# taz.de -- Iran und Hamas: Triumvirat des Judenhasses
       
       > Iran stützt ideologisch und logistisch die Terrorattacken. Es ist Zeit
       > für den Westen, die Beziehungen zu dem Regime in Teheran zu überdenken.
       
 (IMG) Bild: Hinter Hisbollah und Hamas steht Iran – hier eine Demo für die Hisbollah diese Woche in Teheran
       
       Wer die Islamische Republik Iran verstehen möchte, sollte eine Grundregel
       kennen: Alle Aussagen des iranischen Regimes sind bis zum Beweis des
       Gegenteils eine Lüge. In den vergangenen 44 Jahren hat das diktatorische
       Regime eine perfekt laufende Propagandamaschinerie aufgebaut, die ein
       wichtiger Faktor ihrer langanhaltenden Macht ist. Es ist also nicht
       einfach, die Wahrheit aufzuspüren, wenn der iranische Staat involviert ist.
       
       Und trotzdem stellt sich die Frage: Welche Rolle spielte das [1][iranische
       Regime] bei den Terroranschlägen in Israel? Nicht nur für Israel, auch für
       die USA und die EU ist diese Frage bedeutsam. Bisher halten die westlichen
       Staaten an Verhandlungen mit Teheran fest, zum Atomabkommen und zu anderen
       Fragen – ironischerweise stets mit dem Hinweis auf die Sicherheit Israels.
       Diese bereits bis jetzt wenig überzeugende Erzählung wäre noch weniger
       glaubhaft.
       
       Am 3. Oktober postete Revolutionsführer Ali Chamenei auf X: „Das
       zionistische Regime ist am Sterben.“ Nun kann es Zufall sein, dass Chamenei
       wenige Tage vor dem Angriff solche Aussagen macht. Sicher ist: [2][Das
       Regime und die Revolutionsgarden (IRGC) unterhalten intensive Beziehungen
       zur Terrorgruppe Hamas]. Das islamistische Regime in Teheran unterstützt
       und finanziert schon seit Jahren Terrorgruppen in Gaza.
       
       Auch am Training der militanten Kräfte sollen die IRGC beteiligt sein. Die
       Beziehung zwischen IRGC und Hamas war zwischenzeitlich zwar gestört: Im
       syrischen Bürgerkrieg fanden sich die beiden Gruppen auf verschiedenen
       Seiten wieder: Das iranische Regime unterstützte den syrischen Diktator
       Baschar al-Assad, die Hamas stand auf der Seite der sunnitischen
       Oppositionskämpfer.
       
       Spätestens seit Assad wieder im Kreise der arabischen Bruderstaaten
       aufgenommen wurde, kooperiert die Terrorgruppe aber wieder mit Iran. Beide
       Seiten vereint ein Ziel: Israel zu isolieren und zu destabilisieren – und
       endgültig zu vernichten. Um das zu erreichen, sind sie bereit, die
       ideologischen Differenzen zwischen Sunniten und Schiiten beiseitezulassen.
       Gemeinsam mit der schiitischen Hisbollah, dem verlängerten Arm des
       iranischen Regimes im Libanon, bilden diese drei ein in Israel- und
       Judenhass vereintes Triumvirat.
       
       Trotzdem leugnen offizielle iranische Stellen konsequent eine aktive
       Beteiligung an den Anschlägen. Ein Sprecher des iranischen
       Außenministeriums erklärte, Iran treffe keine Entscheidung „im Namen
       irgendeiner Partei in der Region, einschließlich des palästinensischen
       Volkes. […] Was uns betrifft, ist, dass wir den Widerstand des
       palästinensischen Volkes als legitimen Widerstand betrachten.“ Auch die
       Hamas streitet eine direkte Beteiligung Irans ab. Selbst die engsten
       Verbündeten seien im Vorfeld nicht über das Timing informiert worden, so
       Ali Barakeh, Mitglied der Hamas-Führung gegenüber der Nachrichtenagentur AP
       – wohl aber über die Anschläge selbst, könnte man daraus schließen.
       
       Sowohl Israel als auch die USA gehen [3][indes von einer Beteiligung Irans
       aus] – allerdings nur zu einem gewissen Grad. Sowohl israelische als auch
       US-Offizielle erklärten, dass sie keine Beweise dafür hätten, dass die
       Anschläge von Iran autorisiert worden seien. Doch weder die USA noch Israel
       haben auch nur das geringste Interesse daran, öffentliche Schuldzuweisungen
       auszusprechen. Israel ist im Krieg mit der Hamas; eine offene Konfrontation
       mit Iran ist das Letzte, was das Land gerade gebrauchen kann.
       
       ## Antwort auf Saudi-Arabien
       
       Das ehemalige Führungsmitglied des israelischen Auslandsgeheimdienstes
       Mossad, Haim Tomer, äußerte sich in einem Interview überzeugt, dass die
       letztliche und hauptsächliche Entscheidung bei der Hamas selbst gelegen
       habe. Tomer sagte aber zur Rolle Teherans: „Das ist die Antwort Irans auf
       Berichte, dass es zwischen Saudi-Arabien und Israel einen Friedensvertrag
       geben soll.“
       
       Ein solcher Friedensschluss könnte die wirtschaftliche und die
       Sicherheitsarchitektur der Region verändern. Zum einen würde die iranische
       Führung wieder aggressiv auf Rivalität mit Saudi-Arabien setzen anstatt wie
       in den vergangenen Monaten auf diplomatische Annäherung. Das würde wichtige
       Ressourcen binden. Außerdem müsste Iran fürchten, dass Saudi-Arabien Israel
       eine militärische Basis für Angriffe gegen Iran bieten könnte. Insgesamt
       wäre die Vormachtstellung des Regimes bedroht, es könnte gar isoliert
       werden.
       
       ## Keine militärische Option
       
       Nach dem Angriff der Hamas hat sich die Lage verändert. Saudi-Arabien
       stellt sich in der arabischen Welt als Vertreter palästinensischer
       Interessen dar. Eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts
       hatte Saudi-Arabien als Bedingung für einen Friedensvertrag gemacht: Nun
       hat Saudi-Arabien ein Problem. Die meisten arabischen Staaten reagieren auf
       die Terroranschläge der Hamas, indem sie auf Israels Besatzung verweisen.
       Schlösse Saudi-Arabien in dieser Lage einen Friedensvertrag mit Israel,
       müsste es fürchten, seine wichtige Stellung unter den arabischen Staaten zu
       gefährden. Am Wochenende schließlich hat Saudi-Arabien die Gespräche zur
       Annäherung an Israel für beendet erklärt.
       
       Wie gesagt: Es ist fast unmöglich, die Wahrheit aufzuspüren, wenn es um
       Iran geht. Klar ist, dass Antisemitismus und Israelhass wichtige Pfeiler
       der Islamischen Republik sind. Iran ist der hauptsächliche Sponsor der
       Hamas. All das sollte reichen, um in den westlichen Staaten zu einer Umkehr
       in der Iran-Politik zu führen – allerdings nicht im Sinne einer
       militärischen Option oder eines Kriegs; das wäre nicht nur zum Scheitern
       verurteilt, sondern würde eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes bedeuten.
       
       Umkehr in der Iran-Politik muss vielmehr bedeuten, dass es endlich spürbare
       und nachhaltige diplomatische Konsequenzen für das Regime geben muss.
       Sanktionen, Isolierung, Revolutionsgarden auf die Terrorliste. Das
       iranische Regime terrorisiert Israel, die Region, die Welt und nicht
       zuletzt die eigene Bevölkerung. Wann, wenn nicht jetzt ist die Zeit, die
       Beziehungen zu diesem Staat zu überdenken.
       
       16 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Todesstrafe-in-Iran/!5932580
 (DIR) [2] /Geopolitische-Akteure-im-Nahostkonflikt/!5965889
 (DIR) [3] https://www.tagesspiegel.de/internationales/warnung-vor-israelischem-einmarsch-in-gaza-iran-und-hamas-beraten-uber-achse-des-widerstands-10627840.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gilda Sahebi
       
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