# taz.de -- Klage gegen Julian Reichelts Medienfirma: Vor Gericht gegen Transfeindlichkeit
       
       > Die Journalistin Janka Kluge klagt gegen Julian Reichelts
       > Medienunternehmen, das sie wiederholt fälschlicherweise als „Mann“
       > bezeichnet hat.
       
 (IMG) Bild: Janka Kluge
       
       Das Landgericht Frankfurt entscheidet am Donnerstag, ob der von Julian
       Reichelt geführte Pleiteticker die trans Journalistin und Aktivistin Janka
       Kluge „Mann“ nennen darf. Im Pleiteticker bezeichnete Judith Sevinç Basad
       Kluge als Mann. Dagegen geht sie gerichtlich vor: „Für mich ist es die
       schlimmste Beleidigung“, sagt sie im Telefonat mit der taz. Ihr Anwalt
       Jaspar Prigge wies laut eigener Aussage vor Gericht auch auf die „negativen
       Auswirkungen von Misgendern auf Betroffene“ hin und verweist auf einen
       „Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht“.
       
       Kluges Anwalt hatte eine Abmahnung an den Verlag geschickt. Der Verlag
       akzeptierte die Abmahnung nicht und Kluge zog vors Landgericht Frankfurt.
       Im März dieses Jahres hatte die Pressekammer des Landgerichts Frankfurt
       schon eine einstweilige Verfügung gegen Rome Medien erlassen, Janka Kluge
       darf nicht als „Mann“ bezeichnet werden. Laut Kluges Anwalt Jasper Prigge
       war dies die erste einstweilige Verfügung, die nach dem Misgendern einer
       trans Frau in der Presse erwirkt wurde.
       
       Seit seiner Kündigung als Chefredakteur von Bild versucht Reichelt über
       Rome Medien Einfluss zu nehmen. Dazu gehören die Blogs Pleiteticker und
       [1][das Youtube-Format „Achtung, Reichelt“], in dem Reichelt erklärt, wie
       die Grünen angeblich den Kommunismus nach Deutschland bringen würden, wie
       staatstreu die Öffentlich-Rechtlichen seien und wie „Klimakleber“ Methoden
       der Mao-Diktatur nutzen würden.
       
       Was der Pleiteticker mache, da ist sie sich sicher: „Das Ganze ist eine
       Kampagne.“ Um den ersten Gerichtsprozess herum wurden [2][verschiedene
       rechte Medien auf die trans Frau aufmerksam]. „Das ist hochgegangen“, sagt
       Kluge der taz. „Es geht nur darum, mich zu diffamieren. Sie sehen gar
       keinen anderen Sinn.“ In einem anderen Verfahren geht Kluge deshalb gegen
       einen AUF1-Mitarbeiter vor. AUF1 ist ein österreichischer TV-Sender für
       Verschwörungsgläubige. Einen Gerichtstermin hierzu gibt es noch nicht.
       
       Kluge ist sich sicher, dass bei Rome Medien auch deshalb über sie
       geschrieben wird, weil sie sich für das Selbstbestimmungsgesetz einsetzt:
       „Diese Missachtung, die trans Menschen gegenübergebracht wird, rührt daher,
       dass ich mich für das Gesetz einsetze“, sagt Kluge. Bislang gilt das
       sogenannte Transsexuellengesetz, das für die 63-Jährige zwar
       „lebensrettend“ gewesen sei, doch bis heute brauchen trans Menschen dafür
       noch zwei psychologische Gutachten und ein Gerichtsurteil. Dabei müssen sie
       teils intimste Fragen beantworten.
       
       Das [3][Selbstbestimmungsgesetz soll das ändern] und dafür sorgen, dass
       trans Menschen selbst ihren Geschlechtseintrag beim Standesamt ändern
       können. Einen ersten Entwurf für das Gesetz hat die Bundesregierung im Mai
       vorgestellt. Rechte Medien, Politiker_innen und Aktivist_innen setzen sich
       gegen das Gesetz ein, angeblich, um Frauen zu schützen – sodass teils auch
       konservative Politiker_innen wie Markus Söder (CSU) [4][Falschinformationen
       über das geplante Gesetz verbreiten]. Dabei sagt Kluge: „Ich bin eine der
       wenigen, die bereit ist, zu diskutieren über das Selbstbestimmungsgesetz.“
       
       Mit welcher Begründung hat Rome Medien beim Landgericht Frankfurt
       Widerspruch eingelegt? Und will der Verlag im Zweifelsfall vors
       Oberlandesgericht ziehen? Auf eine Anfrage der taz reagierte Rome Medien
       nicht. In einem Video äußerte sich Julian Reichelt aber bereits im März:
       „Meine Kollegin Judith Basad hat es gewagt, den unbestreitbaren
       biologischen Fakt zu benennen, dass Janka Kluge ein biologischer Mann ist.“
       
       Kluge dagegen sagt: „Ich bin biologisch ein Mann. Aber ich bin kein Mann.
       Wenn davor geschrieben wird, dass ich eine trans Frau bin, dann ist dem
       Medium die Geschlechtsmigration natürlich klar.“ Bevor Basad sie in
       besagtem Artikel des Pleiteticker als „Mann“ bezeichnete, schrieb sie
       nämlich zunächst von Kluge als „Transfrau“, weiterhin als „biologischen
       Mann“ und zum Ende hin nur noch als „Mann“.
       
       Was die Verhandlung am Donnerstag angeht, zeigt sich Kluges Anwalt Prigge
       selbstsicher: „Die Gegenseite hat bislang keine neuen Argumente angeführt,
       sodass ich optimistisch bin. Da es sich um ein Grundsatzverfahren handelt,
       müssen wir aber davon ausgehen, dass sich auch das Oberlandesgericht mit
       dem Fall befassen muss.“ Das wäre mit einem Berufungsverfahren möglich.
       
       Stand 15. Juni: Das Landgericht untersagt Rome Medien weiterhin, Janka
       Kluge als „Mann“ zu bezeichnen. Das Landesgericht Frankfurt wird
       voraussichtlich am 6. Juli dazu entscheiden. Rome Medien hat laut Kluge
       selbst noch vor Ort angekündigt, in Berufung zu gehen.
       
       14 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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