# taz.de -- Oligarchen-Geld für Journalisten: Sponsored by Russia > Der Journalist Hubert Seipel ließ immer auch russische Stimmen zu Wort > kommen. Nun kam heraus: Er bekam von einem Oligarchen hunderttausende > Euro. (IMG) Bild: Der Journalist Hubert Seipel bei der ARD-Talksendung „Günther Jauch“ im Jahr 2014 Im Januar 2014 platzte Hubert Seipel der Kragen. Zum x-ten Mal hatte Günther Jauch ausrichten lassen, er wünsche für seine Sendung andere Ausschnitte aus dem weltweit ersten TV-Interview mit dem [1][Whistleblower Edward Snowden]. Jauch moderierte damals den Sonntagabendtalk im Ersten. Seipels Gespräch mit dem nach Russland geflüchteten Snowden sollte dort diskutiert werden. Das Interview hatte Seipel herangeschafft – mit seinen guten und immer etwas geheimnisumwitterten Kontakten nach Russland. „Wenn die noch mal anrufen, zieh ich das Ganze zurück“, motzte Seipel damals in der Redaktion des [2][NDR]-Medienmagazins „Zapp“. (Offenlegung: ich habe damals bei „Zapp“ gearbeitet.) So weit kam es nicht. Seipel wurde für sein Interview später mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Jetzt hat der NDR alle Filme von Seipel aus der Mediathek entfernt. Der Verlag Hoffmann und Campe, in dem Seipels Bücher „Putin. Innenansichten einer Macht“ (2015) und „Putins Macht. Warum Europa Russland braucht“ (2021) erschienen sind, hat deren Verkauf gestoppt. Denn nach Angaben des Rechercheprojekts „Cyprus Confidential“ des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) und von Paper Trail Media soll Seipel [3][rund 600.000 Euro aus dem Umfeld des Putin-nahen Oligarchen Alexei Mordaschow] erhalten haben. ## Absurde Differenzierung Seipel bestätigt zwar nicht die Summe. Aber er gibt zu, dass beim zweiten Buch Geld geflossen ist, angeblich zur Unterstützung seiner Recherchen. Seine Filme und seine sonstige Arbeit seien davon nicht betroffen, er ziehe da klare Grenzen, ließ Seipel mitteilen. Sein oft als prorussisch bzw. pro Putin verstandener Ansatz, die russische Seite zu Wort kommen zu lassen, war schon immer umstritten. Jetzt erscheint er durch die Zahlungen in einem anderen Licht, egal was Seipel beteuert. Glaubhaft ist das nicht. Woher kommt diese Hybris zu glauben, mit dieser absurden Differenzierung durchzukommen? Der lupenreine Journalist Seipel hat sich komplett aus der Umlaufbahn geschossen. „Na ja, oder sich auf eine andere Bahn bewegt?“, meint die Mitbewohnerin. „Die Bücher können doch mit einem Aufkleber ‚Sponsored by Russia‘ weiterverkauft werden. Dann tanzt die Kuh Kasatschok auf dem Eis.“ Der NDR und Hoffmann und Campe wussten nach eigenen Aussagen von nichts und prüfen rechtliche Schritte. Das ist die eine Seite. Doch journalistisch und menschlich stellen sich größere Fragen. Wie kann jemand, der die Werte der investigativen Recherche hochhielt, so abstürzen? Die Parallelen zu Patricia Schlesinger beim RBB sind offensichtlich. Ist auch ihm beim Umgang mit der Macht der Übermut zu Kopf gestiegen? Oder hat uns Seipel all die Jahre etwas vorgespielt? Wenn er jetzt ins russische Exil geht, kann ihn ja Edward Snowden zu seinen Motiven befragen. 17 Nov 2023 ## LINKS (DIR) [1] /Gesetz-zum-Schutz-von-Hinweisgebern/!5939913 (DIR) [2] /Skandal-ums-Kieler-Landesfunkhaus/!5875220 (DIR) [3] /Stahlmagnat-Alexei-Mordaschow/!5973397 ## AUTOREN (DIR) Steffen Grimberg ## TAGS (DIR) Kolumne Flimmern und Rauschen (DIR) Oligarchen (DIR) Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk (DIR) Russland (DIR) Wladimir Putin (DIR) Julian Reichelt (DIR) Weihnachtsmarkt (DIR) Kolumne Flimmern und Rauschen (DIR) Karola Wille (DIR) Radio ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Holger Friedrich und Pressefreiheit: Er checkt's nicht mehr „Berliner Zeitung“-Verleger Holger Friedrich verpfiff Julian Reichelt und fiel einem Autor in den Rücken. Journalistische Standards nerven ihn wohl. (DIR) Last Christmas und Gema: Keine Gnade für Weihnachtsmärkte Jahrelang sollen Weihnachtsmärkte die Gema beschummelt haben, darum sollen Gebühren steigen. Hits wie „Last Christmas“ zu spielen wird nun richtig teuer. (DIR) Rudolf Augsteins 100. Geburtstag: Wenn Döpfner Augstein liest Vergangene Woche wäre Rudolf Augstein 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass legt sich Mathias Döpfner ein paar seiner Zitate zurecht. (DIR) Ex-MDR Intendantin Karola Wille: Meerschweinchen und Vorsitzende Die MDR-Intendantin wurde diese Woche offiziell verabschiedet. Der „fleißigen Wille“ wurden in der Intendanz einige Brocken in den Weg gelegt. (DIR) Ode ans Radio: Radio hat Geburtstag, tralalalala! Das Radio feiert seinen 100. Geburtstag. Es kann nebenbei gehört werden, Hauptprogramm, politisches Instrument oder stumpfe Unterhaltung sein.