# taz.de -- Rückzug der Links-Fraktionschefin Ali: Wie eine kaputte Ehe
       
       > Sahra Wagenknecht zögert bei der Gründung einer neuen populistischen
       > Partei. Die Zeit dafür ist eigentlich günstig. Doch etwas Entscheidendes
       > fehlt.
       
 (IMG) Bild: Bleibt sie? Geht sie? Sahra Wagenknecht im Bundestag in der Linksfraktion
       
       Es ist kein großer Verlust, dass [1][Amira Mohamed Ali nicht mehr als
       Chefin der Linksfraktion antritt.] Sie stieg als unbeschriebenes Blatt und
       Ersatz für Sahra Wagenknecht in die Fraktionsspitze auf. Eine eigene
       Handschrift und Agenda hat sie dort nie entwickelt.
       
       Alis Verzicht wäre nicht weiter der Rede wert, käme darin nicht schon
       wieder das Elend der Linkspartei zum Vorschein. Die Partei hat derzeit
       etwas von einer gescheiterten Ehe. Man kann nicht hinschauen. Man kann
       nicht wegschauen.
       
       Die Fraktionschefin spinnt wie viele Wagenknecht-Getreue an der Legende,
       Opfer sinistrer Kräfte zu sein. Die Parteispitze um Janine Wissler und
       Martin Schirdewan habe „einen Teil der Mitgliedschaft aus der Partei“
       gedrängt. Es gibt Sätze, bei denen ist, mit Karl Kraus gesprochen, noch
       nicht einmal das Gegenteil richtig. Die Linkspartei hat langmütig bis zur
       Selbstverleugnung und aus Konfliktscheu zugelassen, dass Wagenknecht
       jahrelang Beschlüsse der Partei ignorieren konnte. Wagenknecht kokettiert
       seit Monaten öffentlich mit der Gründung einer neuen Partei. Es wurde
       versucht, Linksparteifunktionäre abzuwerben.
       
       Wissler und Schirdewan haben dagegen protestiert, im allerletzten Moment.
       Eine Partei, die ihre eigene Spaltung regungslos hinnimmt, verliert ihre
       Existenzberechtigung.
       
       Die Wagenknecht-Fraktion präsentiert sich unverdrossen als wahres Opfer.
       Diese rohe Verkehrung des Offenkundigen in das Gegenteil erinnert an Trumps
       alternative Fakten. Das dürfte ein Vorgeschmack auf die Wagenknecht-Partei
       sein, die als Konkurrenz zur AfD antreten soll.
       
       Kommt die Partei? Kommt sie nicht? [2][Die äußeren Bedingungen für das
       Projekt scheinen derzeit ideal.] Die Regierung wirkt oft konfus, die AfD
       rast in Richtung Rechtsextremismus. 2024 wird in drei ostdeutschen Ländern
       gewählt. Dort ist der Frustpegel besonders hoch.
       
       Und doch fehlt für den Aufbau einer neuen Partei fast alles. Es mangelt an
       inhaltlicher Klarheit. Gegen Russlandsanktionen zu sein, ist noch kein
       Programm. Zudem zögern manche Linke mit Sympathien für Wagenknecht, weil
       ihr Projekt weit nach rechts offen sein kann. Und: Um eine Partei zu
       schaffen, braucht es Ausdauer. Wagenknecht kann eine Partei ruinieren. Ob
       sie eine neue aufbauen kann, ist zweifelhaft.
       
       Irgendwann vor der Europawahl 2024 wird Wagenknecht antreten oder
       Ex-Politikerin sein. Dann ist das zähe Spiel endlich vorbei. Eine Illusion
       allerdings wäre der Glaube, dass es für die Linkspartei dann automatisch
       bergauf gehen würde. Sie muss erst noch beweisen, dass man sie wirklich
       braucht. Wagenknechts Irrlichtern ist dann keine Ausrede mehr.
       
       7 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/ali-linke-100.html
 (DIR) [2] https://www.deutschlandfunk.de/sahra-wagenknecht-eigene-partei-linke-100.html
       
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 (DIR) Stefan Reinecke
       
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