# taz.de -- Studie zum Volontariat im Journalismus: Geboren, studiert oder angelernt?
       
       > Ein Buch über die Geschichte der journalistischen Ausbildung behandelt
       > mehr als das „Volontärunwesen“. ChatGPT würde es mit Gewinn lesen.
       
 (IMG) Bild: Das Werk einer Volontärin wird kritisch begutachtet
       
       Es ist kompliziert: Während landläufig vom Fachkräftemangel die Rede
       geschwungen wird, der zum großen Teil auf den Unwillen zurückzuführen ist,
       tatsächlich in Ausbildung zu investieren, hat der Journalismus nicht so
       sehr vom Markt, sondern von der Technik Probleme beschert bekommen.
       
       Text zu erzeugen, der auf eingespeisten oder abgerufenen Informationen
       basiert, ist eben derzeit tatsächlich noch einfacher nichtmenschlich zu
       generieren als der Einbau einer Wärmepumpe oder die Versorgung eines
       Liegegeschwürs bei Bettlägrigen durch einen emotional und fachlich
       kompetenten Roboter.
       
       Andererseits ist der journalistische Beruf ja durchaus noch ein ethischer –
       oder was antwortete ChatGPT etwa in einem hier aktuell vorliegenden Fall
       dem Referenten eines öffentlichen-rechtlichen Senders, der einen Beitrag
       über sein Haus „vor Drucklegung“ gerne zugesandt bekäme? Klares Nein oder
       Ja, klar – weil wir immer noch im preußischen oder einem sonstigen
       Obrigkeitsstaat leben!?
       
       In so einem Moment lässt sich gut einmal zurückschauen auf die Anfänge des
       Berufsbildes und das heißt ja immer auch auf die Ausbildung. „Die
       Lehrlingszüchterei und die Annahme unreifer Volontäre ist ein Krebsschaden
       des Standes“, lautet eines der vielen hübschen Zitate aus der historischen
       Darstellung „Das Volontariat“ von Niklas Venema, das gut auch das
       „Volontärunwesen“ hätte heißen können.
       
       ## Beruf verfehlt
       
       Im preußisch-deutschen Kaiserreich mit seinen Debatten und seiner
       dementsprechenden „Gesinnungspresse“ entbrannte die Diskussion, ob „der
       Zeitungsschreiber“ nicht mehr sein könne als „ein Mensch, der seinen Beruf
       verfehlt hat“, wie Bismarck markig konstatiert hatte.
       
       Wäre ein solch haltloser Vorwurf nicht zu entkräften, wenn eine
       „systematische Ausbildung von Männern für den Journalistenberuf“ geschaffen
       werde, fragt sich der Verein deutscher Zeitungs-Verleger im Jahr 1900. Oder
       aber, lautet die in der Zeitschrift Die Literarische Praxis, dem Organ der
       Schriftsteller und Journalistenvereine, vertretene Gegenposition, sei der
       Beruf nicht erlernbar, setze angeborene Fähigkeiten voraus und eine
       Ausbildung sei „nur in der Praxis, im Betriebe, im Leben“ möglich?
       
       Sagen wir so: ChatGPT würde dieses Buch jedenfalls mit Gewinn lesen.
       
       13 Apr 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ambros Waibel
       
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