# taz.de -- Freistellung von Fußballprofi El Ghazi: Was Klubwerte wert sind
       
       > Nach Freistellung von Anwar El Ghazi bei Mainz 05 wegen eines
       > antisemitischen Posts dürften bald noch mehr Klubs mit dem Problem
       > konfrontiert sein.
       
 (IMG) Bild: Darf nicht mehr mitspielen: Anwar El Ghazi bei der Partie gegen Mönchengladbach
       
       In den frühen Stunden des Mittwochs scheint es endgültig zu viel geworden
       zu sein: Mainz 05 ging offline. Zumindest ein bisschen. Das Instagramprofil
       des Fußballbundesligisten war am Mittwochmorgen gar nicht mehr abrufbar,
       [1][auf X, vormals Twitter,] beließen es die Mitarbeiter:innen der
       PR-Abteilung dabei, die Kommentarfunktion unter ihren Beiträgen
       abzuschalten.
       
       Ihnen blieb kaum etwas anderes übrig: Die Online-Kanäle der Mainzer wurden
       seit Dienstagabend von unzähligen Palästina-Flaggen und wütenden
       Kurznachrichten geflutet. Grund war die Entscheidung, die der Verein am
       Abend des Vortages mitgeteilt hatte: „Der 1. FSV Mainz 05 stellt Anwar El
       Ghazi vom Trainings- und Spielbetrieb frei.“
       
       Zuvor hatten Beiträge, die der ehemalige niederländische Nationalspieler
       auf Instagram geteilt hatte, für Aufregung gesorgt. Mehr als einmal äußerte
       sich El Ghazi seit dem Angriff der Hamas auf Israel propalästinensisch.
       Dass es unterschiedliche Perspektiven auf den „komplexen Nahost-Konflikt“
       gebe, respektiere Mainz 05 zwar, [2][heißt es in der Mitteilung]. „Der
       Verein distanziert sich jedoch deutlich von den Inhalten des Posts, da
       dieser nicht mit den Werten unseres Klubs einhergeht.“
       
       Um welchen Post es genau geht, wird aus dem Statement nicht ersichtlich, es
       deutet aber alles darauf hin, dass sich der Verein auf einen geteilten
       Beitrag El Ghazis von Sonntag bezieht. Er endete mit der antisemitischen
       Losung „From the river to the sea, Palestine will be free“, die Israel das
       Existenzrecht abspricht und deswegen vor wenigen Tagen von der Berliner
       Staatsanwaltschaft als strafbar eingeordnet wurde. Bei der Parole bestehe
       Anfangsverdacht auf Volksverhetzung, so eine Sprecherin.
       
       ## Arbeitsrechtlich angreifbar
       
       Ebenjene Entscheidung der Berliner Staatsanwaltschaft könne nun „eine gute
       Nachricht für Mainz 05“ sein, erklärt der Sportrechtler Paul Lambertz im
       Gespräch mit der taz. Denn was moralisch und politisch von den Fans des
       Vereins bislang deutlich positiver bewertet wird als von aufgeregten
       propalästinensischen Social-Media-Nutzern, ist juristisch durchaus heikel.
       Darf ein Fußballverein seinen Spieler vom Spiel- und Trainingsbetrieb
       freistellen, weil der eine unliebsame Meinung äußert, auch wenn die
       zweifellos nicht zu den Werten des (jüdisch geprägten) Vereins passt?
       
       „El Ghazi ist Arbeitnehmer, Mainz 05 sein Arbeitgeber“, betont Lambertz.
       „Beide haben die gleichen Rechte und Pflichten wie in jedem anderen
       Arbeitsverhältnis.“ Der Verein darf seinen Spieler also nicht einfach
       rausschmeißen. Auch der Ausschluss von Spielen und Training könnte
       arbeitsrechtlich angreifbar sein. Dass die Staatsanwaltschaft in Berlin die
       Parole nun als strafbar einordnet, sei „ein erstes Indiz dafür, dass die
       Aussage strafrechtlich relevant sein könnte“, so Lambertz. Das würde die
       Mainzer Entscheidung stärken.
       
       Ob der Niederländer mit marokkanischen Wurzeln plant, gegen die
       Entscheidung vorzugehen, ist freilich unbekannt. Die Pressesprecherin von
       Mainz 05 schrieb auf taz-Anfrage, dass der Verein sich vorerst nicht weiter
       äußern werde.
       
       Der Fall El Ghazi ist nicht der einzige, der die Bundesliga aktuell
       beschäftigt. Auch andere Spieler, [3][darunter Noussair Mazraoui], haben
       antiisraelische Beiträge geteilt. Mazraouis Verein Bayern München hat
       bereits ein Gespräch mit dem marokkanischen Nationalspieler angekündigt.
       Sicher ist: Entscheiden die Münchner danach wie ihre Mainzer Kollegen, kann
       sich die PR-Abteilung schon mal auf einen Shitstorm einstellen.
       
       18 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/1FSVMainz05
 (DIR) [2] https://www.mainz05.de/news/mainz-05-stellt-anwar-el-ghazi-frei
 (DIR) [3] /Antiisraelische-Posts-von-Fussballprofis/!5963781
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Kulessa
       
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