# taz.de -- Elon Musk hetzt gegen Seenotrettung: Post vom Auswärtigen Amt
       
       > Elon Musk teilt den Tweet eines rechtsextremen Accounts zur Seenotrettung
       > im Mittelmeer. Das Auswärtige Amt kontert – und Musk antwortet erneut.
       
 (IMG) Bild: Elon Musk wettert gegen Deutschlands Vorgehen bei der Seenotrettung
       
       „Ist dies der deutschen Öffentlichkeit bekannt?“ Mit dieser Frage teilte
       Unternehmer und [1][X-Eigner Elon Musk] am Freitag einen hetzerischen Post
       des rechtsextremen italienischen Accounts „Radio Genoa“. Der zeigte
       Videoaufnahmen von Helfer:innen, die Menschen aus dem Meer auf ein
       Rettungsschiff bringen. „Radio Genoa“ schrieb dazu: „Derzeit sind acht
       deutsche NGO-Schiffe im Mittelmeer unterwegs, um illegale Einwanderer
       einzusammeln, die in Italien ausgeladen werden sollen. Diese NGOs werden
       von der deutschen Regierung subventioniert. Hoffen wir, dass die AfD die
       Wahlen gewinnt, um diesen europäischen Selbstmord zu stoppen.“
       
       Rund 55 Millionen Mal wurde der Post vor allem wegen Musks Weiterleitung
       bis Sonntag angezeigt. Das Auswärtige Amt reagierte umgehend. „Ja, man
       nennt das Lebensrettung“, kommentierte das Ministerium die Frage Musks, ob
       die deutsche Öffentlichkeit davon wisse. Der ließ es dabei nicht bewenden:
       „Sie sind also tatsächlich stolz darauf“, entgegnete er. Er bezweifle, dass
       die deutsche Öffentlichkeit dies unterstützte. „Ist es nicht eine
       Verletzung der Souveränität Italiens, wenn Deutschland eine große Zahl
       illegaler Einwanderer auf italienischen Boden bringt? Das hat etwas von
       Invasion …“, so Musk.
       
       „Der Multimilliardär Musk hat sich mit Twitter Meinungsmacht gekauft. Jetzt
       greift er in deutsche Wahlkämpfe ein. Was sagt eigentlich die EU dazu?“,
       fragte der ehemalige CDU-Politiker Ruprecht Polenz auf X (vormals Twitter).
       
       In den Tagen zuvor war der Streit über staatliche deutsche Hilfszahlungen
       für Seenorettungsschiffe hochgekocht. Am Freitag hatte Italiens
       Außenminister Antonio Tajani von sieben NGO-Schiffen gesprochen, die am
       Donnerstag Richtung [2][Lampedusa] unterwegs gewesen seien – just nachdem
       Verhandlungen auf dem [3][EU-Innenminister-Gipfel] in Brüssel wegen des
       Konflikts um dieses Thema geplatzt waren. Tajani fragte, ob das „ein Zufall
       sein kann“ oder ob „jemand dahintersteckt“.
       
       Doch sowohl Tajani als auch „Radio Genoa“ stellten die Lage nicht korrekt
       dar. Tatsächlich sind von den bisher in diesem Jahr rund 133.000 an
       Italiens Küsten angekommenen Flüchtlingen und Migrant:innen nur rund 8
       Prozent von NGO-Schiffen nach Italien gebracht wurden.
       
       ## Bisher erhielt kein Schiff deutsche Staatshilfe
       
       Zur Zeit des Tweets von „Radio Genoa“ waren nicht sieben oder acht, sondern
       fünf von deutschen Vereinen betriebene Rettungsschiffe im zentralen
       Mittelmeer unterwegs: die „Louise Michel“, „Aurora“, „Nadir“ und „Trottamar
       III“, dazu die von den Behörden festgesetzte „Humanity 1“. Bisher erhielt
       kein Schiff deutsche Staatshilfe. Geplant sind Zahlungen an den Verein SOS
       Humanity, der die „Humanity 1“ betreibt. Ob das Geld tatsächlich fließt,
       ist aber offen. Zudem waren die Rettungsschiffe „ResqPeople“ (Italien),
       „Open Arms“ (Spanien), „Geo Barents“ (Niederlande) im zentralen Mittelmeer
       unterwegs.
       
       Etwa zur gleichen Zeit hatte das Segelschiff „Nadir“ des Hamburger Vereins
       Resqship 22 Menschen im zentralen Mittelmeer aus Seenot aufgenommen. Das
       Schiff steuerte den nächstgelegenen Hafen Lampedusa an, erhielt aber die
       Order der Behörden, Porto Empedocle anzusteuern – was etwa 215 Kilometer
       und nach Angaben von Resqship rund 40 Stunden zusätzliche Fahrt bedeutet.
       Dabei sei die Nadir als Segelschiff nicht dafür ausgelegt, eine große
       Anzahl an Menschen über längere Zeit zu transportieren.
       
       Bei Wellengang von bis zu 2,5 Metern sei eine solche Fahrt „höchst
       problematisch“, so Resqship. Seit Anfang des Jahres weist Italien private
       Rettungsschiffe rechtmäßig an, nach Rettungen weit entfernte Häfen
       anzusteuern. Weitere Rettungen sind in dieser Zeit verboten. Die NGOs
       klagen, dass sie auf diese Weise möglichst lange aus dem Einsatzgebiet
       ferngehalten werden sollen.
       
       Derweil war am Freitag auf einer Fähre von Lampedusa nach Porto Empedocle
       ein Feuer ausgebrochen. An Bord waren nach Angaben italienischer Medien
       auch 83 Flüchtlinge und Migrant:innen, die von Carabinieri und
       Mitarbeiter:innen des Roten Kreuzes von der Insel auf das Festland
       gebracht wurden. Verletzte gab es keine. Die Brandursache ist unklar, alle
       175 Passagiere wurden auf dem Meer von der Küstenwache aufgenommen und an
       Land gebracht.
       
       2 Oct 2023
       
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