# taz.de -- AfD-Strategie: Innen extrem, außen weichgespült
       
       > Beim AfD-Europa-Parteitag setzen sich die Extremisten durch. Doch bei
       > Dexit und Nato-Austritt bleibt die Partei unverbindlich – mit Kalkül.
       
 (IMG) Bild: Bei Fragen zur Nato hat sich der Höcke-Flügel durchgesetzt
       
       Auf dem AfD-Parteitag, der an den vergangenen zwei Wochenenden in Magdeburg
       getagt hat, war eine bemerkenswerte Dissonanz festzustellen. Wer bei der
       Aufstellung der Kandidat*innen für das Europaparlament am radikalsten
       auftrat, bekam den meisten Applaus und hatte die größte Aussicht auf einen
       sicheren Listenplatz. [1][Beim Programm aber war man deutlich vorsichtiger.
       Das ist Strategie.]
       
       Da wurde einerseits vier Tage lang von Kandidaten lautstark vom „großen
       Austausch“ schwadroniert, einer rechtsextremen Verschwörungserzählung. Da
       war von „globalisierten Eliten“ die Rede, ein antisemitischer Code. Da
       wurde „Remigration“ gefordert, also die Deportation einer großen Anzahl von
       Einwander*innen und ihrer Nachkommen. Eine Kandidatin verlangte
       Pushbacks, „egal was der Europäische Gerichtshof dazu sagt“, und landete
       auf Listenplatz 7. Ein anderer behauptete, Schwule und Transmenschen seien
       „staatlich geduldete Kinderficker“, und bekam Applaus dafür.
       
       Auf der Liste haben sich die besonders Extremen durchgesetzt. Beim Programm
       aber hat die Parteispitze erfolgreich dafür gesorgt, die radikalsten
       Forderungen weichzuspülen. Gefordert wird nicht, wie ursprünglich
       vorgesehen, die Auflösung der Europäischen Union. Eine europäische
       Wirtschafts- und Interessengemeinschaft, ein „Bund europäischer Nationen“
       soll nun neugegründet werden. Bedeutet auch das Ende der EU, klingt aber
       weniger radikal.
       
       Der Dexit, der deutsche Austritt aus der EU, der im Bundestagswahlprogramm
       steht, kommt nicht vor, obwohl die EU als „nicht reformierbar“ und
       „gescheitert“ bezeichnet wird. Zu Ende gedacht ist da ein Dexit nicht weit.
       
       Auch ein Austritt aus der Nato, der in der AfD umstritten ist, wird nicht
       klar thematisiert. „Es ist notwendig, dass Europa seine
       Verteidigungsfähgkeit in die eigene Hand nimmt“, heißt es nun im
       Wahlprogramm, der Höcke-Flügel hat diese Formulierung durchgesetzt. [2][Für
       Putin-Freund*innen lässt sie die Deutung zu, dass man sich von der Nato
       abwende.]
       
       In entscheidenden Passagen Deutungsmöglichkeiten offenzuhalten, hat in dem
       Wahlprogramm der AfD System. So will die Parteispitze auch die bei der
       Stange halten, die zu radikale Forderungen abschrecken könnten – wenn es um
       ihre wirtschaftliche Lage oder die eigene Sicherheit geht. Gute Umfragen
       sind schließlich noch keine Wahlergebnisse. Vielleicht würde es dem einen
       oder der anderen dann doch dämmern: Ein Ende der EU hätte für die deutsche
       Wirtschaft dramatische Folgen, Industrie, Arbeitsplätze und Wohlstand wären
       in Gefahr.
       
       Dies aufzuzeigen könnte für die demokratischen Parteien im Übrigen
       sinnvoller sein, als auf die hohen Umfragewerte der AfD zu starren und sich
       gegenseitig dafür die Schuld zu geben.
       
       7 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-parteitag-294.html
 (DIR) [2] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/kommentar-afd-europawahl-kandidatenliste-programm-100.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
       
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