# taz.de -- Hamburg blockiert Volksinitiativen: Digital könnte so viel besser sein
       
       > Bei Volksinitiativen will es Hamburg analog. Obwohl das gesetzlich anders
       > geregelt ist, sollen sie nur mit Zettel und Stift unterstützt werden
       > dürfen.
       
 (IMG) Bild: Viel Papier: Unterschriftenlisten der Hamburger Volksinitiative für verbindliche Bürgerbegehren
       
       HAMBURG taz | Von der [1][Digitalisierung hält der Hamburger Senat]
       eigentlich eine Menge. Und so wirbt er auch gerne in Sachen
       [2][Bürger:innenbeteiligung für seine Onlineangebote], bei denen
       sich doch bitte alle mit Ideen einbringen sollen. Nur wenn es um
       Volksinitiativen geht, die nicht nur nette Ratschläge geben, sondern gegen
       den Senatswillen Vorhaben und Gesetze erzwingen wollen, soll alles ganz wie
       im vordigitalen Zeitalter bleiben. Der Hamburger Senat verweigert
       Bürger:innen die Unterstützung für Volksinitiativen auf digitalem Weg –
       obwohl er dazu schon lange gesetzlich verpflichtet ist.
       
       Hamburg hat eine vergleichsweise weitgehende Volksgesetzgebung, bei der am
       Ende eines mehrstufigen Prozesses ein Bürgerentscheid steht, an den sich
       die Stadt halten muss. Bevor es dazu kommt, müssen die Volksinitiativen auf
       dem Weg dahin immer dicke Aktenordner im Hamburger Rathaus abgeben mit
       Tausenden Blatt Papier.
       
       Listen, auf denen Bürger:innen handschriftlich ihren Namen, Adresse und
       die Unterschrift gekritzelt haben und sich damit etwa [3][für die
       Enteignung von Wohnungsunternehmen], für mehr Bildungsgerechtigkeit oder
       aber auch für ein Genderverbot in der Hamburger Verwaltung aussprechen. Auf
       Marktplätzen, an U-Bahnhöfen oder bei Veranstaltungen haben
       Aktivist:innen die Unterschriften zuvor gesammelt.
       
       Doch schon seit 16 Jahren besteht der gesetzliche Anspruch, Unterschriften
       auch digital zu sammeln. Jedoch: „Die Entwicklung und Implementierung eines
       technischen Verfahrens ist bisher nicht erfolgt“, antwortete der Senat nun
       auf eine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Und mehr noch: Der Senat
       erklärte, dass er überhaupt kein Interesse daran hat, das jemals zu ändern.
       Es komme schließlich nicht so häufig vor, als dass sich der Aufwand lohne.
       „Ein technisches Verfahren sollte eine Nutzung über den temporären
       Einzelfall hinaus gewährleisten“, schreibt der Senat lapidar.
       
       ## Verfassungsgericht könnte einschreiten
       
       Nachgefragt hatte die CDU wegen der von ihr unterstützten
       [4][Volksinitiative, die ein Genderverbot in der Stadt durchsetzen will.]
       Die muss aller Voraussicht nach im nächsten Schritt zu einem Volksentscheid
       genau in den Hamburger Sommerferien im kommenden Jahr innerhalb von drei
       Wochen 65.000 Unterschriften sammeln. Nicht zu Unrecht befürchtet die
       Initiative, dass es scheitern könnte, weil viele potenzielle
       Unterstützer:innen im Urlaub sind. Auch zwei weiteren Initiativen
       könnte dieses Schicksal drohen.
       
       Doch so rückschrittlich die Initiative, die geschlechtergerechte Sprache
       verbieten will, inhaltlich ausgerichtet ist, so sehr könnte sie nun
       progressiven Initiativen und einer lebhafteren Demokratie in Hamburg zu
       einem Fortschritt verhelfen: Zumindest droht sie schon den Gang [5][vor das
       Hamburgische Verfassungsgericht] an – und dürfte gute Karten haben.
       
       Schließlich bestehe mit dem aktuellen Personalausweis im Kreditkartenformat
       die Möglichkeit, durch Scannen mit einer geeigneten App Dokumente
       elektronisch rechtssicher zu unterzeichnen. Und der Bund habe bereits eine
       entsprechende App entwickelt, die kostenlos nutzbar ist. Mit der
       [6][„AusweisApp2“ des Bundes] brauche Hamburg keine eigene zu entwickeln.
       
       Sollte es dazu kommen, kann sich der Senat bei der Initiative bedanken, ein
       eigenes Versprechen einzuhalten. Im aktuellen Koalitionsvertrag beteuern
       SPD und Grüne nämlich, „die Volkspetition mit der Möglichkeit einer
       Online-Petition auszustatten“.
       
       20 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Stockende-Digitalisierung-in-Hamburg/!5907472
 (DIR) [2] https://digital.hamburg.de/digitale-stadt/digitalstrategie/hamburg-10812
 (DIR) [3] /Volksinitiative-Hamburg-enteignet/!5945778
 (DIR) [4] /Gegen-Sternchen-und-Doppelpunkte/!5948799
 (DIR) [5] /Ruestungstransporte-im-Hamburger-Hafen/!5955074
 (DIR) [6] https://www.ausweisapp.bund.de/home
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
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