# taz.de -- Leiter Branko Šimić übers Krass-Festival: „Mit vollem Respekt einbeziehen“
       
       > Das „Kultur Crash Festival“ stellt das Leben von Rom*nja und Sinti*zze
       > in den Mittelpunkt. Dabei geht es auch um akute Probleme in der Stadt.
       
 (IMG) Bild: Performance-Künstlerin Selma Selman stellt mit Gold aus Prozessoren einen Ring für ihre Mutter her
       
       taz: Herr Šimić, Sie beginnen das Krass-Festival am 8. April, dem
       [1][Internationalen Tag der Roma], mit einer Intervention auf dem Hamburger
       Rathausmarkt. Also mit einer politischen Forderung? 
       
       Branko Šimić: Die Community der Rom*nja und Sinti*zze muss endlich die
       Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient. Wir machen am Samstag [2][eine
       performative Demo] mit einer Brassband und mit Jugendlichen. Wir werden mit
       lauter Musik um Aufmerksamkeit bitten und die Leute mit dieser Intervention
       einladen. Der Aktivist [3][Dzoni Sichelschmidt], der diesmal Mitkurator
       ist, wird eine Rede halten, in der er akute Probleme formuliert und
       Forderungen an die Mehrheitsgesellschaft stellt. Dabei geht es auch um
       Bildung und die Benachteiligung der Kinder im Bildungssystem.
       
       Warum ist Ihnen wichtig, Rom*nja und Sinti*zze selbst mit einzubeziehen? 
       
       Weil ich nicht in eine Expertenrolle rutschen möchte, obwohl ich mich schon
       viele Jahre mit der Thematik beschäftige. Beim Festival gab es fast jedes
       Jahr ein Projekt von Rom*nja oder eines, das sich mit der Problematik
       beschäftigt. Diesmal habe ich jedes Projekt und jeden Schritt mit Dzoni
       abgesprochen, um das Spezifikum der Community auszudrücken und sie mit
       voller Akzeptanz und vollem Respekt einzubeziehen.
       
       Das diesjährige Festival stellt die betroffene Community in den
       Mittelpunkt. Was gibt es alles zu sehen? 
       
       Wir haben Kontakt gesucht zu Künstlern, die aktiv sind und die einen
       offensiven Umgang haben mit sich selber und mit der Gesellschaft. Es gibt
       viele Projekte zu sehen, die ein Selbstbewusstsein der Community
       demonstrieren, die offensiv fordern, sich damit auseinanderzusetzen, was in
       den vergangenen sechs Jahrhunderten passiert ist. In erster Linie natürlich
       mit dem Porajmos …
       
       … dem nationalsozialistischen Genozid an den europäischen Rom*nja … 
       
       …, aber auch mit all dem, was danach passiert ist.
       
       In der [4][Performance von Documenta-Teilnehmerin Selma Selman] geht es um
       rassistische Stereotype, die immer noch bestehen. Was passiert da? 
       
       Selma Selman ist seit 2018 fast jedes Jahr beim Festival gewesen. Diesmal
       sieht man sie mit ihrer Familie, die vom Sammeln und Recyceln von
       Altmetallen lebt, mit ihrem Vater und einem Cousin, die extra aus
       Bosnien-Herzegowina anreisen. Sie werden Prozessoren von alten Computern,
       Laptops und Handys auseinandernehmen und zerschlagen, um diese winzigen
       Anteile von Gold herauszunehmen. Es ist eine Trilogie. Sie hat im Februar
       in einer Galerie begonnen, der zweite Akt ist bei uns, der dritte wird in
       Amsterdam stattfinden. Aus dem Gold wird sie mit Ingenieuren im Labor einen
       Goldring für ihre Mutter machen.
       
       Mit dem [5][„Jugendklub“ suchen Sie nach Spuren] der Community im
       Stadtraum. 
       
       Das akute Problem in Hamburg ist das Bildungssystem, die Kinder werden
       systematisch diskriminiert, sie stehen a priori außen vor und werden diesen
       Status nur sehr schwer los. Wir verfolgen diese Geschichte mit Jugendlichen
       und suchen Schauplätze und Geschichten, die die Diskriminierung plastisch
       zeigen, und drehen kurze Filme für eine finale Performance. Das wird so was
       wie ein Roma-Kinderparlament, wo sie das Problem diagnostizieren und dann
       Forderungen stellen an verschiedene Institutionen, zum Beispiel an die
       Schule. Und so laut und klar sagen, was da schiefläuft.
       
       7 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Gastkommentar-Internationaler-Roma-Tag/!5583986
 (DIR) [2] http://www.krass-festival.de/internationaler-roma-tag/
 (DIR) [3] /Bildung-von-Romnja--und-Sintize/!5824075
 (DIR) [4] https://kampnagel.de/produktionen/selma-selman-motherboards
 (DIR) [5] http://www.krass-festival.de/tina-keserovic-branko-simic-roma-city-hamburg-jugendklub/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Robert Matthies
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Festival
 (DIR) Roma
 (DIR) Sinti und Roma
 (DIR) Performance
 (DIR) Theater
 (DIR) Dokumentarfilm
 (DIR) Sinti und Roma
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Zentralrat Deutscher Sinti und Roma
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Dokumentarfilmwoche in Hamburg: Von Privilegien und Rassismus
       
       Bei der 20. Dokumentarfilmwoche stehen die Fallstricke beim Umgang mit
       Kolonialismus und bei der Repräsentation von Sinti*zze und Rom*nja im
       Fokus.
       
 (DIR) Bildung von Rom:nja- und Sinti:ze: Der Helfer von St Pauli
       
       In Hamburg werden Sinti- und Roma-Schüler*innen gezielt gefördert. Zum
       Beispiel durch Bildungsberater Dzoni Sichelschmidt. Ein Schulbesuch.
       
 (DIR) Gastkommentar Internationaler Roma-Tag: „Nicht nur wir Roma“
       
       In Zeiten des Rechtsrucks ist der Internationale Roma-Tag umso wichtiger.
       Für die Freiheit und den Schutz von Roma müssen sich aber alle einsetzen.
       
 (DIR) Neue Muttersprache in der Schule: Auf dem Weg zur Wertschätzung
       
       In Hamburg wird an einer staatlichen Regelschule Romanes angeboten. Während
       sich viele Roma dafür einsetzen, sehen die Sinti diese Bemühungen kritisch.