# taz.de -- Die andere Seite der US Open: Doppelschicht am Court
       
       > Ein Heer von Billiglohn-Arbeitern ermöglicht die US Open der
       > Tennisprofis. Sein Beitrag rückt durch einen Vorfall auf Platz 17 in den
       > Fokus.
       
 (IMG) Bild: Rauch überm Court: Marihuana-Duft vom Pausenraum über Platz 17
       
       NEW YORK CITY taz | Man kommt an ihnen bei den US Open nicht vorbei.
       Zwischen den Massen an Zuschauern, die ab 10 Uhr morgens durch die vielen
       Eingangstore vor dem Billie Jean King Tennis Center [1][auf die Anlage der
       US Open] strömen, stechen die Leute mit den einheitlichen gelben T-Shirts
       besonders hervor. Es sind diejenigen, die das Tennisturnier im New Yorker
       Stadtteil Queens sauber halten.
       
       In der Kette derjenigen, die hier irgendwie etwas mit dem Event zu tun
       haben, sind sie das allerletzte Glied. Bei keinem anderen der vier großen
       Grand-Slam-Turniere, weder in Melbourne bei den Australian Open noch bei
       den French Open oder in Wimbledon, ist der Gegensatz so krass wie hier. Es
       sind die Hoffnungslosen, die für zwei Wochen einen Job gefunden haben:
       Obdachlose, Drogenabhängige, die unterste Klasse der USA. Fast alle haben
       eine dunkle Hautfarbe, zwischendrin hört man viel Spanisch. Ihr Stundenlohn
       beträgt 4 Dollar.
       
       Hinter Court 17 an der südöstlichen Ecke des Komplexes gibt es ein weißes
       Zelt, das extra für die Arbeiter aufgebaut wurde. Hier machen nicht nur die
       Reinigungskräfte, sondern auch all die anderen, die den Betrieb am Laufen
       halten, ihre Pausen: Tellerwäscher, Köche, Sicherheitsleute. Nähert man
       sich dem Zelt, schlägt einem starker Marihuana-Geruch entgegen. Viele
       Arbeiter rauchen ihre Joints hinter dem Zaun im angrenzenden Park.
       
       Am Anfang des Turniers hat es für Aufregung gesorgt, als sich Spieler über
       den „Pot-Smell“ beschwert hatten. Deutschlands bester Tennisspieler
       Alexander Zverev meinte, dass es bei seinem Match phasenweise [2][wie im
       Wohnzimmer des kiffenden Rappers Snoop Dog] gerochen hätte. Mittlerweile
       haben sich alle daran gewöhnt. Und der Wind steht wohl auch besser.
       
       ## Entspannung in der Pause
       
       Die US Open sind ein hartes Pflaster. Ein Koch berichtet, dass er pro Tag
       gleich zwei Schichten absolviert. Eine von morgens bis 15 Uhr. Dann folgt
       die Pause. Weiter geht es bis zum späten Abend. Er sagt, man müsse ja
       irgendwie durchkommen. Die Joints würden für ihn zum festen Ritual gehören.
       „Das ist auch eine schöne Entspannung.“ Der Konsum von Marihuana ist in New
       York seit 2021 legal. Natürlich nicht auf der Anlage. Aber wen
       interessiert’s? Die United States Open sind ein Abziehbild der
       amerikanischen Gesellschaft: Ganz unten und ganz oben liegen dicht
       beieinander.
       
       In Manhattan auf der anderen Seite des Flusses sieht es eigentlich genauso
       aus. Beim Tennis in Queens gibt es die armen Schlucker und das feine
       elitäre Publikum. In Glattleder-Schuhen und auf High Heels geht es in die
       Night-Session im riesigen Tennis-Tempel, der Arthur-Ashe-Arena. Es ist ein
       Publikum, das so auch während der Salzburger Festspiele vorm Großen
       Festspielhaus flanieren könnte. Wer es ein bisschen weniger posh haben
       möchte, gönnt sich den Ground-Pass. Mit dem kann man auf der Anlage die
       kleineren Plätze besuchen und dort die Matches beobachten.
       
       Am Wochenende kostete der Tagespass 230 Dollar. Einen halben Liter eines
       schrecklichen Bieres bekommt man für 15 Dollar. So nimmt das Turnier seinen
       Lauf. Mitunter sieht man Tennisprofis mit ihren riesigen Schlägertaschen
       auf dem Rücken übers Gelände zu den Courts oder wieder zurück in den
       Players Garden laufen. Und natürlich gibt es auch die große Gruppe der
       Journalisten, die über das sportliche Großereignis berichten.
       
       Die unterschiedlichen Gruppen nehmen einander kaum wahr. Man bleibt unter
       sich. 500 Arbeiter sollen hier auf der Anlage in Schichten arbeiten. Die
       letzten bleiben noch zwei Stunden nach Ende des letzten Ballwechsels des
       Tages. Novak Đoković hat in der Nacht zu Samstag um kurz vor halb 2 Uhr
       morgens seinen Matchball verwandelt. „Tennis never sleeps“, heißt es gerne
       in der Branche. Das gilt aber nicht nur für die Profis.
       
       Eine Woche dauert das Turnier noch an. Bis zum Finalwochenende werden
       hinter Court 17 noch viele Joints gewickelt werden. Man kann es ja auch
       positiv sehen: Wenigstens für 14 Tage haben die Leute einen Job und
       verdienen ein bisschen was. Was danach kommt, wissen die wenigsten. New
       York ist brutal. Auch beim Tennis.
       
       3 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.usopen.org/en_US/scores/schedule/index.html
 (DIR) [2] https://www.msn.com/en-us/sports/tennis/us-open-player-backs-claim-of-marijuana-smell-at-court-17-smells-like-snoop-doggs-living-room/ar-AA1g0KuU#:~:text=The%20United%20States%20Tennis%20Association%20(USTA)%20conducted%20an,outside%20the%20stadium%20court,%20and%20smells%20obviously%20travel.
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Bellstedt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Tennis
 (DIR) Grand-Slam-Turnier
 (DIR) New York
 (DIR) GNS
 (DIR) Tennis
 (DIR) Tennis
 (DIR) Tennis
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) WM der Tennisprofis: Finale Anstrengung
       
       Alexander Zverev darf mit den besten acht Tennisprofis der Saison um den
       WM-Titel ringen. Im Frühjahr schien das noch utopisch zu sein.
       
 (DIR) Đoković, Alcaraz und der Rest: Die sollen das große Tennis sein?
       
       Die Werbung rund um die US Open suggeriert, es gebe nur noch zwei Stars:
       Altmeister Đoković und den Neuen Alcaraz. Tennis können aber auch andere.
       
 (DIR) Profispielerin Tamara Korpatsch: Deutsche Nummer Zwei räumt ab
       
       Tamara Korpatsch hat sich mühsam und ohne Hilfe des Verbands noch oben
       gekämpft. Bei den US Open will sie weiter punkten.
       
 (DIR) Tennismode wird pink: Machos mit rosa Fingernägeln
       
       Bei einem Tennisverein im Berliner Osten hat die umfassende Pinkisierung
       schon lange vor dem aktuellen „Barbie“-Film eingesetzt.