# taz.de -- Prozess nach Anschlägen in Brüssel: Lebenslang für toten Islamisten​
       
       > Im historischen Terrorprozess in Brüssel fordert die Anklage hohe
       > Strafen. Ein Drahtzieher kam jedoch 2015 ums Leben, ein anderer
       > bestreitet Schuld​.
       
 (IMG) Bild: Szene aus dem Gerichtssaal, aufgenommen am 6. Juli 2023
       
       BRÜSSEL taz | Sieben Jahre nach den [1][islamistischen Terror-Anschlägen in
       Brüssel von März 2016] ist der Prozess in seine letzte und entscheidende
       Phase getreten. Die belgische Staatsanwaltschaft hat am Montag in der
       belgischen Hauptstadt die ersten Plädoyers für die im Juli für schuldig
       befundenen Angeklagten gehalten und hohe Strafen gefordert.
       
       Für den als Drahtzieher überführten Oussama Atar forderte die Anklage
       lebenslange Haft. Atar, der als unbelehrbarer Anhänger des „Islamischen
       Staats“ galt, soll zudem rückwirkend die belgische Staatsangehörigkeit
       entzogen werden. Diese Strafe wäre allerdings rein symbolisch, denn der im
       belgischen Laeken geborene Belgo-Marokkaner kam vermutlich bereits 2017
       [2][in Syrien] ums Leben.
       
       Dass er nicht an dem Terrorprozess teilnehmen konnte und seine Strafe nicht
       mehr absitzen wird, ist für die Opfer eine schwere Bürde. Atar soll nicht
       nur für die Brüsseler Terrorserie mit 32 Todesopfern verantwortlich sein.
       Er gilt auch – genau wie der französische Hauptangeklagte Salah Abdeslam –
       als einer der mutmaßlichen Auftraggeber der [3][Pariser Anschläge vom
       November 2015] mit 130 Toten.
       
       Abdeslam war bereits in Paris wegen der Anschläge vom November 2015 zu
       einer lebenslangen Haft verurteilt worden. Er hat nun den Antrag gestellt,
       seine Haftstrafe vollständig in Belgien abzusitzen. Zuvor hatte er
       allerdings bestritten, an den Brüsseler Anschlägen beteiligt gewesen zu
       sein, da er zur Zeit der Terrorakte bereits in belgischem Polizeigewahrsam
       gewesen sei.
       
       Urteil in zwei Wochen 
       
       Insgesamt stehen noch acht Angeklagte vor Gericht. Sechs von ihnen droht
       die Höchststrafe: lebenslange Haft. Sie waren bereits am 25. Juli für
       schuldig befunden wurden. Zwei weitere Angeklagte können mit milderen
       Strafen mit höchsten zehn Jahren Haft rechnen, da sie nur der Beihilfe
       überführt wurden. Die Plädoyers der Staatsanwaltschaft sollen am Dienstag
       weitergehen.
       
       Mit einem Urteil wird in zwei Wochen gerechnet. Eine Berufung ist nicht
       möglich. Der Prozess ist das größte Verfahren der jüngeren belgischen
       Geschichte mit fast tausend Nebenklägern. Er gilt jetzt schon als
       historisch. Das Gericht tagt seit Anfang Dezember des vergangenen Jahres
       unter extremen Sicherheitsmaßnahmen im früheren Nato-Hauptquartier.
       
       Die Angeklagten hatten Hass auf den Westen und Rache für westliche Angriffe
       in Syrien als Motive für ihre Taten genannt. Die Verantwortung für die
       vielen Opfer in Brüssel wollte jedoch keiner übernehmen. Die Anwälte
       versuchen nun, das Strafmaß noch zu mindern. „Wenn das Ziel ist, jemand bis
       zu seinem Lebensende ins Gefängnis zu stecken, dann wird er beim nächsten
       Mal den Zündknopf drücken“, sagte der Anwalt von Mohamed Abrini, der einen
       Sprengstoffgürtel am Brüsseler Flughafen zünden sollte.
       
       Straffrei könnte in Brüssel der Tunesier Sofien Ayari ausgehen.
       Staatsanwalt Bernard Michel erklärte, es sei unter belgischem Recht nicht
       möglich, seine 20-jährige Haftstrafe aus früheren Gerichtsurteilen noch
       weiter zu erhöhen. Dabei ging es um die Pariser Anschläge und einen
       späteren Schusswechsel mit der Polizei.
       
       4 Sep 2023
       
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