# taz.de -- 'Ndrangheta-Prozess in Kalabrien: Mafia-Bekämpfung all'italiana
       
       > In Süditalien endet ein historischer Prozess gegen die Mafia und deren
       > Helfer in Politik und Polizei. Wann geht auch Deutschland gegen die Mafia
       > vor?
       
 (IMG) Bild: Beamte und Anwälte bei der Urteilsverkündung beim Mafia-Prozess in Lamezia Terme am 20. November
       
       Es ist ein historischer Prozess, der in Kalabrien zu Ende gegangen ist: das
       Verfahren „Rinascita Scott“ gegen 479 Beschuldigte. Teils wurden lange
       Haftstrafen gegen Mitglieder der kalabrischen Mafia und deren
       Kollaborateure verhängt.
       
       [1][Der Prozess hat Signalwirkung]. Nicht nur wegen der Gerichtssäle, die
       extra umgebaut wurden, um für die enorme Zahl an Beteiligten Platz zu
       schaffen. Sondern auch und vor allem, weil er sich nicht nur auf die
       direkten Angehörigen der Mafia-Organisation ’Ndrangheta konzentriert und
       auch Personen aus Politik, Verwaltung und White-Collar-Bereichen auf die
       Anklagebank zitiert wurden. Sie sind die Gesichter der Grauzone, aus der
       sich Mafia-Organisationen für ihre schmutzigen Geschäfte bedienen und deren
       Mangel an Integrität dem organisierten Verbrechen Luft zum Atmen und Raum
       zum Wachsen gibt.
       
       Wie zu erwarten war, gab es auch einige Freisprüche, vor allem gegen
       beschuldigte Kommunalpolitiker. Doch im Kern bestätigen die Urteile die
       Anklage. Die Bosse der Clans aus Vibo Valentia müssen bis zu 30 Jahre in
       Haft. Der aufsehenerregende Fall des Politikers Giancarlo Pittelli von der
       [2][Berlusconi-Partei] Forza Italia endete mit elf Jahren Haft. Auch gegen
       Ermittlungsbeamte, die mit der Mafia kooperierten, verhängte das Gericht
       Haftstrafen.
       
       Solche Schuldsprüche sind in Deutschland unbekannt. Dabei betont Nicola
       Gratteri, der hier die Anklage führte und die ’Ndrangheta wie kaum ein
       Zweiter kennt, immer wieder, wie wichtig die Bundesrepublik für die
       ’Ndrangheta ist.
       
       2018 sprach er von mehr als 3.000 Angehörigen verschiedener
       ’Nndrangheta-Clans in Deutschland. Das BKA nennt auf eine Anfrage von
       [3][„Mafianeindanke“] eine neue Rekordzahl für 2022: 1.003 Mafiosi leben
       demzufolge im Land. Das entspricht einer Verdopplung in nicht einmal zehn
       Jahren.
       
       In Kalabrien wurde die Urteilsverkündung des historischen Mafia-Prozesses
       live gestreamt. Dort wird die schmutzige Wäsche nicht im Privaten
       gewaschen, es wird aufgeräumt. Und in Deutschland?
       
       21 Nov 2023
       
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