# taz.de -- Regierungsbildung in Finnland: Orpos Rechtskoalition steht
       
       > Nach der Abwahl von Sanna Marin steht in Finnland nach zähen
       > Verhandlungen eine Vierer-Koalition. Auch die rechten Wahren Finnen sind
       > dabei.
       
 (IMG) Bild: Der wohl künftige Premier Petteri Orpo (2.v.l.) mit den Vorsitzenden seiner Koalitionsparteien
       
       STOCKHOLM taz | „Das wird keine glückliche Ehe, sondern eher eine
       Zwangsheirat, die der Lage geschuldet ist, in der wir uns befinden.“
       Begeisterung klingt anders als diese Einschätzung von Anna-Maja Henriksson,
       der Vorsitzenden der liberalen Schwedischen Volkspartei. Aber immerhin hat
       sich ihre Partei jetzt mit der konservativen Sammlungspartei, den Wahren
       Finnen und den Christdemokraten geeinigt. Das Programm für Finnlands neue
       Viererkoalition steht, konnte Petteri Orpo am Donnerstagabend in Helsinki
       mitteilen.
       
       Dass Orpo wahrscheinlich Regierungschef werden würde, stand praktisch schon
       fest, [1][als am Wahlabend des 2. April die Stimmen ausgezählt waren]. Als
       Vorsitzender der Wahlsiegerin, seiner Sammlungspartei, blieb ihm allerdings
       die Alternative, statt mit den zweitplazierten Wahren Finnen lieber mit den
       drittplatzierten Sozialdemokraten eine Regierung zu bilden. Er entschied
       sich für die Rechtspopulisten.
       
       Für eine parlamentarische Mehrheit brauchte er aber zusätzlich die Stimmen
       von zwei Vier-Prozent-Parteien, der Schwedischen Volkspartei und den
       Christdemokraten.
       
       Bei den nun zu Ende gegangenen Verhandlungen wurden sich die drei Parteien
       aus dem rechten Parteienspektrum in den meisten Fragen schnell einig.
       Differenzen gab es mehrfach mit der liberalen Volkspartei, die vor allem
       die schwedische Minderheit im Lande repräsentiert. Zwischen Henrikssons
       Partei und den Wahren Finnen hakte es vor allem in der Migrations- und der
       Klimapolitik. Wiederholt drohten die Verhandlungen zu scheitern.
       
       ## Neue Alkohol-Regeln
       
       Bei der Volkspartei gab es von vornherein starke Skepsis gegenüber einer
       Beteiligung an einer Regierung mit den Wahren Finnen. In der vergangenen
       Legislaturperiode war die Volkspartei noch Teil der „Frauenregierung“ unter
       der [2][sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Sanna Marin] gewesen.
       Jetzt wechselt sie von einer Koalition, die bis zum Links-Außen-Flügel der
       finnischen Parteienlandschaft gereicht hatte, zu einer, die bis zum äußeren
       rechten Flügel reicht.
       
       Das Regierungsprogramm ist noch nicht veröffentlicht worden, es soll erst
       noch redigiert werden. Schwerpunkte wurden aber bekannt. So haben sich die
       Wahren Finnen mit einer Verschärfung der Migrationspolitik ebenso
       durchgesetzt wie mit einer Aufweichung der Klimapolitik: Die soll
       Privathaushalte und Firmen finanziell weniger belasten als bislang geplant,
       beispielsweise soll der Benzinpreis sinken.
       
       Außerdem soll trotz der Tatsache, dass Amnesty International gerade diese
       Woche die stetigen Qualitätsverschlechterungen im Gesundheitssektor
       kritisiert hat, das Sozialbudget gekürzt werden. Und es gibt eine Änderung,
       die den Alltag der FinnInnen direkt betrifft: Die Alkoholpolitik soll
       weiter dereguliert werden. Statt nur in den staatlichen „Alko“-Monopolläden
       sollen Getränke mit einem Alkoholgehalt bis zu 8 Prozent in Zukunft auch in
       Lebensmittelgeschäften verkauft werden dürfen. Bislang lag die Obergrenze
       bei 5,5 Prozent.
       
       Wie geht es weiter? Über das Regierungsprogramm und die personelle
       Zusammensetzung des Kabinetts sollen nun die vier Parteien und deren
       Fraktionen beraten und ein Votum abgeben. Fällt das – wie erwartet –
       positiv aus, soll voraussichtlich Ende Juni im Reichstag über den neuen
       Regierungschef und die künftige Regierung abgestimmt werden. Orpos
       Koalition könnte auf 109 der 200 Parlamentsmandate zählen.
       
       Und was halten die anderen „Ehepartner“ von Henrikssons Sorge, dass dies
       keine glückliche Regierungsehe wird? Petteri Orpo ist natürlich wenig
       geschmeichelt: „Ich hoffe, es gibt in Zukunft positivere Kommentare. Wenn
       es schon keine Liebesehe wird, dann vielleicht eine Vernunftehe.“ Es sei ja
       die „gemeinsame Pflicht“ der vier Parteien, „Finnland in Ordnung zu
       bringen“. Und die Wahre Finnen-Vorsitzende Riikka Purra kann mit dem
       Ehevergleich gar nichts anfangen: „Liebe und Ehe suche ich woanders.“
       
       16 Jun 2023
       
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