# taz.de -- Populismus und Demokratie: Von der Welt Prioritäten lernen
       
       > Tempolimit und Gendersprache sind Luxusthemen. Die wirklich große Frage
       > dreht sich um Freiheit, um Menschenrechte und die Wahrung der Demokratie.
       
 (IMG) Bild: Brüssel, am 20. Februar: Frauen zeigen ihre Solidarität mit den Menschen im Iran
       
       Wir brauchen mehr als weltfremden Schönwetterliberalismus. Die Demokratie
       ist in Gefahr. Populismus, Trump, Brexit, im Inneren wackelt es. In Italien
       regieren Faschisten. Frankreich entscheidet sich seit Jahren zwischen
       Demokraten und Rechtsradikalen. Aber auch von außen wird die Demokratie
       angegriffen. Die Russische Föderation greift den europäischen Frieden an,
       und [1][Xi Jinping] erklärt Menschenrechte zum Gegenmodell vom chinesischen
       Imperialismus.
       
       Wir leben in gefährlichen Zeiten und die liberale Antwort bleibt aus.
       Während in Kiew die Häuser brennen und ein Krieg gegen die Zivilbevölkerung
       geführt wird, diskutiert der deutsche Liberale über [2][Tempolimits] und
       [3][gegenderte Sprache]. Diese Debatte wirkt auf jeden, der sich mit
       internationaler Politik beschäftigt, wie Hohn.
       
       Während in [4][Teheran Frauen] ihre Fäuste zum Himmel recken und ihr Leben
       und das ihrer Familien riskieren, um sich gegen ein brutales
       patriarchalisches Herrschaftssystem zu wehren, schreibt das liberale
       Feuilleton über die Freiheit des Einzelnen, unendlich viel Kapital
       steuerfrei zu vererben. In Hongkong werden Freiheitsdemonstrationen
       gewaltsam niedergeschlagen, und der deutsche Diskurs dreht sich um die
       Freiheit, sich auf Kosten von Minderheiten zu amüsieren oder unendlich viel
       totes Fleisch oder Kuhmilch zu konsumieren.
       
       Liberalismus ist zu einem Projekt verwöhnter Großstädter verkommen, die von
       Berlin aus andere Großstädte beschimpfen, um digitale Algorithmen zu
       füttern, die Populismus belohnen und Debatten verhindern. Die wahren
       Freiheitskämpfe finden nicht bei uns statt, sondern in Städten wie Kiew,
       [5][Hongkong], Teheran und Kabul. Die bewundernswertesten Demokratinnen und
       Demokraten leben nicht in Demokratien. Es sind Menschen, die ihr Leben und
       das ihrer Familien für die Idee der Freiheit riskieren.
       
       Radikale Freiheit entsteht durch Hinwendung zur Welt, nicht durch
       Weltfremdheit. Wir brauchen Debatten über Freiheit und Demokratie, nicht
       von Schönwetterliberalen, sondern von Menschen, die etwas zu sagen haben.
       
       7 Apr 2023
       
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