# taz.de -- Wahlen in Hessen und Bayern: Obergrenze bei Landtagswahlen!
       
       > Ein ewiger Wahlkampf geht endlich zu Ende, am Sonntag wählen Hessen und
       > Bayern. Sollten wir seltener wählen?
       
 (IMG) Bild: Wischt sich durch die Grafiken eines Wahlabends: Jörg Schönenborn im Ard-Wahlstudio
       
       Am Sonntag, Punkt 18 Uhr, werden wir erlöst. Dann tritt Jörg Schönenborn
       vor die Kameras und präsentiert uns die Prognosen der Landtagswahlen in
       [1][Hessen] und [2][Bayern]. Und dann ist er endlich vorbei, dieser ewige,
       verfluchte Wahlkampf.
       
       Alle paar Monate und immer wieder sonntags präsentiert Schönenborn den
       deutschen Zuschauern die Zahlen irgendwelcher Landtagswahlen. Er wischt
       dann auf seinem Bildschirm rum, und seine Stimme vermittelt uns, den
       Zuschauern, das Gefühl, dass alles seine Ordnung hat, selbst wenn der blaue
       Balken wächst und wächst. Es ist wohl nicht blasphemisch zu behaupten: Für
       Menschen, die am Vormittag nicht in die Kirche gegangen sind, ist
       Schönenborn ein öffentlich-rechtlicher Pastor.
       
       Trotzdem wäre es besser für alle, wenn wir ihn seltener sehen würden.
       Lieber Jörg Schönenborn, es liegt nicht an Ihnen. Diese ständigen
       Landtagswahlen, vor allem die Wahlkämpfe davor, tun den Deutschen nicht
       gut, sie machen verrückt. Und deshalb sollte man sie abschaffen.
       
       Gerade muss Deutschland über Asylrechtsverschärfungen diskutieren und gibt
       wohl vor allem wegen der anstehenden Landtagswahlen dem Druck der rechten
       Regierungen Europas nach. Es werden die unsinnigsten Forderungen
       aufgestellt und Verordnungen erlassen, um politische Handlungsfähigkeit zu
       simulieren. Als würde ein Mensch weniger in Boote steigen, wenn es in
       Deutschland nur noch Gutscheine gibt. Als würde ein Mensch weniger Asyl
       beantragen wegen „flexibler Grenzkontrollen“, die [3][Innenministerin Nancy
       Faeser] nun in einem Akt wahlkämpfender Verzweiflung angekündigt hat.
       
       ## Keine Obergrenze für Bullshit
       
       Es scheint keine Obergrenze zu geben für Bullshit. Zeitung lesende, Radio
       hörende und fernsehende Menschen in Berlin, Kiel oder Dortmund werden seit
       Monaten damit gequält, welche Veganer-Witze [4][Markus Söder] im Bierzelt
       erzählt. Nur weil sich irgendwelche Konservativen in Hintertupfing am Lech
       nicht entscheiden können, welche von drei rechten Parteien sie wählen
       wollen. Und weil eine überforderte Innenministerin gern überforderte
       Ministerpräsidentin von Hessen werden will.
       
       Dabei bleibt, wenn man auf die letzten Umfragen schaut, vermutlich in
       beiden Bundesländern alles, wie es ist. Beide Regierungen können
       voraussichtlich ihre Arbeit fortsetzen. Denn Wählerinnen wissen durchaus,
       was der Unterschied zwischen Wiesbaden, Berlin und München ist, also
       zwischen Bundes- und Landespolitik. Sie entscheiden noch stärker nach
       Personal und neigen dazu, Amtsinhaber wiederzuwählen.
       
       All die Aufregung, all der Wahnsinn also umsonst.
       
       Ich fürchte, Jörg Schönenborn wird uns nur für einen Moment erlösen. Schon
       ein paar Minuten nach 18 Uhr werden aufgeregte Kollegen fragen, was denn
       nun das schlechte Abschneiden der SPD in beiden Ländern „für den
       Bundestrend“ bedeutet (nichts), und die Frage stellen, ob der Kanzler
       „jetzt handeln muss“ (nein). Und dann freuen wir uns schon auf die
       Fortsetzung im nächsten Jahr, auf die Wahlen in Brandenburg, Thüringen und
       Sachsen.
       
       Nun ist der Föderalismus angeblich ein hohes Gut, wie man pflichtschuldig
       sagt. Aber selbst wenn man die Frage beiseite lässt, weshalb es 16
       Landesparlamente braucht, die an der Schulpolitik herumdilettieren und alle
       paar Jahre eine neue Polizeiuniform vorstellen, wäre es besser, wenn die
       Landtagswahlen in Zukunft zumindest gleichzeitig stattfinden würden. Am
       besten parallel zur Bundestagswahl. Dann könnten gewählte Vertreter vier
       Jahre lang machen, wofür sie gewählt wurden.
       
       Und Jörg Schönenborn findet bestimmt einen neuen Job, vielleicht
       sonntagmorgens, in der Kirche.
       
       8 Oct 2023
       
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