# taz.de -- Linker Verein gegen Naziklamotten: Das VTRLND in Antifa-Hand
       
       > Ein linker Verein sichert sich Markenrechte an Codes von Nazis. Die sind
       > für Rechtsextreme nicht nur ideologisch, sondern auch finanziell wichtig.
       
 (IMG) Bild: T-Shirts bei einem Rechtsrock-Festival
       
       BERLIN taz | In Deutschland machen viele Versandhändler Geld mit Kleidung,
       auf der Szene-Codes von Neonazis stehen. Sie machen Reizworte unkenntlich,
       etwa indem sie Vokale weglassen: [1][„I love Htlr“ auf Baby-Stramplern,
       „HKNKRZ“] (Hakenkreuz) auf T-Shirts oder „VTRLND“ (Vaterland) auf
       Pullovern.
       
       Damit wollen Antifaschist*innen eigentlich nichts zu tun haben. Aber
       der Verein Laut gegen Nazis erwirbt gerade die Markenrechte an Codes wie
       diesen für Pullover, T-Shirts und ähnliche Produkte. Das Ziel: Mit
       Abmahnungen die Händler nerven und ihr Geschäft stören.
       
       Bei einem Code hat das schon geklappt: VTRLND ist offiziell eine Marke von
       [2][Laut gegen Nazis]. Ab diesem Mittwoch schickt der Verein Abmahnungen an
       Neonazi-Shops raus.
       
       Wer die Rechte an den in der Szene beliebten Codes für Kleidung hat, kann
       anderen verbieten, solche zu verkaufen. Bisher waren sie markenrechtlich
       frei. Die Idee sei von der PR-Firma Jung von Matt gekommen, erzählt Jörn
       Menge, der Vorsitzende von Laut gegen Nazis. Jung von Matt steckt hinter
       vielen bekannten Werbespots. Die Agentur eckt oft an, so äußerte sich von
       Matt 2018 etwa dazu, nichts von einer [3][Work-Life-Balance zu halten].
       Jörn Menge ist aber sicher: „Die machen die Kampagne, weil ihnen das Thema
       wichtig ist.“
       
       ## „Wir setzen Nadelstiche“
       
       Menge ist seit bald zwanzig Jahren gegen Neonazis aktiv und erzählt: „Bei
       rechten Aufmärschen sieht man überall solche Kleidung. Es ist
       offensichtlich, dass die Vertriebe in der Szene [4][Erfolg haben].“ Sie
       würden so ihre Hetze in die bürgerliche Mitte tragen, ohne direkt
       aufzufallen. „Gleichzeitig zeigen Studien wie die Mitte-Studie, dass die
       Gesellschaft immer empfänglicher für menschenfeindliche Positionen wird“,
       sagt Menge. Auch der Wahlerfolg der AfD sorge ihn.
       
       Aber hilft das Markenrecht wirklich dabei, Neonazis am Verkauf zu hindern?
       Anwalt Niklas Plutte beschäftigt sich seit 13 Jahren mit dem Markenrecht.
       Er erklärt, grundsätzlich lassen sich Szene-Codes markenrechtlich sichern.
       Sie müssen lediglich geeignet sein, um Produkte von anderen eindeutig zu
       unterscheiden, und es müssen mehr als alltägliche Begriffe sein, die das
       Produkt beschreiben. Auch dann, wenn Laut gegen Nazis selbst keine Kleidung
       damit druckt und vertreibt, könnte der Verein für fünf Jahre andere
       abmahnen.
       
       Allerdings dürfen Marken nicht gegen die öffentliche Ordnung oder die guten
       Sitten verstoßen. Bei der Anmeldung von Neonazi-Codes eine echte Hürde, wie
       ein Mitarbeiter von Jung von Matt erzählt, der aus Sorge vor den Rechten
       nicht namentlich genannt werden möchte. Jung von Matt wollte die Abkürzung
       „HKNKRZ“. Das lehnte das Markenamt aber ab.
       
       Auch bei gängigen Zahlencodes der Neonaziszene wird es schwierig, bei denen
       Zahlen Buchstaben ersetzen. Dass 18 für AH, also Adolf Hitler steht, wissen
       auch die Markenämter. Ebenso 444 für DDD, „Deutschland den Deutschen“ oder
       14 für die „14 Words“. Dahinter steht ein Mantra, das ins Deutsche
       übersetzt aufruft, die Existenz „unseres“ Volkes und „weißer Kinder“ zu
       verteidigen.
       
       Markenrechtsanwalt Kilian Kost gibt darüber hinaus zu bedenken: Den
       Neonazis die Marken gezielt wegschnappen, könnte bei der Anmeldung ein
       Problem sein. Grundsätzlich glaubt er aber: „Es kann zum Ziel führen, wenn
       man Neonazi-Händlern das Leben schwer machen möchte.“
       
       Wer in solchen Fällen gegen Unterlassungserklärungen verstoße, müsse mit
       Strafen in mittlerer vierstelliger Höhe rechnen. Es sei aber wie immer im
       Recht, betont Kost: „Die konkreten Folgen hängen vom Einzelfall ab.“
       
       [5][Jörn Menge] sei klar, dass sie mit der Aktion nicht reihenweise
       Szene-Kleidung vom Markt nehmen. „Aber wir setzen Nadelstiche. Und zeigen,
       dass es Neonazis gibt, die viel Geld damit verdienen.“
       
       11 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Muschenich
       
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