# taz.de -- Terror verharmlosen in Deutschland: Rassismus ist kein Gegenmittel
       
       > Auch in Deutschland wird der Terror verharmlost und gefeiert. Doch
       > rassistische Kommentare helfen nicht bei der Bekämpfung von
       > Antisemitismus.
       
 (IMG) Bild: Zurückgelassene Gegenstände der Festivalbesucher nach dem Massaker in Israel nahe Grenze zu Gaza
       
       Es sind unvorstellbare Dinge, die sich seit Samstagmorgen in Israel
       abspielen. [1][Ein nicht endender Terroranschlag]; ein Kampf gegen jüdische
       Zivilist*innen, gegen Frauen, Kinder, ganze Familien, gegen junge Menschen,
       die glaubten, unbeschwert auf einem Festival zu feiern und stattdessen
       massakriert wurden. Allein auf dem Festival wurden 260 Menschen ermordet.
       Insgesamt sind seit Samstag mindestens 900 Menschen von den Terroristen der
       Hamas getötet worden. Der Plan der Terrorgruppe hatte genau ein Ziel:
       Jüd*innen zu töten.
       
       Im Vergleich auf die Bevölkerung Deutschlands gerechnet, ist es so, als
       wären 10.000 Menschen bei einem Terroranschlag ermordet worden. Zudem haben
       die Terroristen mindestens 100 Israelis als Geiseln genommen. Ein Land
       trauert, und mit ihm Jüdinnen und Juden weltweit. Auch in Deutschland.
       
       Trotzdem gibt es hierzulande Menschen, die den Terror, den Tod von Menschen
       nicht nur relativieren, [2][sondern ihn sogar feiern]. So äußerte sich der
       Vorsitzende des Islam-Verbandes IGMG (İslam Toplumu Millî Görüş), Kemal
       Ergün, auf X, redet von einer „Gewaltspirale“ und relativiert die grausamen
       Terrorattacken mit „Angriffen von Siedlern“. Der Zentralrat der Muslime
       gibt ein ähnlich relativierendes Statement ab. Die Verurteilung des Terrors
       ist wertlos, wenn er im nächsten Satz gerechtfertigt wird. Wer den Tod von
       Israelis mit dem Tod oder Leid von Palästinenser*innen „erklärt“,
       offenbart vor allem eines: die eigene Menschenverachtung.
       
       Auf den Straßen Berlin-Neuköllns gab es weitere Szenen der
       Menschenverachtung. Dort feierte eine Gruppe die Terrorattacke in Israel.
       Sie riefen „Yallah Intifada“, „Free Palestine“ und „From the river to the
       sea“ – oder anders: Tötet noch mehr Jüd*innen. Dass Massaker lange vor 1967
       Teil der palästinensischen Kriegsführung waren, interessiert jene, die
       Terror relativieren, nicht. Es zählt nur die eigene antisemitische Sicht.
       
       ## Klare Ansagen
       
       Der grüne baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz schrieb auf X,
       dass Solidarität mit Israel nicht relativierbar sei. Und an den Zentralrat
       der Muslime gerichtet: „Ihr seid lost!“ Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang
       schrieb, es brauche einen „innenpolitischen Kurs gegenüber allen, die
       Antisemitismus und Islamismus bejubeln“. Klare Ansagen.
       
       Andere Politiker*innen entschieden sich hingegen, sich nicht klar zu
       äußern. Sondern spaltend. Die CDU-Politikerin Julia Klöckner schrieb auf X
       über die Islamverbände: „Wer Teil unseres Landes sein will, muss sich zum
       Existenzrecht Israels bekennen.“ Der FDP-Politiker Bijan Djir-Sarai sagte:
       „Diese Leute lehnen unsere Werte ab, und diese Leute haben einfach hier
       nichts zu suchen.“ Der AfD-Politiker Bernd Baumann: „Das ist auch ein
       Schlag ins Gesicht dieser verfehlten Migrationspolitik, vor der wir immer
       gewarnt haben.“ Bei Anne Will sagte der Grünen-Politiker Cem Özdemir über
       die Islamverbände, alle Parteien zeigten eine „unglaubliche Naivität“, weil
       „wir die falschen Leute belohnen, die, die unserem Land den Mittelfinger
       zeigen“.
       
       „Unser Land“, „hier nichts zu suchen“, „diese Leute“, „falsche Leute“ –
       Codes für ein eingängiges, rassistisches Narrativ: Menschen anderer
       Herkunft gehören in Deutschland nie wirklich dazu. Für sie gilt eine
       lebenslange Probezeit. Es gibt „die Deutschen“ und „die anderen“. Wenn sie
       kriminell werden oder Terrorismus feiern, dann wird nicht deren Tat
       verurteilt, sondern deren Zugehörigkeit zum Land in Frage gestellt. Egal,
       wie lange sie schon hier leben, ob sie einen deutschen Pass haben, ob sie
       hier geboren sind oder nicht.
       
       Auch die Story vom „importierten“ Antisemitismus lebt von diesem
       rassistischen Narrativ. Der Antisemitismus ist nicht „importiert“; diese
       Menschen sind „unser Land“. Nur dass das vielen eben nicht gefällt. Das
       kann natürlich eine Position sein, ist aber die Definition von Rassismus:
       Menschen sind nicht Teil des „Volkes“, wenn sie keine deutsche Herkunft
       haben.
       
       Antisemitismus lässt sich nicht mit Rassismus bekämpfen. Wer den Kampf
       gegen Antisemitismus ernst nimmt, verschiebt den Diskurs nicht, sondern
       kümmert sich um die Probleme. Die sind, das zeigen die Statements der
       Islamverbände und die Szenen in Neukölln, groß.
       
       10 Oct 2023
       
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       ## AUTOREN
       
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