# taz.de -- Linke in der Krise: Sie lässt nicht locker
       
       > Die CDU kuschelt in Thüringen mit der AfD. Und wie schaut es links aus?
       > Da versucht Sahra Wagenknecht mal wieder eine Partei zu gründen.
       
 (IMG) Bild: Sahra wagenknecht (Die Linke) spricht im Bundestag
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Zähe Heilung bei Scholz.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Augenklappen-Merch.
       
       Hubert Aiwanger ließ kurz vor Veröffentlichung eines [1][Interviews mit der
       Augsburger Allgemeinen] über die Flugblatt-Affäre mehrere Antworten
       streichen. Sein gutes Recht oder Zensur der freien Presse?
       
       Respekt erstmal vor der Augsburger, die das ortsübliche „Blechbüchsen,
       roll, roll“ bei autorisierten Interviews nicht mitmacht. Und es auch noch
       outet. PolitikerInnen und mehr noch die beflissenen Büttel drumherum haben
       sich dran gewöhnt, saubere Transkripte als Rotstift-Blutbad zurück zu
       senden. Liest sich ein angebliches Gespräch eher wie „da hatte die KI aber
       mal einen besonders niedrigen Akku“, kann man den geglätteten Kram getrost
       als Textaufgabe des Pressestabs überlesen. Im Falle Aiwanger bekommt man
       eine schemenhafte Vorstellung davon, was er unter der Demokratie versteht,
       die er sich „zurückholen“ will.
       
       [2][Wladimir Putin traf sich mit Kim Jong Un] und kündigte eine engere
       Zusammenarbeit an. Müssen wir Angst haben vor dieser neuen
       Männerfreundschaft? 
       
       Bei den meisten Fotos der beiden Turtelblinden wundert man sich immerhin
       nicht mehr, dass die Titanic pleite ist. Da lacht man direkt. Putin braucht
       Munition für seine Verbrechen in der Ukraine, Kim Jong Un möchte
       Raketentechnologie bei jemandem kaufen, dem auch regelmäßig die Pyro in der
       Hand explodiert. Obwaltet der dicke Pate China und freut sich, dass die
       missratenen Blagen traulich tun.
       
       Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa wurde nach Ankunft
       tausender Geflüchteter der Notstand ausgerufen. Fehlt es an europäischer
       Solidarität? 
       
       Die Innenministerin beteuert ihre „Solidarität“. Unklar, mit wem. Den
       „freiwilligen Aufnahmemechanismus“ hat die Bundesregierung im August
       ausgesetzt und belässt es auch anlässlich der neuerlichen brutalen
       Überfüllung Lampedusas dabei. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
       fiebert hingegen vom Einsatz bewaffneter Militärboote gegen die Nussschalen
       des Elends. Ein Tag, an dem die Grünen sich freuen, nicht das
       Innenministerium geschossen zu haben – auch wenn sie bei der Abschaffung
       des individuellen Asylrechts auf EU-Ebene schon genickt haben. Man würde ja
       gern helfen – aber man darf nicht.
       
       Die Stimmen der AfD waren das Zünglein an der Waage für den Beschluss des
       Thüringer Landtags, die Grunderwerbsteuer zu senken. Wo führt das hin, wenn
       die CDU die Zusammenarbeit mit der AfD normalisiert? 
       
       Ein Gesetz kann man so designen, dass es für die AfD unzustimmbar wird.
       Oder man kann mit der rotgrünversifften Regierung einen Kompromiss suchen.
       Beides nicht getan zu haben, ist kein Unfall, sondern ein Unfall. Mag sein,
       dass die thüringische CDU wie FDP in der Duldungsstarre hirnwärts
       verknöchern und gern mal zeigen, dass sie auch anders können. Leider können
       sie nur anders blöd. Brandmeister Merz scheint mehr so unfreiwillige
       Feuerwehr, steht an der Tanke und raucht sich erstmal eine.
       
       [3][Sahra Wagenknecht] will mal wieder ihre eigene Partei gründen. Warum
       dauert das so lange? 
       
       Mit Fakten kann man sich abfinden – Drohungen machen Angst. Der Schaden für
       die Linke bei den Wahlen in Hessen und Bayern wird maximiert und kann dann
       im nächsten Schritt die Parteigründung zur Europawahl 2024 hin begründen.
       Die immer junge mediale Aufwallung hat jeweils einen Bonusvorzug:
       Wagenknecht diktiert sich die Interviewfragen selbst – ob sie denn und wann
       sie denn und wie sie denn. Dann stieben alle los, plustern Orakeleien in
       die Welt und keiner bleibt noch eben den Moment, zweitens zu fragen: „Hey …
       zwei Parteien mit jeweils 4 Prozent … meschugge?“. Und gern nachhaken: „Wie
       isses so, wenn man nur noch eine letzte Patrone hat?“
       
       „Wir sind nicht verantwortlich für das Handeln eines Ministeriums“, sagt
       Jan Böhmermann zur Affäre um die Abberufung des Chefs des BMI Arne
       Schönbohm. Und er klagt gegen Julian Reichelt, weil der in seiner Sendung
       diesen Eindruck vermittelt hatte. Ist das eine Belebung des öffentlichen
       Diskurses oder braucht das alles niemand? 
       
       Jan Böhmermann mag es, wenn der Name – Jan Böhmermann – richtig geschrieben
       in den Medien steht: Jan Böhmermann. Das macht die Position von Jan
       Böhmermann verständlich, dass ein Jan-Böhmermann-Skandal ordentlich Welle
       machen soll; auch wenn er nicht unter jede fast fertige Recherche seinen
       Namen setzten möchte: Jan Böhmermann.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Tore gegen Freiburg durch Hummels (34) und Marco Reus (34). Das völlert.
       
       Fragen: Anna Hollandt und Franziska Mayr
       
       17 Sep 2023
       
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