Das erste
       Restaurant, in dem die Gäste selber kochen.
       
       Das ist eine logische Konsequenz des Customer-Integration-Trends. Wir bauen
       unsere Regale selbst zusammen, wir scannen unsere Waren im Supermarkt
       selbst ein, und jetzt kochen wir eben auch selbst. Dafür stehe ich an einem
       Samstagnachmittag mit acht weiteren Gästen in einer großzügig bemessenen
       Küche, die zu DDR-Zeiten mal zu einem Kindergarten gehörte. Jeder soll
       Vorspeise, Hauptgang oder Nachtisch für drei Personen zubereiten und
       bekommt dann diese Gänge von drei anderen Personen serviert.
       
       Eine wichtige Regel dabei: Alle kommen allein. „Unsere Lebensaufgabe ist
       es, Leute zusammenzubringen“, sagt Jannis, einer der Betreiber des au:tos.
       „Im [6][Zur Werkstatt in St. Gallen] dürfen die Gäste mitkochen. Aber das
       war uns nicht radikal genug.“
       
       Jannis ist ein Mittdreißiger mit Indoormütze, genau wie sein Mitstreiter
       Leon. Die beiden haben schon viele Sachen gemacht – Craftbeer gebraut,
       vegane Strohhalme vermarktet, eine Padel-Tennis-Schule geleitet – gekocht
       aber noch nie. „Aber das müssen wir hier ja auch nicht“, sagt Leon und
       lacht.
       
       Das machen dafür wir. Und wie! Wo gut eingespielte Küchenbrigaden ein
       stummes und elegantes Ballett aufführen, geht es bei uns zu wie in einem
       F-Jugend-Spiel. Alle laufen durcheinander, ständig fällt was hin, aber
       irgendwann sind wir fertig, erschöpft und zufrieden. Nun wird getafelt. Für
       mich gibt es Fenchel-Orangen-Salat von Moritz (sehr basic), gefüllte
       Auberginen von Louisa (die Füllung lauwarm, aber im Unperfekten steckt hier
       ja der Charme) und ein Moltebeeren-Zitronen-Sorbet von Svea (wirklich
       lecker!). Mein Risotto scheint ebenfalls gut anzukommen.
       
       Stolze 40 Euro kostet ein Abend, dazu kommen die Zutaten, die natürlich
       jeder selbst mitbringt. Die Leute zahlen es gern, wobei die Motivation ganz
       verschieden ist. Tanja freut sich, „mal wieder was mit den Händen“ zu
       machen, Nuri erhofft sich kulinarische Innovationen, und Torsten ist ganz
       wild darauf, einmal mit Profi-Equipment zu kochen. Denn egal ob
       Sous-Vide-Garer, Birkenholzgrill, KAI-Shun-Schneidemesser oder Moulinette –
       [7][im au:tos] gibt es alles.
       
       Bei einem abschließenden Glas Naturwein erzählen Leon und Jannis von
       weiteren Plänen des au:tos. Bald sollen mehrere Kameras installiert
       werden. Wer möchte, kann dann ein Video des gesamten Abends bekommen. „Als
       wäre man Teil einer Fernseh-Kochshow!“ Kostenpunkt: ein paar hundert Euro.
       „Die Idee ist uns in der Wasserbahn auf dem Oktoberfest gekommen, man
       konnte dort am Ausgang Fotos von sich kaufen.“
       
       Und auch eine App ist in Arbeit. Leute, die sich gegenseitig bekochen, in
       ganz Berlin – „da kann Lieferando scheißen gehen“.
       
       1 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Zero-Waste-Restaurant-in-Berlin/!5605571
 (DIR) [2] https://www.unsicht-bar-berlin.de/de/html/home_1.html
 (DIR) [3] https://coda-berlin.com/
 (DIR) [4] https://mikrokosmosberlin.com/
 (DIR) [5] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/restaurantkritik-kramer-gegrillte-ananas-bratkartoffeln-und-gezupfte-ente-9444887.html
 (DIR) [6] https://www.zurwerkstatt-sg.ch/
 (DIR) [7] https://www.youtube.com/watch?v=dQw4w9WgXcQ
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Brake
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Geschmackssache
 (DIR) Restaurant
 (DIR) Gastronomie
 (DIR) Kochen
 (DIR) Trend
 (DIR) DIY
 (DIR) GNS
 (DIR) Kolumne Geschmackssache
 (DIR) Kolumne Geschmackssache
 (DIR) Kolumne Geschmackssache
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ukrainische Kochbücher: Blau-gelbe Küche für alle
       
       2022 sind viele ukrainische Kochbücher auf den Markt gekommen. Kwas,
       Buchweizen und Borschtsch kommen überall vor, und doch gibt es
       Unterschiede.
       
 (DIR) Die goldenen Trendregeln des neuen Jahres: Been there, ate that
       
       Plant-Based Pasta und „Regenerative Food“ sind nicht nur im Kommen sondern
       längst da. Es gilt: Veganize it! Und auch: Frittiert mehr Hühner.
       
 (DIR) Terminologie von Speisekarten: Dinieren ohne Präpositionen
       
       Spitzenrestaurants haben ihr Vokabular radikal reduziert. Anders ließe sich
       ihr kunstvoll dekonstruiertes Durcheinander auch kaum fassen.