# taz.de -- Rechtsextremer Verein seit 60 Jahren: Verfassungsschutz wacht auf
       
       > Die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft ist seit 1962 gegen
       > Liberalität und Diversität. Nun hat's auch Hamburgs Verfassungsschutz
       > gemerkt.
       
 (IMG) Bild: War auch schon bei der SWG zu Gast: die verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck
       
       Seit über sechzig Jahren setzt sich die „Staats- und Wirtschaftspolitische
       Gesellschaft“ (SWG) für „konservative Ideale“ und das „christliche
       Abendland“ ein. Auf der Website heißt es: „Wir lassen uns weder vom
       Zeitgeist noch von politischer Korrektheit bestimmen“. In der vergangenen
       Woche erklärte das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg den
       gemeinnützigen Verein um den Vorsitzenden Stephan Ehmke nun zum
       rechtsextremen „Beobachtungsobjekt“.
       
       Was das LfV der SWG vorhält, findet sich seit Jahrzehnten in deren
       Grundpositionen wieder. 1962 hatte Hugo Wellems die SWG gegründet, bei der
       immer wieder Bundeswehroffiziere a. D. mitwirkten. Wellems war einst
       Referent im „Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda“.
       
       Bis heute beklagt die SWG die „alliierte Umerziehung“ und
       „68er-Wertezersetzung“ und warnt vor Liberalität und Diversität. Zu
       Vorträgen luden sie Revisionisten und Rechtsextreme ein, unter anderem die
       [1][Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck]. Dass dort antisemitische
       Formulierungen wie „die Hochfinanz“ verwendet werden, wie das LfV jetzt
       moniert, war bereits 2007 in der taz zu lesen.
       
       Das LfV weist zudem auf die [2][prorussischen Positionen] hin. Die SWG
       bezog ganz offen Stellung. Brigadegeneral a. D. Reinhard Uhle-Wettler, der
       lange der SWG vorstand, beklagte am 29. März 2022, dass Wladimir Putin
       „weltweit als Kriegsverbrecher dargestellt“ werde, „der einen Angriffskrieg
       vom Zaun gebrochen hat“. „Das russische Sicherheitsbedürfnis“ würde aber
       „konsequent verschwiegen“.
       
       ## Mit Putin gegen „westliche Dekadenz“
       
       Auf der SWG-Website fand sich ein Link zu Putins Rede vom 9. Mai– in
       deutscher Übersetzung. Die SWG sieht in dem Ukraine-„Feldzug“ zudem eine
       Abwehr einer „Farbenrevolution“. Der Verein ist von Putins autoritärer
       Führung beeindruckt, inklusive dessen Vorgehen gegen die LGBT-Bewegung, um
       der „westlichen Dekadenz“ entgegenzuwirken.
       
       Im April 2022 wollte die Linken-Bürgerschaftsfraktion via einer Kleinen
       Anfrage zur SWG wissen, ob „antiukrainische, antiliberale und
       kriegsverherrlichende Propaganda als ‚gemeinnützig‘ gefördert“ würde? In
       der Antwort führte der rot-grüne Senat aus, dass sich das LfV
       „grundsätzlich nur zu Beobachtungsobjekten“ und nur im zuständigen
       Ausschuss äußern könne. Zum Zeitpunkt der Anfragen könnte das LfV an der
       Beobachtung gearbeitet haben.
       
       Seit Jahren halten Wissenschaftler*innen den Inlandsgeheimdiensten
       vor, sie seien alles andere als ein Frühwarnsystem. Warnungen der Dienste
       vor rechten Strukturen folgen regelmäßig erst nach Studien und
       Publikationen aus Wissenschaft, Journalismus und Zivilgesellschaft.
       
       Der Verfassungsschutz analysiere viel zu schleppend, schrieb Ronen Steinke
       2021 [3][in der Süddeutschen Zeitung], „an praktisch jeder größeren
       Universität in Deutschland gibt es heute Rechtsextremismus-Forscher, die
       ein umfassenderes, aktuelleres Bild zeichnen können“.
       
       Dass die SWG erst jetzt beobachtet wird, hat seinen Grund: Der
       Verfassungsschutz wollte lange den „Extremismus der Mitte“ und
       intellektuelle Rechtsextreme nicht öffentlich als Gefahr benennen. Dieses
       Versagen ermöglichte mit den Erfolg der AfD.
       
       2 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Haft-fuer-94-jaehrige-Rechtsextremistin/!5902819
 (DIR) [2] /Der-rechtsextreme-Hamburger-Verein-SWG/!5856768
 (DIR) [3] https://www.sueddeutsche.de/meinung/verfassungsschutz-horst-seehofer-thomas-haldenwang-1.5322637
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Der rechte Rand
 (DIR) Verfassungsschutz
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Revisionismus
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Schwerpunkt Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) [tazze]IG
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Hamburg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Einstufung durch Verfassungsschutz: Rechtsextremer Verein in Not
       
       Ein rechtsextremer Hamburger Verein verklagt den Verfassungsschutz. Er
       sorgt sich um seine Gemeinnützigkeit.
       
 (DIR) Verfassungsschutz hielt NS-Akten zurück: Quellenschutz für NS-Schergen
       
       Jahrzehntelang hielt der Verfassungsschutz eine Akte zum flüchtigen
       NS-Verbrecher Alois Brunner unter Verschluss. Der taz liegt sie nun vor.
       
 (DIR) Rechtsextreme Initiative Zusammenrücken: Völkische Siedler unter Beobachtung
       
       Rechtsextreme werben um das gezielte Ansiedeln in „Mitteldeutschland“, um
       völkische Projekte zu bilden. Nun nimmt sie der Verfassungsschutz ins
       Visier.
       
 (DIR) Der rechtsextreme Hamburger Verein SWG: Putins Freunde an der Elbe
       
       Der Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft e.V. ist eine
       Organisation für Rechtsextreme, die Putin und seinen Angriffskrieg
       unterstützen.