# taz.de -- Rechtsextremismus an Schulen: Noch mehr Hitlergrüße im Unterricht
       
       > In Brandenburg werden immer mehr rechtsextreme Vorfälle an Schulen
       > dokumentiert. Das Ministerium appelliert an Lehrkräfte, Probleme zu
       > melden.
       
 (IMG) Bild: Keine Selbstverständlichkeit an Schulen: Toleranz gegenüber anderen
       
       BERLIN taz | In Brandenburg ist die Zahl rechtsextremer Vorfälle an Schulen
       in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Laut Zahlen aus dem
       Bildungsministerium in Potsdam, von denen die Welt am Sonntag berichtet,
       kam es allein im Mai zu 34 rechtsextremen Vorfällen. Demnach zeigten
       Schüler:innen in 14 Fällen den Hitlergruß, oft im Unterricht oder auf
       dem Pausenhof.
       
       Zum Vergleich: Zwischen Januar und Ende April hatte das Bildungsministerium
       sechs Vorfälle verzeichnet. Im laufenden Schuljahr sind es bis Anfang Juni
       insgesamt nun fast 100 Fälle von Rechtsextremismus an Schulen – rund 40
       mehr als im Schuljahr zuvor.
       
       Der dramatische Anstieg dürfte auf die Debatte über den Umgang der Schulen
       mit dem Thema zurückzuführen sein. Ausgelöst wurde sie Ende April [1][durch
       einen offenen Brief zweier Lehrkräfte] der Grund- und Oberschule Burg in
       Südbrandenburg. Vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass sie [2][nach
       rechtsextremen Anfeindungen] jetzt die Schule verlassen. Die Ankündigung
       hat bundesweit Bestürzen ausgelöst.
       
       Am Sonntag äußerte sich auch Bundesbildungsministerin Bettina
       Stark-Watzinger (FDP) zu den Vorgängen in Burg und nannte sie ein
       „Alarmzeichen“. Freiheit, Demokratie, Toleranz und Pluralität seien
       „zentrale Werte unserer Gesellschaft, auch an Schulen“. Diese gelte es,
       „überall und jeden Tag zu leben – und, wo es notwendig ist, zu
       verteidigen“.
       
       ## Alarmierende Jugendstudie
       
       Die steigenden Zahlen rechtsextremer Vorfälle an Schulen bestätigen die
       besorgniserregenden Befunde der Studie „Jugend in Brandenburg 2022/2023“,
       die das Bildungsministerium Ende Juni in Cottbus vorgestellt hatte. Demnach
       sind fast die Hälfte der Schüler:innen in Brandenburg der Ansicht, dass
       „Schluss mit dem Gerede über unsere Schuld gegenüber den Juden“ sein solle.
       Fast jede:r Vierte ist der Meinung, der Nationalsozialismus habe „auch
       seine guten Seiten gehabt“ und die Deutschen seien „anderen Völkern
       überlegen“.
       
       Wie das Ministerium selbst betont, seien „ausländerfeindliche
       Einstellungen“ bei den Jugendlichen noch „deutlich verbreiteter“ als
       rechtsextreme Einstellungen. Für die Studie sind mehr als 3.000
       Schüler:innen befragt worden.
       
       Trotz dieser Ergebnisse liest die Kinder- und Jugendbeauftragte des Landes
       Brandenburg, Katrin Krumrey, „durchaus Erfolge“ in der Jugendstudie.
       Brandenburg habe in den letzten Jahren „schon einiges getan, um dem
       gesamtgesellschaftlichen Problem Ausländerfeindlichkeit und
       Rechtsextremismus entgegenzutreten“. Das Land habe sich einen 5-Punkte-Plan
       für politische Bildung auferlegt.
       
       Auf diesen Plan verwies auch Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) zu
       seinem Amtsantritt Anfang Mai. Den beiden angefeindeten Lehrkräften hatte
       Freiberg Unterstützung zugesagt. Vergangene Woche appellierte Freiberg
       erneut an die Lehrkräfte des Landes, rechtsextreme Vorfälle zu melden –
       notfalls direkt ins Ministerium, „wenn die Meldewege in der Schule nicht
       funktionieren“.
       
       ## KMK sieht keinen Handlungsbedarf
       
       In der Vergangenheit hatte sich gezeigt, dass Schulen rechtsextreme
       Vorfälle nicht immer melden. Selbst aus den Ministerien ist dazu zu hören,
       dass Schulen bei solchen Meldungen „viel Ermessungsspielraum“ hätten. Hinzu
       kommt, dass Schulen nicht in allen Bundesländern rechtsextreme Vorfälle
       verbindlich melden müssen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hatte zuletzt
       auf Nachfrage mitgeteilt, dass sie beim Thema keinen Handlungsbedarf sehe.
       
       Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sieht das offenbar anders. Am
       Sonntag sagte er: „Rechtsextremismusvorfälle an Schulen sollten bundesweit
       einheitlich erfasst werden.“ Der Antisemitismusbeauftragte der
       Bundesregierung, Felix Klein, hält dies auch bei antisemitischen Vorfälle
       an Schulen für nötig.
       
       16 Jul 2023
       
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 (DIR) Ralf Pauli
       
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