# taz.de -- Alternative zu Streichung von Elterngeld: Splitting sorgt für Spannung
       
       > Im Streit um die Kindergrundsicherung bringt der SPD-Vorsitzende Lars
       > Klingbeil einen neuen Deal ins Spiel. Er will das Ehegattensplitting
       > abschaffen.
       
 (IMG) Bild: Wie unromantisch, die Idee von Lars Klingbeil: Er will das Ehegattensplitting abschaffen
       
       BERLIN taz | Die Diskussion innerhalb der Ampelkoalition über die
       Finanzierung der Kindergrundsicherung geht in die nächste Runde. Anfang
       vergangener Woche hatte die Ankündigung von Familienministerin Lisa Paus
       (Grüne), die Verdienstobergrenze für Paare beim Elterngeld von 300.000 Euro
       auf 150.000 Euro zu senken, hohe Wellen geschlagen. Eine
       Unterschriftensammlung auf change.org gegen die geplante Streichung für
       Sehr-gut-Verdiener:innen kommt bereits auf über eine halbe Million
       Unterstützer:innen – Deutschland verbrachte die letzten Tage damit zu
       klären, wer in diesem Land eigentlich reich ist.
       
       Doch die SPD will das Elterngeld möglicherweise doch wie ursprünglich
       erhalten. Der Parteivorsitzende Lars Klingbeil brachte gegenüber dem
       RedaktionsNetzwerk Deutschland einen neuen Deal ins Spiel: „Wir schaffen
       endlich das Ehegattensplitting ab.“ Bei dem Splittingtarif handle es sich
       um ein „antiquitiertes Steuermodell“. Im Gegenzug dazu solle das Elterngeld
       bleiben. Dies sei keine Sozialleistung, es solle eher Männer dazu bringen,
       mehr in ihre Aufgabe in der Familie zu investieren. Sonst sei es „wohl
       wieder die Frau, die zu Hause bleibt, weil der Mann häufig mehr Geld
       bekommt“.
       
       Das Ehegattensplitting ist eine Steuerform, bei der die
       Ehepartner:innen nicht einzeln ihr Einkommen versteuern. Bei dieser
       Variante wird das gemeinsame Einkommen durch zwei geteilt, die
       Einkommensteuer dafür errechnet und anschließend verdoppelt. Einen Vorteil
       haben vor allem Ehepaare, bei denen ein:e Partner:in deutlich mehr Geld
       verdient. Gerade in konservativen Kreisen ist das Gesetz beliebt, da es
       einen angeblich besonderen Wert der Ehe hervorhebt.
       
       [1][Kritiker:innen bemängeln, dass unverheiratete Paare es nicht
       anwenden können und es die Gleichstellung zwischen Mann und Frau
       behindert.] Den Staat kostet das Ehegattensplitting laut Bundeszentrale für
       politische Bildung von 2020 jährlich 20 Milliarden Euro. Von der OECD und
       der EU-Kommission wurde Deutschland öfter für das Ehegattensplitting
       kritisiert – mit dem Argument, dass es Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalte.
       
       ## Debatte bei den Koalitionspartnerinnen FDP und Grüne
       
       Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft, begrüßte auf
       Twitter Klingbeils Vorstoß. Man müsse zwar „schauen, was Abschaffung genau
       heißt“, der Vorschlag gehe aber in die richtige Richtung. Für die Koalition
       sieht es so aus, als drohen neue Streitpunkte. Gerade innerhalb der FDP ist
       man für eine Beibehaltung des Ehegattensplittings.
       
       Der Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand sieht eine Abschaffung als
       „Steuererhöhung gerade für Familien“ und als „Fortsetzung der
       Belastungspolitik von Bundesfamilienministerin Paus“. Zudem zweifelt er an
       einem Einfluss des Splittingtarifs auf Ungleichstellung. Die
       partnerschaftliche Entscheidung über Arbeitsmodelle sei „Ergebnis freier
       und eigenverantwortlicher Lebensplanung“.
       
       Anders sieht das die Bundestagsabgeordnete Katharina Beck, finanzpolitische
       Sprecherin der Grünen. Sie begrüßt hinsichtlich der Gleichstellungspolitik
       eine mögliche Reform des Ehegattensplittings. „Lindners und Scholz’
       Sparkurs“ erzwinge aber [2][„Kürzungen, die offensichtlich niemand will“.]
       Zuspruch bekam die SPD von der oppositionellen Linken und dem Deutschen
       Gewerkschaftsbund.
       
       Eine Abschaffung des Ehegattensplittings „wäre eine gigantische
       Mehrbelastung für die Mitte der Gesellschaft“, hieß es aus dem
       Finanzministerium. Dies würde Familien und Paare mit rund 25 Milliarden
       Euro zusätzlich belasten. „Eine Steuererhöhung, die durch den
       Koalitionsvertrag der Ampelparteien klar ausgeschlossen ist.“
       
       10 Jul 2023
       
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