# taz.de -- Judenfeindlichkeit in Berlin: Antisemitische Gewalt bleibt hoch
       
       > Die Zahl der judenfeindlichen Vorfälle ist 2022 gesunken. Nicht aber die
       > Zahl der Gewalttaten.
       
 (IMG) Bild: Zwei Vorfälle pro Woche richten sich expilizit gegen Jüd*innen, Israelis und als solche adressierte
       
       BERLIN taz | Auf seinem Fahrrad wartet ein Mann darauf, dass die Ampel grün
       wird, als er von einer Person bedrängt, bedroht und beleidigt wird. Die
       Kippa, die er trägt, entreißt der andere ihm. Angriffe wie dieser im August
       2022 in Mitte sind Teil des antisemitischen Grundrauschens, das Jüd*innen
       immer wieder auf Berlins Straßen erleben. Zwei antisemitische Vorfälle pro
       Tag gab es im vergangenen Jahr in der Bundeshauptstadt.
       
       Für das vergangene Jahr hat die Recherche- und Informationsstelle
       Antisemitismus (RIAS) [1][848 Vorfälle verzeichnet], 20 Prozent weniger als
       im Vorjahr. Unverändert blieb allerdings die Zahl der Gewaltvorfälle. RIAS
       Berlin registrierte 21 antisemitische Angriffe und einen Fall extremer
       Gewalt, bei dem zwei Männer in Spandau gewaltvoll angegriffen wurden. Einer
       der beiden musste im Krankenhaus behandelt werden.
       
       RIAS registrierte antisemitische Vorfälle über alle Bezirke,
       gesellschaftlichen Schichten sowie politischen Orientierungen hinweg. Etwa
       die Hälfte aller Taten ereigneten sich online, vorrangig über soziale
       Medien. Erfasst wurden jene Fälle, die von in Berlin lebenden Personen an
       den lokalen Träger gemeldet wurden.
       
       Im Gegensatz zum [2][Jahr 2021], in dem viele antisemitische Vorfälle einen
       Bezug zur Coronapandemie hatten, war das für 2022 kaum relevant.
       Stattdessen gab es laut RIAS 76 Vorkommnisse in Zusammenhang mit dem
       russischen Angriffskrieg. „Das zeigt die enorme Anpassungsfähigkeit des
       Antisemitismus“, sagt Projektleiter Benjamin Steinitz.
       
       ## Dunkelziffer weiterhin hoch
       
       Die Dunkelziffer der Vorfälle, so vermutet RIAS, liegt wesentlich höher.
       Nach einer [3][europäischen Studie] werden nur 28 Prozent der Fälle in
       Deutschland gemeldet. Steinitz prangerte erneut die Datenlage an. Seit 2021
       darf die Polizei judenfeindliche – ebenso wie rassistische, homo- und
       transphobe – Übergriffe aus Datenschutzgründen nicht mehr an
       Opferberatungsstellen übermitteln.
       
       In einer gemeinsamen Presseerklärung erklären die
       Abgeordnetenhausfraktionen von CDU, SPD, Grünen und Linkspartei, ihre
       Anstrengungen verstärken zu müssen. Bisherige Gespräche für Lösungen zur
       datenschutzrechtlichen Grundlage für die Übermittlung der Fälle durch die
       Strafverfolgungsbehörden möchte der zuständige Sprecher der CDU-Fraktion,
       Alexander Herrmann, fortsetzen.
       
       Antisemitismus werde von der Mehrheitsgesellschaft immer noch relativiert,
       bagatellisiert oder gar negiert, kritisiert Sigmount Königsberg,
       Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde. „Das schützt nur die
       Täter“, sagt er auf der Konferenz.
       
       10 May 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.report-antisemitism.de/documents/Antisemitische-Vorfaelle-Berlin-2022.pdf
 (DIR) [2] /Judenfeindlichkeit-in-Berlin/!5853658
 (DIR) [3] https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra-2013-discrimination-hate-crime-against-jews-eu-member-states_de.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Adefunmi Olanigan
       
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