# taz.de -- Klimapolitik in Deutschland: Wer bricht hier das Gesetz?
       
       > Das Bundeskabinett hat endlich beschlossen, fossile Heizungen auf
       > erneuerbare Energien umzustellen. Der Verkehrsminister verweigert dagegen
       > die Arbeit.
       
 (IMG) Bild: Unter strenger Bewachung beginnt der Protest der Letzten Generation in Berlin
       
       Sie begehen Rechtsbruch mit Ansage. Sie verstopfen die Straßen unserer
       Städte. Sie folgen absurden Ideen über die Dringlichkeit der Klimakrise.
       Sie nerven nur noch. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und
       Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wollten dem Klimaschutzgesetz
       keine Folge leisten. Wissing muss eigentlich ein Sofortprogramm vorlegen,
       aus dem zum Beispiel hervorgeht, wie die vielen Autos auf den
       [1][zugestauten Straßen] weniger werden oder wie öffentliche
       Verkehrsmittel, Fahrräder und Fußgänger:innen einen Boost bekommen.
       
       Mit Verweis auf eine künftige Reform des Klimaschutzgesetzes, für die noch
       nicht einmal ein Entwurf vorliegt, wollte Wissing aber kein Sofortprogramm
       liefern. Ohne Rücksicht auf das geltende Gesetz oder unsere künftigen
       Lebensgrundlagen, dafür aber mit dem Segen des Kanzleramts.
       
       Jetzt hat Wissing doch noch eingelenkt, weil selbst aus Kreisen der
       Regierungsfraktionen Kritik kam. In drei Monaten wird das Sofortprogramm
       fällig. Es solle doch eines geben, heißt es nun, wenn das bisherige
       Klimaschutzgesetz dann noch gelte. Wann dann in Windeseile ein wirksames
       Programm zusammengeschustert werden soll, ist natürlich unklar.
       
       Eine bessere Steilvorlage hätte die Bundesregierung der [2][Letzten
       Generation] nicht liefern können: Die Klimagruppe will nach eigenen Angaben
       ab Donnerstag Berlin mit vielen Straßenblockaden „lahmlegen“. Sie
       rechtfertigt diese Verletzung der Straßenverkehrsordnung, die juristisch
       oft als Nötigung der betroffenen Autofahrer:innen gilt, mit der
       politischen Untätigkeit in der Klimakrise.
       
       ## Gasmangel rettete die Bilanz
       
       Dafür hat die Gruppe selbst aus der Ökoszene schon einiges einstecken
       müssen. Schließlich zieht sie nicht unbedingt die Sympathie der meisten
       Menschen auf sich. Die Eigenbetrachtung der Letzten Generation als
       ehrenvoller „Widerstand“, was einen Unrechtsstaat impliziert, bestärkt die
       Bundesregierung aber natürlich, wenn sie den Bruch des geltenden
       Klimaschutzgesetzes in Aussicht stellt.
       
       Auch bisher läuft es bei dessen Erfüllung schlecht: Ohne das Herunterfahren
       der Industrie wegen der Gasknappheit im vergangenen Jahr hätte Deutschland
       2022 mehr Treibhausgas ausgestoßen als gesetzlich erlaubt. [3][So stimmte
       die Gesamtbilanz]. Das Verkehrswesen und die Gebäudeheizungen waren für
       sich genommen trotzdem gesetzeswidrig klimaschädlich.
       
       Zumindest in letzterem Bereich gibt es Bewegung. Die Bundesregierung hat
       endlich entscheidende Gesetze auf den Weg gebracht, um Energiesparen zur
       Pflicht zu machen und Deutschlands noch hauptsächlich fossile Heizungen auf
       erneuerbare Energien umzustellen. Problematisch ist, dass die Vorhaben im
       Vergleich zu den Erstentwürfen aus dem Bundeswirtschaftsministerium beim
       Gang durch die anderen Ressorts verwässert wurden.
       
       Die Grünen haben zudem politisch schmerzlich dafür bezahlt, die Projekte
       überhaupt umzusetzen. Das Energieeffizienzgesetz beispielsweise wurde ihnen
       schon im Zuge des Machtworts des Kanzlers zum [4][Streckbetrieb der
       Atomkraftwerke] versprochen. Im Ergebnis zum Koalitionsausschuss, mit dem
       die Regierung auch die [5][desaströse Reform des Klimaschutzgesetzes
       anvisiert], steht es wieder. Dennoch: Es geht langsam voran beim
       Klimaschutz in den Gebäuden. Im Verkehrsministerium hingegen herrscht
       Arbeitsverweigerung.
       
       19 Apr 2023
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Schwarz
       
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