# taz.de -- Unterkünfte für Geflüchtete: Dresden macht Platz
       
       > Wochenlang diskutierte die sächsische Landeshauptstadt hitzig über neue
       > Container-Unterkünfte für Geflüchtete. Jetzt hat der Stadtrat zugestimmt.
       
 (IMG) Bild: Containerunterkünfte im Dresdener Stadtteil Sporbitz
       
       DRESDEN taz | In Dresden werden bis zum Herbst sechs Container-Unterkünfte
       für jeweils 48 bis 160 Geflüchtete errichtet. Das hat der Dresdner Stadtrat
       am Donnerstagabend nach einer mehrstündigen Beratung entschieden. Es war
       eine der am heftigsten diskutierten Anträge der vergangenen Jahre. Seit
       Wochen sorgten die Pläne für Debatten in der sächsischen Landeshauptstadt.
       
       Die Fraktionen von Linken, Grünen, SPD, FDP und der linken lokalen
       Gruppierung „Dissidenten“ stimmten für die temporären
       Container-Unterkünfte, AfD, CDU und Freie Wähler/Freie Bürger dagegen.
       Hätte der Stadtrat die Container-Unterkünfte abgelehnt, hätten die 2.200
       Asylsuchenden, mit denen die Stadt bis Ende des Jahres rechnet, in
       Turnhallen und der Messe untergebracht werden müssen. Das liegt daran, dass
       Wohnraum in Dresden extrem knapp ist. Schon jetzt wohnen [1][Hunderte
       anerkannte Geflüchtete notgedrungen in städtischen Unterkünften], obwohl
       sie theoretisch Wohnungen anmieten dürfen.
       
       Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hielt zu Beginn der Debatte eine
       emotionale Rede. „Niemand darf vergessen, dass wir hier über Menschen
       reden, die sich auf der Flucht befinden und hier bei uns ankommen“, sagte
       Hilbert. „Ich werde es nicht dulden, wenn diese Familien, Männer und Frauen
       hier im Stadtrat kriminalisiert, pauschal verurteilt, diffamiert oder gar
       beschimpft werden.“
       
       Darüber hinaus betonte der Stadtchef, dass die Unterbringung von
       Geflüchteten eine gesetzliche Pflicht sei, keine „freiwillige Leistung“
       oder „soziale Wohltat“. Dresden habe keine Wahlmöglichkeit – und keinen
       Einfluss darauf, wie viele Geflüchtete konkret kämen. „Jeder Politiker hier
       im Saal oder jeder Einpeitscher dort draußen, der etwas anderes behauptet,
       lügt die Menschen wissentlich an“, sagte Hilbert.
       
       ## Bessere Betreuung und kostenfreies WLAN für Geflüchtete
       
       Mit „Einpeitschern“ meinte er die Anhänger:innen der AfD und
       rechtsextremen Freien Sachsen, die – neben zahlreichen
       Befürworter:innen der Unterkünfte – während der Sitzung vor dem
       Rathaus demonstrierten.
       
       Linke, Grüne, Dissidenten und SPD stimmten dem Antrag des
       Oberbürgermeisters nicht bedingungslos zu, sondern forderten etliche
       Änderungen – darunter kostenfreies WLAN für die Bewohner:innen,
       Unterstützung für Willkommensinitiativen, eine bessere Betreuung
       Geflüchteter durch Sozialarbeit sowie die Förderung des sozialen
       Wohnungsbaus.
       
       „Die kurzfristige Container-Anmietung in einer Ausnahmesituation ist irre
       teuer und in keiner Hinsicht nachhaltig. Wenn wir hingegen jetzt in den
       sozialen Wohnungsbau investieren, legen wir das städtische Geld langfristig
       an“, sagte etwa der Fraktionsvorsitzende der Dresdner Linken, André
       Schollbach.
       
       Agnes Scharnetzky von den Grünen stellte klar, dass die
       Container-Unterkünfte nur ein „Kompromiss angesichts der angespannten
       Situation“ seien. „Aber es ist zumindest gelungen, die dezentrale
       Unterbringung beizubehalten“, sagte Scharnetzky. Der Vorschlag der
       CDU-Fraktion, große Zelte oder Leichtbauhallen statt Wohncontainer zu
       errichten, sei „krachend“ durchgefallen. „Gefreut habe ich mich über das
       breite zivilgesellschaftliche Bündnis, das mit Präsenz vor dem Rathaus und
       im Ratssaal deutlich Haltung gegen die extreme Rechte und
       rechtspopulistische Positionierungen bezogen hat.“
       
       ## Container keine gute Lösung, aber aktuell die beste
       
       Robert Malorny von der FDP ist grundsätzlich zufrieden mit dem Beschluss.
       „Auch wenn sicher nicht alles im Detail perfekt ist, hat die Stadt jetzt
       eine Grundlage, um ihrer wichtigen Aufgabe, Geflüchtete unterzubringen,
       nachzukommen“, sagte er.
       
       Mehrere Migrant:innenorganisationen teilten in einer
       [2][Erklärung] mit, dass die Wohncontainer „keine gute Lösung, aber
       gegenwärtig der beste umsetzbare Vorschlag für eine menschenwürdige
       Unterbringung“ seien.
       
       „Von allen schlechten Lösungen ist die temporäre Unterbringung in
       Container-Unterkünften noch die beste“, sagte Viktor Vincze, Vorsitzender
       des Integrations- und Ausländerbeirats in Dresden. „Wichtig ist, dass
       humanitäre Standards eingehalten werden und diese Art der Unterbringung und
       die Zeit, die Menschen dort wohnen müssen, auf maximal zwei Jahre begrenzt
       ist.“
       
       ## Wochenlange Diskussion um die Container-Unterkünfte
       
       Die geplante Unterbringung von Asylsuchenden in Wohncontainern sorgte in
       der Landeshauptstadt seit Wochen für heftige Diskussionen. Im März hatte
       die Stadtspitze bekannt gegeben, mangels Wohnungen neun
       Container-Unterkünfte für die Unterbringung von Geflüchteten errichten zu
       wollen. Darin sollten gut 800 Asylsuchende Platz finden.
       
       Anfang Mai teilte Oberbürgermeister Hilbert jedoch mit, drei der neun
       vorgeschlagenen Unterkünfte zu streichen. Grund dafür waren Probleme mit
       den Grundstücken sowie Widerstand von Bürger:innen. Der Oberbürgermeister
       erhielt zahlreiche Briefe und Petitionen gegen den Bau der
       Geflüchtetenunterkünfte.
       
       AfD und Freie Wähler/Freie Bürger hatten sich im Vorfeld der entscheidenden
       Stadtratssitzung gegen die Pläne der Stadtspitze positioniert, ebenso die
       Dresdner CDU. Die Unterbringung in Containern sei „sehr teuer“ und „wenig
       nachhaltig“, teilte die CDU-Fraktionsvorsitzende Heike Ahnert am Donnerstag
       in einer [3][Stellungnahme] mit.
       
       ## Dresdner CDU schürte Ängste
       
       Großzelte und Leichtbauhallen hingegen seien „deutlich kostengünstiger“ und
       könnten auch für „zukünftige Evakuierungsszenarien“ eingesetzt werden.
       Darauf, dass die Unterbringung [4][in großen Zelten deutlich
       menschenunwürdiger wäre] als in Wohncontainern, ging Ahnert in ihrem
       Positionspapier nicht ein.
       
       Stattdessen schürte sie Ängste und bediente rechte Ressentiments: Die
       Landeshauptstadt müsse dem „Schutz- und Sicherheitsbedürfnis der hier
       lebenden Menschen gerecht werden“ und „der spürbaren Zunahme von
       Gewaltdelikten in diesem Zusammenhang“ entgegenwirken, etwa durch
       verstärkte Integrationsarbeit oder Präsenz von Sicherheitsdiensten.
       
       Oberbürgermeister Hilbert war sichtbar erleichtert, als die Mehrheit der
       Stadträt:innen für seinen Vorschlag stimmte. Er wies aber auch darauf
       hin, dass die Kapazitäten trotz der beschlossenen sechs
       Container-Unterkünfte nicht ausreichen würden. „Wir werden weitere
       Vorschläge zur Unterbringung von Asylsuchenden unterbreiten müssen“, sagte
       er.
       
       12 May 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rassistische-Proteste-sind-verklungen/!5931304
 (DIR) [2] https://dsm-sachsen.de/wp-content/uploads/2023/05/Neu_Gemeinsame_PM_Unterbringung_MRE_DD_08052023.pdf
 (DIR) [3] https://www.dresden-cdu.de/aktuelles/2023/ahnert-dresden-muss-nicht-primus-sein-sondern-seine-pflicht-erfuellen
 (DIR) [4] /Gefluechtete-im-Landkreis-Bautzen/!5919311
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rieke Wiemann
       
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