# taz.de -- Macht der Konzerne: Macht kaputt, was euch kaputt macht
       
       > Immer mehr Länder bringen eine Zerschlagung von Tech-Konzernen ins Spiel.
       > Damit entsteht eine Chance, die genutzt werden sollte.
       
 (IMG) Bild: Zerschlagung der zunehmenden Machtkonzentration von Tech-Konzernen
       
       Gefährlich aussehende Protagonist:innen mit scharfem Gebiss und spitzen
       Klauen sieht man an Halloween sehr oft. Die Novelle des Gesetzes gegen
       Wettbewerbsbeschränkungen trat trotzdem nicht an diesem Feiertag, sondern
       Anfang November in Kraft. Und das, obwohl Wirtschaftsminister Robert Habeck
       doch ausdrücklich [1][„Klauen und Zähne“ gefordert hatte] für das neue
       Kartellrecht – auch wenn es das Vorhandensein von beidem erst noch unter
       Beweis stellen muss.
       
       Das, was da an Scharfem und Spitzem und Zubeißendem drin sein soll, ist
       etwas, das vor allem bei großen Konzernen für Unruhe sorgen könnte:
       Entflechtung oder, für alle, die das Wort lieber mögen: Zerschlagung. Und
       zwar mit deutlich niedrigeren Hürden, als es das alte Recht vorsah. Huch?
       Zerschlagung? In Deutschland, wo doch Wirtschaftsstandort und Arbeitsplätze
       ganz oben stehen auf der Liste von gewichtigen Argumenten, um Unternehmen
       möglichst sanft zu behandeln?
       
       Nun, was da los ist: In den vergangenen Jahren sind einige wenige Konzerne
       immer mächtiger geworden – [2][und immer schwieriger zu regulieren.] Allen
       voran sind das Tech-Konzerne wie Amazon, Meta oder Airbnb. Das liegt unter
       anderem daran, dass sich bei digitalen Geschäftsmodellen so elegant Dinge
       von einem Land ins andere verschieben lassen, dorthin, wo gerade die
       politischen Rahmenbedingungen günstig sind. Oder die Steuern. Oder beides.
       Es liegt auch daran, dass im Digitalen bestimmte Effekte die Monopolbildung
       begünstigen. Zum Beispiel der Netzwerkeffekt, von dem auch Amazon
       profitiert: Ein breites Angebot auf der Plattform zieht viele Kund:innen
       an. Und wo viel potenzielle Kundschaft unterwegs ist, kommen gerne neue
       Händler:innen dazu.
       
       Dass diese zunehmende Machtkonzentration nicht nur Vorteile hat, spricht
       sich international immer weiter herum: So hat Anfang Oktober die britische
       Medienaufsicht Ofcom das dortige Kartellamt beauftragt, die Dominanz von
       Amazon und Microsoft auf dem Cloud-Markt unter die Lupe zu nehmen. In den
       USA hat die Aufsichtsbehörde Federal Trade Commission im September eine
       lang erwartete Kartellklage gegen Amazon eingereicht. 17
       Generalstaatsanwält:innen der Bundesstaaten haben sich ihr
       angeschlossen. Auch hier könnte am Ende des Prozesses das Z-Wort stehen.
       
       Selbst die EU hat mittlerweile entdeckt, dass man zum Einhegen von
       Konzernen vielleicht etwas mehr machen könnte, als bei einem mutmaßlichen
       Verstoß einige Jahre zu prüfen, sich dann einige weitere Jahre um das
       Ergebnis der Prüfung vor Gericht zu streiten und dann, wenn die Technologie
       längst weiter ist, ein halbgares Einlenken zu bekommen. Mit dem Digital
       Markets Act werden Konzerne Schritt für Schritt mehr reguliert. Wenn alle
       anderen Maßnahmen nichts helfen sollten, steht auch hier als letztes
       Mittel: Zerschlagung.
       
       Doch in Deutschland war über die problematische Machtkonzentration
       supranationaler Konzerne noch ein weiterer Faktor nötig: Der Angriffskrieg
       gegen die Ukraine und die daraus resultierenden umstrittenen
       Marktpraktiken, etwa im Energiesektor. Die Spritpreise stiegen plötzlich
       und schnell und auf einmal schien die Idee, da etwas Schärferes gegen die
       Mineralökonzerne zu haben als die bis dato vorhandenen Instrumente, eine
       gute Idee.
       
       Nun ist es bei all diesen Verfahren von USA bis Deutschland allerdings so:
       Die Entflechtungs-Option wirkt auf zwei Arten. Sie ist gleichermaßen
       Instrument zur Verbesserung der Wettbewerbssituation wie Drohung. Und eine
       Drohung funktioniert nur, wenn ihre Umsetzung einigermaßen realistisch ist.
       Eine einzelne deutsche Behörde mag da Kompetenzen haben – doch wenn etwa
       die US-Behörden blocken, ist eine Umsetzung schwierig. Daher gilt es nun,
       das Momentum zu nutzen. Gemeinsam können die Wettberwerbshüter:innen
       stark sein. Und das müssen sie auch. Denn Klauen und Zähne – die
       Tech-Konzerne selbst haben sie schon lange.
       
       13 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/wettbewerbsrecht-habeck-101.html
 (DIR) [2] /Neue-EU-Regeln-fuer-Tech-Giganten/!5955996
       
       ## AUTOREN
       
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