# taz.de -- Diskussion um Parken in Bremen: SPD rettet Brötchentaste
       
       > Bremen führt das kostenlose Kurzzeitparken wieder ein. Der Verkehrsclub
       > Deutschland fordert stattdessen ein Brötchenticket für den Nahverkehr.
       
 (IMG) Bild: In Hannover ist sie gerade weg, in Bremen kann man die Kurzzeitpark-Taste bald wieder drücken
       
       In Hannover hat die rot-grüne Ratsmehrheit sie [1][gerade abgeschafft], in
       Bremen soll sie auf Wunsch der SPD wieder angeschafft werden: Die
       sogenannte Brötchentaste auf Parkautomaten, die das kostenlose Parken für
       eine kurze Zeit ermöglicht. In Hannover war diese Zeit auf zehn Minuten
       begrenzt, in Bremen hatten Autofahrer:innen bis zu 20 Minuten Zeit für
       Erledigungen.
       
       Es gibt noch weitere Unterschiede: In Hannover standen die Automaten mit
       Brötchentaste ausschließlich in der Innenstadt: Insgesamt 285, die jetzt
       wieder umgerüstet werden. In Bremen hingegen verteilten sich die 78
       Automaten – von insgesamt 321 – über das ganze Stadtgebiet, [2][wie Radio
       Bremen herausgefunden hat]. Nur sieben von ihnen standen in der Bremer
       Innenstadt. Aber wo genau? Das scheint Erfahrungswissen zu sein, eine
       öffentlich zugängliche Liste findet sich nicht im Netz.
       
       Dennoch schlugen die Wellen hoch, als mitten im Bremer Wahlkampf herauskam,
       dass das grün geführte Verkehrsressort [3][die Taste mal eben zum 1. April
       einkassiert hatte]. „Verbotspartei“, „eine Zumutung“, vor allem für Ältere,
       schäumten viele Internetnutzer. Die Opposition aus FDP und CDU erkannte in
       der Aktion den Sargnagel für die Geschäfte in der Innenstadt. Es gibt nicht
       wenige, die die Brötchentaste für das schlechte Abschneiden der Bremer
       Grünen bei der Bürgerschaftswahl im Mai verantwortlich machen. Wobei sie
       dabei wohl eher einen symbolischen Charakter hatte und der Tropfen war, der
       das Fass zum Überlaufen gebracht hat.
       
       ## Keine inhaltliche Begründung
       
       Dafür spricht auch, dass die Parkgebühren alles andere als horrend sind,
       wenn man davon ausgeht, dass niemand täglich aus privaten Gründen für kurze
       Erledigungen mit dem Auto unterwegs ist. So kostet das Parken in der Bremer
       Innenstadt in den ersten 20 Minuten einen Euro Gebühren, im übrigen
       Stadtgebiet 50 Cent pro 15 Minuten. Aber gut, man muss auch erst mal den
       Weg vom Auto zum Parkscheinautomaten und von dort ins Geschäft schaffen.
       
       „Dadurch erleichtern wir besonders älteren Menschen den nahen Kurzeinkauf,
       zum Beispiel in Bäckereien oder Apotheken“, begründete das Präsidium der
       FDP unter Vorsitz von Christian Lindner im Mai – eine Woche vor der Bremer
       Wahl – seinen [4][Beschluss, Kommunen zur Brötchentaste zu verpflichte]n.
       „Damit sichern wir die soziale Teilhabe und steigern zugleich die
       Attraktivität der Innenstädte“, heißt es darin.
       
       Auch der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte kann sich für derartige
       Argumente erwärmen, denn er hatte im Wahlkampf beschwichtigend seine Hand
       über die Brötchentaste gelegt. Es sei klar, „dass wir nach der Wahl darüber
       reden müssen, diese Entscheidung rückgängig zu machen“, hatte er im
       Frühjahr gesagt. Seine SPD hatte die Bremer Wahl klar gewonnen. Am Freitag
       meldeten Bremer Medien, diese Ankündigung mache er nun wahr, die Taste
       kehre zurück.
       
       Nur warum – das bleibt unklar. Immerhin kostet das Zurückrüsten der
       Automaten auch etwas Geld, zum einen wegen der Re-Installation, zum anderen
       wegen der Gebühren, die die Stadt an diesen Stellen nicht einnimmt.
       Bovenschultes Sprecher Christian Dohle schreibt der taz: „Die Koalition hat
       sich nach der Wahl darauf verständigt, die Brötchentaste an einigen
       Parkscheinautomaten wieder einzuführen.“ Und: Das Mobilitätsressort arbeite
       an der technischen Umsetzung und kläre, welche Parkscheinautomaten eine
       Brötchentaste bekämen. Eine inhaltliche Begründung kann er nicht liefern.
       Etwa Belege dafür, dass das Kurzzeitparken einen positiven Effekt auf die
       Innenstadtentwicklung hat oder die Teilhabe älterer oder Menschen mit
       Behinderung am gesellschaftlichen Leben erleichtere.
       
       ## Kostenloser Nahverkehr statt kostenlosem Parken
       
       Gestartet war die Brötchentaste in Bremen 2004 als Modellvorhaben, in
       ursprünglich vier Straßenzügen. Der damalige CDU-Bausenator Jens Eckhoff
       hatte gesagt, er erhoffe sich „eine Stärkung der Geschäftslagen in den
       Nebenzentren“. Nur: Eine Auswertung scheint es nie gegeben zu haben,
       dennoch wurde die Maßnahme ausgeweitet.
       
       Argumente gibt es eher für eine Abschaffung. In Hannover sind es die
       Kosten: 100.000 Euro Mehreinnahmen erwartet die Stadt für das Jahr 2024. In
       Bremen wird die Summe geringer sein, weil es weniger Automaten gab und in
       Hannover das Parken etwas teurer ist: 1,30 Euro pro halbe Stunde. Abgesehen
       von den finanziellen Nachteilen sei es angesichts des Klimawandels schwer
       zu vermitteln, warum der Autoverkehr in Städten gefördert werden solle,
       sagt Lars Kelich, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Hannover,
       der taz. Nach Angaben des Bundesumweltamts wird das Auto in 40 Prozent der
       Fälle für Strecken genutzt, die kürzer sind als fünf Kilometer.
       
       Einen Vorschlag, der mehr wäre als Bovenschultes Symbolpolitik und
       tatsächlich ältere Menschen ohne Geld für Parkscheinautomaten entlasten
       würde, machte am Montag der Verkehrsclub Deutschland in Bremen. Er forderte
       ein kostenloses „Brötchenticket“ für den öffentlichen Personennahverkehr –
       also kostenfreie Kurzstrecken und Hin- und Rückfahrten innerhalb von 20
       Minuten. Man halte es insbesondere aus ökologischen Gründen nicht für
       zeitgemäß, Menschen, die zum Brötchenkaufen das Auto nutzen, „finanziell zu
       entlasten und bei der Nutzung öffentlichen Parkraums zu privilegieren“,
       heißt es in einer Pressemitteilung. „Weitere positive Effekte sind die
       höhere Verkehrssicherheit, und eine geringere Lärmbelastung.“
       
       29 Aug 2023
       
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       erleichtern.