# taz.de -- Wutbürger in Bremen: Ein Rauswurf zur Image-Pflege
       
       > Vor der Fusion von Bürgern in Wut und Bündnis Deutschland soll ein
       > Gewählter sein Mandat abgeben. Er soll Hilfe von Rechtsextremen erhalten
       > haben.
       
 (IMG) Bild: Wollen fusionieren: Die zwei Wutbürger (außen) und das Bündnis Deutschland
       
       BREMEN taz | Die neue Bremer Bürgerschaft ist eineinhalb Wochen nach der
       Wahl noch gar nicht konstituiert, schon gibt es den ersten Rauswurf aus
       einer Fraktion. Ex-AfDler Sven Lichtenfeld, der für die Bürger in Wut (BiW)
       in Bremerhaven angetreten war, darf nicht mitmachen, wenn sich [1][seine
       Fraktion unter dem Namen Bündnis Deutschland] (BD) in Rekordgröße in den
       Landtag setzt. Zehn Sitze hat die rechte Partei [2][bei der Wahl]
       abgegriffen, mit fast zehn Prozent der Stimmen. Ein enormer Zuwachs, auch
       ermöglicht durch die Nichtkandidatur der AfD, wegen interner Konflikte.
       
       „Bei einer internen Analyse unseres Wahlkampfes kam heraus, dass Sven
       Lichtenfeld wissentlich Unterstützung von Personen aus dem rechtsextremen
       Milieu erhalten hat, um die Zahl seiner Personenstimmen zu erhöhen“,
       verkündet Jan Timke nun. Er sitzt seit 2008 in der Bürgerschaft, hat die
       BiW mitgegründet. Lichtenfeld habe die Vorwürfe am Wochenende „auf
       Nachfrage eingeräumt“. Timke fordert ihn auf, sein Mandat nicht anzunehmen.
       
       Dass Lichtenfeld solche Unterstützung erhalten hat, dürfte Timke jedoch gar
       nicht so sehr überraschen oder „enttäuschen“, wie er es formuliert: Vor
       gerade mal zwei Jahren hatte die BiW-Fraktion in Bremerhaven um Timke
       Lichtenfeld aufgenommen – nachdem er aus der AfD ausgetreten war. Die Seite
       AfD-Watch Bremen schreibt, dass er „beste Kontakte zu Akteuren der
       Identitären Bewegung“ haben soll.
       
       Seit der Gründung 2004 bemüht sich Timke darum, dass die Wutbürger in der
       Öffentlichkeit nicht als rechtsextrem wahrgenommen werden. Der Trick: Immer
       auf andere Rechtsextreme zeigen. Der Preis, einen Mandatsträger zu
       verlieren, scheint den BiW – gerade auf Fusionskurs mit Bündnis Deutschland
       – nicht zu hoch. Die AfD, aus der neben Lichtenfeld auch der Bremer
       BiW-Spitzenkandidat Piet Leidreiter sowie die Kandidaten Sven Schellenberg
       und Ulf Nummensen kommen, wird dabei schon mal als zu rechts kritisiert.
       
       ## Fusion könnte noch diese Woche passieren
       
       Die Kleinpartei Bündnis Deutschland ist eine junge Partei, die einen
       „politischen Hohlraum“ entdeckt haben will, irgendwo zwischen CDU und AfD.
       So beschreibt es Niklas Stadelmann, Generalsekretär von BD, bei der
       gemeinsamen Pressekonferenz mit BiW nach der Wahl in der vergangenen Woche.
       Die rund 1.000 Mitglieder von Bündnis Deutschland haben inzwischen für eine
       Fusion mit BiW gestimmt. Die Entscheidung der BiW soll noch in der
       laufenden Woche verkündet werden. Stimmen die rund 180 Mitglieder zu, ist
       die Verschmelzung vollzogen.
       
       „Die AfD ist aufgrund ihrer Inhalte unwählbar“, sagte Stadelmann bei der
       Veranstaltung. Timke bezeichnete die AfD als „nicht koalitionsfähig“, ihre
       Wahl forciere zudem „linke Mehrheiten“. Inhaltlich distanzierte er sich
       nicht klar. Das versuchte Leidreiter, der wohl mit Timke um den
       Fraktionsvorsitz buhlen wird: „Ich bin 2015 aus Überzeugungsgründen aus der
       AfD ausgetreten.“
       
       Der Rauswurf Lichtenfelds ist nicht die erste Personalentscheidung der BiW
       rund um die Wahl: Drei Tage vor dem Wahltag hatten die BiW [3][auf einen
       Bericht der taz] reagiert. Auf Listenplatz 18 kandidierte Heiko Werner –
       der Mann aus Bremen-Vegesack mit dem markanten Kinnbart hat eine
       neonazistische Vergangenheit. 2001 tauchte sein Name im Zusammenhang mit
       polizeilichen Ermittlungen gegen die Rechtsrock-Szene in Ostfriesland auf.
       
       2018 nahm Werner an einem Solidaritätsmarsch der gewaltbereiten
       Neonazi-Szene für die inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck in
       Bielefeld teil. Im selben Jahr beteiligte er sich am sogenannten Tag der
       deutschen Zukunft von NPD und militanter Kameradschafts-Szene in Goslar.
       Die BiW verkündeten schnell, dass sie diesen Hintergrund nicht gekannt
       hätten und den Rauswurf anstrebten.
       
       Zu André Minne, auf dem Bremer Listenplatz drei, haben sich die BiW bisher
       nicht verhalten. Auf seine rechtsextremen Verbindungen wies die taz
       ebenfalls hin. Er pflegte bisher eher außerparlamentarisch Kontakte zu
       Gleichgesinnten, die sich in Bremer Initiativen gegen Geflüchtete und Asyl
       engagierten – darunter sind auch Rocker- und Rotlichtgrößen. Mindestens via
       Facebook ist Minne mit Stefan Ahrlich befreundet. Dieser gilt an der Weser
       seit Jahren als eine Größe im Milieu zwischen Hells Angels-Rockern und
       rechtsextremen Standarte-Hooligans.
       
       22 May 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Götz
 (DIR) Andreas Speit
       
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