# taz.de -- Krise der Photovoltaik-Produzenten: Solarstrom boomt, Hersteller leiden
       
       > Billige Photovoltaikmodule aus China drohen EU-Produkte zu verdrängen.
       > Zugleich werden in Deutschland so viele Solaranlagen wie noch nie
       > aufgestellt.
       
 (IMG) Bild: Produktion von Solarmodulen in Deutschland. Die Firmen sind unter Druck, da China Preisdumping betreibt
       
       FREIBURG taz | Europäische Solarunternehmen stehen vor dem Ruin, weil
       chinesische Module zu extrem niedrigen Preisen den hiesigen Markt fluten.
       Am Freitag lud Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer Vertreter
       seiner Regierung und aller Bundesländer, sowie Vertreter der Solarbranche
       zu einer Krisensitzung – „Solargipfel“ genannt. Ergebnisse waren bis
       Redaktionsschluss nicht bekannt.
       
       Die europäische Solarbranche hatte kürzlich in einem Brief an die
       EU-Kommission gewarnt: „Wenn jetzt nichts passiert, ist das Risiko groß,
       dass europäische Solarproduzenten in den nächsten Monaten massive Probleme
       bekommen werden, manche sogar insolvent gehen“. Subventionen seien nötig.
       
       Nach Auflösung der Lieferengpässe aus der Corona-Zeit und mit dem starken
       Ausbau der Solarfabriken insbesondere in Asien sei der harte internationale
       Wettbewerb im Bereich der [1][Photovoltaik] (PV) in den letzten Monaten neu
       entfacht worden, heißt es in der Solarbranche. Es gebe große Mengen an
       Lagerware im Handel und in den Häfen. Der Preisverfall der Module habe
       innerhalb der vergangenen sechs Monate bei 35 Prozent gelegen. Chinesische
       Module werden in der EU bereits für 15 Cent pro Watt angeboten, was
       Branchenkenner selbst in China nicht für kostendeckend halten.
       
       [2][China verfügt längst über die mit Abstand größten
       PV-Produktionskapazitäten weltweit]. Gegenüber Deutschland erziele das Land
       „Kostenvorteile bis hoch in den mittleren zweistelligen Prozentbereich“,
       erklärt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW). Das
       Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) begründet die Preise der Ware aus
       Fernost auch damit, dass die Module „in China unter Zwangsarbeit
       hergestellt werden“ – was China allerdings bestreitet.
       
       ## USA und Indien schotten ihre Märkte ab
       
       Die Flutung des europäischen Markts mit chinesischen Modulen resultiert
       auch daraus, dass diese Ware in den USA nicht mehr verkauft werden darf,
       wie das BMWK in einer Antwort auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten
       Christian Leye schreibt. Das ist Folge des Inflation Reduction Act, der ein
       riesiges Subventionspaket und Importbeschränkungen umfasst und den USA
       helfen soll, Solarindustrie ins eigene Land zu locken. Auch Indien habe
       inzwischen seinen Markt gegenüber chinesischen PV-Modulen abgeschottet, so
       das BMWK.
       
       Somit drängen die asiatischen Module nun in großem Stil nach Europa –
       weshalb die hiesigen Hersteller im Preiskrieg Unterstützung von der EU
       fordern. Schließlich haben sich die europäischen Staaten zum Ziel gesetzt,
       künftig 40 Prozent des Photovoltaik-Bedarfs aus heimischer Produktion zu
       decken.
       
       Erreichbar wäre das auf verschiedenen Wegen – einerseits durch Importzölle.
       Solche lehnt der BSW allerdings ab, was damit zusammenhängt, dass der
       Verband nicht nur Hersteller vertritt, sondern auch Projektierer, die ihre
       Module möglichst billig einkaufen wollen. Statt dessen schlägt der BSW Boni
       bei der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vor für jene
       Projekte, die Komponenten aus europäischer Fertigung nutzen.
       
       Die Probleme der europäischen Solarhersteller fallen in eine Zeit, in der
       die Photovoltaik hierzulande boomt, wie nie zuvor. [3][Der Zubau in
       Deutschland] lag von Januar bis August bereits bei rund 9 Gigawatt, nach 7
       Gigawatt im ganzen Jahr 2022. Auch der historische Spitzenwert von 2011,
       der bei 7,9 Gigawatt lag, ist damit übertroffen. In der EU wird der Zubau
       2023 auf 70 bis 100 Gigawatt geschätzt – nach 46 Gigawatt im Vorjahr. In
       dieser Hinsicht zeigt sich auch der BSW optimistisch: Der
       Photovoltaik-Weltmarkt werde „perspektivisch die Umsatzvolumen der
       Automobilindustrie erreichen“.
       
       29 Sep 2023
       
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