# taz.de -- Studie zur Klimanützlichkeit von Pilzen: Wenn Pilze CO2 speichern
       
       > Über 13 Gigatonnen Kohlenstoffdioxid übertragen Pflanzen jedes Jahr auf
       > Pilze. Ein unterirdisches mizellares Netzwerk dient als riesiger
       > CO2-Speicher.
       
 (IMG) Bild: Die Puppen-Kernkeule (Cordyceps militaris) ist ein Schlauchpilz
       
       Die Zombie-Apokalypse in der Fernsehserie „The Last of Us“ entfaltet sich
       unkonventionell: Die Ursache für die weit verbreitete tödliche Infektion
       ist diesmal nicht ein aus dem Labor ausgetretenes Virus, sondern ein
       mutierter [1][Cordyceps-Pilz].
       
       Das ist gar nicht so weit von der Realität entfernt. Cordyceps kann in der
       Tat Organismen „zombifizieren“ – die unglücklichen Opfer dieses parasitären
       Pilzes sind hauptsächlich Insekten. Wenn Cordyceps das Insekt infiziert,
       ersetzt das Myzel langsam das Wirtsgewebe und übernimmt die Kontrolle über
       den Organismus, bis seine endgültige Zersetzung zur Verbreitung des Pilzes
       genutzt wird.
       
       Mit den Menschen ist der Pilz jedoch gnädiger: Cordyceps ist einer der
       Bestandteile traditioneller chinesischer Medizin und wird heute auch wegen
       seiner zahlreichen gesundheitlichen Vorteile angewendet. Noch bekannter als
       der Heileffekt von Cordyceps ist die Symbiose zwischen Pflanzen und
       Mykorrhiza-Pilzen: Während das unterirdische mizellare Netzwerk im Boden
       nach Phosphor, Stickstoff, Schwefel und Spurenelementen sucht und diese an
       die Wurzeln liefern kann, stellt die Pflanze Kohlenhydrate aus der
       Photosynthese bereit, speichert also Kohlenstoff.
       
       Eine Studie wirft nun die Frage auf, ob der Nutzen von Pilzen in der
       Kohlestoffspeicherung noch viel weitreichender sein könnte, als bislang
       angenommen.
       
       ## Die Studie
       
       Das Forschungsteam führte eine Metastudie durch, um das Ausmaß der
       Kohlenstoffspeicherung durch Pilze auf globaler Ebene zu ermitteln. Die in
       der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlichten [2][Ergebnisse]
       enthüllen eine bemerkenswerte Entdeckung: Jährlich werden etwa 13,12
       Gigatonnen CO2 von Pflanzen auf Pilze übertragen.
       
       Das bedeutet, dass der Boden unter unseren Füßen als immenser
       Kohlenstoffspeicher dient und damit die effektivste Einheit zur Abscheidung
       und Speicherung von Kohlenstoff darstellt. Die Böden weltweit enthalten
       etwa 1.500 Gigatonnen Kohlenstoff, was den Kohlenstoff in der Atmosphäre
       und der Pflanzenbiomasse zusammengenommen übertrifft. Folglich sind
       schätzungsweise 75 Prozent des Kohlenstoffs der Erde unter der Erde
       gespeichert.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Kein Wunder also, dass die Befürworter:innen natürlicher Lösungen für
       die Kohlenstoffbindung ihre Hoffnungen auf den Boden setzen. Dieser ist
       jedoch von einer zunehmenden Zerstörung bedroht, die vor allem von der
       industriellen Landwirtschaft ausgeht. Die Vereinten Nationen warnen, dass
       beim derzeitigen Tempo bis zur Mitte des Jahrhunderts 90 Prozent der Böden
       verschlechtert sein könnten.
       
       [3][Unsere heutige, nicht nachhaltige Landwirtschaft] beraubt uns der
       vielleicht vielversprechendsten Chance, den Klimawandel einzudämmen. Denn
       der Schutz des Bodens – und der Mykorrhiza-Strukturen darin – ist eine
       Win-win-Lösung, die für die Schaffung einer nachhaltigen
       Nahrungsmittelproduktion und die Stabilisierung des Klimas notwendig ist.
       
       18 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Veganer-Kaese-auf-Cashewbasis/!5651715
 (DIR) [2] https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(23)00167-7?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS0960982223001677%3Fshowall%3Dtrue
 (DIR) [3] /Fruchtbarkeit-in-Boeden/!5933913
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Vrba
       
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