# taz.de -- Querdenker*innen-Demo in Hamburg: Antisemitische Narrative
       
       > Die Verschwörungstheorien der Querdenker*innen sind antisemitisch
       > konnotiert. Nun fordern sie einen „freien Staat Palästina“.
       
 (IMG) Bild: Da haben sich zwei gefunden: Querdenken-Gründer Michael Ballweg (links) und Björn Banane im April
       
       Am Samstag soll in der Hamburger Innenstadt die Demonstration „Frieden,
       Freiheit, Selbstbestimmung“ stattfinden. Den Auftakt plant das „Bürger
       Bündnis Hamburg – Wir stehen auf“ an der Kunsthalle. Die
       Organisator:innen kommen aus dem Querdenken-Milieu. Sie wollen die
       Proteste gegen die staatlichen Pandemie-Maßnahmen weiterführen. In
       Telegram-Kanälen werben sie auch gleich mit einem ihrer Szenestars, dem
       „Friedensaktivist & Musiker“ Björn Winter alias Björn Banane. Ein Thema
       greifen sie neu auf: den [1][Nahostkonflikt].
       
       In den vergangenen Monaten sind Querdenkende schon anlässlich des
       [2][Angriffskriegs Russland gegen die Ukraine] auf die Straße gegangen. In
       der Hansestadt fordern sie nun erneut den „Stopp der Waffenlieferung“ und
       die „Aufhebung der Sanktionen gegen Russland“. Der pro-russische Sound ließ
       sie wieder zusammen mit [3][Reichsbewegten] und Rechtsextremen
       demonstrieren.
       
       Nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober erfolgte aus dem
       Querdenken-Milieu bei den Friedensbekundungen keine in der breiten
       Öffentlichkeit bemerkbare Erklärung. Während viele Menschen nach den
       Bildern vom Angriff und den Entführungen entsetzt waren, gab es aus diesem
       Milieu keine Äußerung – bis jetzt: Im Aufruf des Bündnisses finden sich
       unter den weiteren Forderungen wie „Erhalt des Bargeldes“ und Stopp der
       „Klima- und Energiepolitik“ nun auch die Forderung „Für einen freien Staat
       Palästina“. Die Wortwahl legt nahe, dass von einer Besatzung ausgegangen
       wird. Die Nichterwähnung von Israel und einer Zweistaatenlösung könnte
       andeuten, dass das Existenzrecht des jüdischen Staates nicht anerkannt
       wird.
       
       Im Kanal des Bündnisses auf dem Instant-Messaging-Dienst Telegram werden
       „die zehn dümmsten Argumente“ aufgelistet, mit denen „wir von den Medien
       gefüttert“ würden, „um Israels Krieg gegen den Gaza zu rechtfertigen“. So
       listen sie auf, dass Israel von der Planung der Hamas gewusst haben müsse
       und kritisieren, dass die Schuld „für all die Todesopfer“ durch
       „israelische Waffen“ allein der Hamas zugeschrieben werde. Sie führen
       weiter an, dass in dem „Freiluftgefängnis“ die Anfeindung Israels nicht
       wegen der „Religion des Judentums“ entstünde, sondern durch die „Detonation
       Tausender Bomben“ und „Washington“ nicht machtlos sei, „diesen Völkermord
       zu stoppen“.
       
       Diese Positionierung verwundert in einem Milieu, in dem
       Verschwörungsnarrative bestimmend sind, kaum. Die antisemitische
       Konnotation dieser Narrative dürfte diese einseitige Kritik mitbegründen.
       Sowohl auf Veranstaltungen als auch in den Telegram-Kanälen machten
       Querdenkende immer wieder ‚jüdische Machenschaften‘ aus.
       
       In diesen Narrativen, erklärt die Stiftung gegen Rassismus und
       Antisemitismus, wird der Gründer von Microsoft, [4][Bill Gates], der die
       Entstehung einer angeblichen „New World Order“ (NWO) mit vorantreibe, als
       jüdisch bezeichnet, obwohl er gar nicht aus einer jüdischen Familie stammt.
       Beim Investor George Soros werden dessen jüdische Wurzeln betont und ihm
       ebenso unterstellt, dass er die NWO antreibe.
       
       Den Staat Israel setzte Querdenken-Protagonist Sucharit Bhakdi nicht bloß
       wegen dessen Pandemiemaßnahmen mit dem nationalsozialistischen Deutschland
       gleich. Der Facharzt, der in der Szene zu den Helden gehört, behauptete
       gar, Israel sei die „lebende Hölle“. Eine Sekundärauswertung der Leipziger
       Autoritarismus-Studie stellte schon 2021 fest, dass die Zustimmungswerte zu
       den Holocaust relativierenden und Israel dämonisierenden Items diese
       „‚Kritik‘ antreibt“.
       
       Björn Banane schließlich, der einst Lieder wie „Biergit“ und „Wir
       paarschüppen“ am Ballermann sang und heute Lieder wie „Impfschaden“ und
       „Auf die Straße“ vorträgt, verglich sich mit den jüdischen Opfern des
       Nationalsozialismus – weil er ein Attest zur Maskenbefreiung zeigen musste.
       
       16 Nov 2023
       
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