# taz.de -- Verkehrs-Streit in Hamburgs SPD: Straßenbahn verbal begraben
       
       > Hamburgs SPD modelt Juso-Antrag für die Stadtbahn so um, dass das Wort
       > fehlt. Aber als Ersatz für überlastete Buslinien bietet sie sich dennoch
       > an.
       
 (IMG) Bild: War bis 1978 Teil des Hamburger Straßenbilds: Tram, hier als Modell im Museum der Hochbahn
       
       HAMBURG taz | Es versprach, spannend zu werden. Auf dem Parteitag der
       Hamburger SPD am Samstag hatten die Jusos einen Antrag pro [1][Straßenbahn]
       eingereicht. Eine Renaissance des Verkehrsmittels fordert aber auch der
       Distrikt Neugraben-Fischbek, allerdings [2][speziell für das südliche der
       Elbe gelegene Harburg]. Am Ende stimmten die Delegierten nach kurzer
       Debatte für einen Kompromiss, in dem das „böse S-Wort“, wie ein Redner
       scherzte, nicht vorkommt.
       
       [3][Anträge] können SPD-Mitglieder stellen, wie sie wollen. Abgestimmt wird
       dann in der Regel aber nur über das, was zuvor eine „Antragskommission“
       gesichtet hat. So kam es nun im Bürgerhaus Wilhelmsburg nicht zum offenen
       Streit – hatte doch SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher die Tram als
       „[4][altmodisches Stahlungetüm“] verdammt.
       
       Es ist auf ein Machtwort des früheren Bürgermeister Olaf Scholz
       zurückzuführen, dass Hamburgs SPD die Straßenbahn – die es dort bis 1978
       gab – ablehnt und auf unterirdischen U-Bahn-Bau setzt. „Dieser Kurswechsel
       hat sich schon nach wenigen Jahren als Fehler erwiesen“, schrieben die
       Jusos [5][nun in ihrem Antrag].
       
       ## Verstoß gegen den eigenen Koalitionsvertrag?
       
       Denn der Verzicht auf die Tram gefährde das im Koalitionsvertrag
       festgelegte Ziel, bis 2030 den Anteil des umweltfreundlichen Verkehrs auf
       80 Prozent zu steigern. Für neue U- und S-Bahnen sei zwar Diverses „in
       Planung“, doch fertig würden bis 2030 nur ein paar Stationen. Da sei eine
       Straßenbahn sinnvoll. Und weil die Straßen ohnehin instand gehalten werden
       müssten, wären die Kosten „gering“.
       
       In dem Antrag, der schließlich zur Abstimmung kam, fehlt die deutliche
       Kritik an der Mutterpartei – und das Wort „Straßenbahn“. Stattdessen
       bekennt der Parteitag sich nun noch einmal zu den U- und-S-Bahn-Projekten
       wie den milliardenteuren [6][Bau der U5]. Weiter heißt es, man werde
       „prüfen“, auf welchen Linien heutige Bus-Angebote „absehbar nicht mehr
       ausreichen“ und mit welchem Verkehrsmittel dort „größere Passagiermengen
       komfortabel befördert werden können“. Diese Strecken werde man „frühzeitig“
       in der Verkehrsplanung berücksichtigen, besonders die
       „Tangentialverbindungen“: So heißen Linien, die äußere Stadtteile ohne
       Umweg übers Zentrum miteinander verbinden.
       
       Es gebe absehbar Strecken, wo Busse nicht reichen, sagte Finn Nussbaum, der
       den Kompromiss vorstellte. „Wir Jusos können uns dabei die Stadtbahn
       vorstellen, wissen aber auch, dass das hier nicht unbedingt geteilt wird.“
       Man sei offen für andere Vorschläge.
       
       ## Linksfraktion erkennt eine Tram-“Phobie“
       
       Heike Sudmann von der oppositionellen Linksfraktion weist darauf hin, dass
       die nun als Kompromiss gefundene Formulierung beinahe genauso [7][im
       Rot-Grünen-Koalitionsvertrag] von 2020 steht, der noch 18 Monate lang
       gültig ist; dort fehle einzig das Wörtchen „frühzeitig“. Nehme die SPD die
       Vereinbarung ernst, so Sudmann, müssten die entsprechenden Prüfungen
       umgehend stattfinden. Jedoch habe Hamburgs SPD eine unerklärliche „Phobie“
       vor der Tram.
       
       Dieter Doege [8][von „Pro Stadtbahn Hamburg“] sagt, die Jusos hätten zwar
       das zentrale Wort Straßenbahn „verloren“, ihr wichtiger Antrag sei aber mit
       großer Mehrheit durchgegangen. „Die SPD wird schnell lernen müssen, dass es
       kein Verkehrsmittel zwischen U-Bahn und Bus außer der Straßenbahn gibt.“
       Die koste in Bau und Betrieb nur fünf bis zehn Prozent im Vergleich mit der
       U-Bahn – und ersetze „locker zwei bis drei Busse mitsamt ihren teuren,
       schweren und begrenzt haltbaren Batterien“.
       
       5 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Studienautor-ueber-Hamburger-Nahverkehr/!5876752
 (DIR) [2] https://beschlossen.spd-hamburg.de/app/uploads/pdf/2023_I/Verk/2023IVerk7-Strassenbahnen-in-Harburg.pdf
 (DIR) [3] https://beschlossen.spd-hamburg.de/veranstaltungen/2023-i-landesparteitag-3-juni-2023/
 (DIR) [4] /Debatte-um-Hamburgs-Verkehrspolitik/!5852664
 (DIR) [5] https://beschlossen.spd-hamburg.de/app/uploads/pdf/2023_I/Verk/2023IVerk3-Leistungsfaehige-Tangentialverbindungen-3.pdf
 (DIR) [6] https://www.hamburg.de/u5/
 (DIR) [7] https://www.gruene-hamburg.de/wp-content/uploads/2020/06/Koalitionsvertrag-SPD-Gr%C3%BCne-2020.pdf
 (DIR) [8] /Hamburger-Debatte-um-Nahverkehr/!5858347
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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