# taz.de -- Hamas-Attentat in Jerusalem: Schüsse an einer Bushaltestelle
       
       > In Jerusalem sterben bei einem Hamas-Attentat drei Menschen. Die Tat
       > verleiht Kräften in Israel Aufwind, die eine Bewaffnung von Zivilisten
       > fordern.
       
 (IMG) Bild: Ultraorthodoxe jüdische Männer nehmen am Donnerstag in Jerusalem Abschied von Rabbi Elimelech Wasserman
       
       BERLIN taz | Mitten in der Feuerpause im Gazastreifen, die bis mindestens
       Freitagmorgen gelten sollte, hat die Hamas am Donnerstag einen
       Terrorangriff in Jerusalem für sich beansprucht. Zwei Bewaffnete hatten am
       Morgen an einer Hauptverkehrsstraße am Rande der Stadt das Feuer eröffnet
       und drei Menschen getötet. Die Terrororganisation sprach von einer
       „Antwort“ auf den Krieg in Gaza und rief zu einer weiteren „Eskalation des
       Widerstands“ auf.
       
       Laut Polizei fuhren die Angreifer, zwei palästinensische Brüder aus
       Ost-Jerusalem, mit Handfeuerwaffen und Sturmgewehren bewaffnet auf eine
       Bushaltestelle zu und schossen.
       
       Zwei zufällig anwesende israelische Soldaten, die nicht im Dienst waren,
       und ein Zivilist schossen zurück und töteten beide Angreifer. Bei dem
       Angriff wurden weitere sechs Personen verletzt, teils schwer.
       
       Bei den israelischen Todesopfern, die alle aus Israels ultra-orthodoxer
       jüdischer Gemeinschaft stammten, handelt es sich um offenbar willkürlich
       ausgewählte Zivilist*innen: Neben einer 24-Jährigen und einem 64-Jährigen
       wurde auch der Rabbi Elimelech Wasserman getötet. Der 73-Jährige war als
       Richter am religiösen Gericht in Aschdod tätig. Er war einer der ältesten
       Richter Israels.
       
       ## 600 zivile Bürgerwehren bewaffnet
       
       Laut israelischem Inlandsgeheimdienst waren die beiden Angreifer
       Hamas-Mitglieder, die in der Vergangenheit bereits wegen terroristischer
       Aktivitäten in Israel inhaftiert waren. Dies dürfte den Kritiker*innen
       des laufenden Übereinkommens zwischen Israel und der Hamas Aufwind geben,
       die monieren, dass der Deal im Gegenzug zur Freilassung von israelischen
       Geiseln aus Gaza [1][die Freilassung von palästinensischen Gefangenen]
       vorsieht. Dies gefährde die Sicherheit.
       
       Der Anschlag am Donnerstag zeigt, dass die Befürchtung nicht von der Hand
       zu weisen ist. Den bis Donnerstagnachmittag 210 freigelassenen
       palästinensischen Häftlingen werden unter anderem Messerattacken,
       Brandstiftung und Angriffe mit Brandbomben oder Steinen vorgeworfen.
       Allerdings wurden nicht alle verurteilt, bei vielen handelt es sich um
       Sicherheitshäftlinge, die ohne Anklage und Prozess in israelischen
       Gefängnissen saßen.
       
       Der Terrorangriff vom Donnerstag verleiht auch Stimmen in Israel Nachdruck,
       die eine stärkere Bewaffnung von Zivilist*innen fordern. Regierungschef
       Benjamin Netanjahu kündigte nach dem Anschlag an: „Ich werde die Verteilung
       von Waffen an die Zivilbevölkerung weiter ausbauen, denn diese Maßnahme hat
       sich im Kampf gegen mörderischen Terrorismus immer wieder bewährt.“ Er
       lobte „die schnelle Reaktion von zwei Soldaten und einem Zivilisten, die
       die Terroristen ausschalteten“.
       
       Laut israelischen Medien wurden in den drei Wochen nach dem Hamas-Massaker
       am 7. Oktober auf Betreiben des Ministers für Nationale Sicherheit, Itamar
       Ben-Gvir, rund 600 zivile Bürgerwehren neu aufgestellt und bewaffnet. Diese
       stünden unter Aufsicht der israelischen Polizei. Ziel ist es nach Angaben
       von Shimon Lavi, Koordinator in dieser Angelegenheit in Ben-Gvirs
       Ministerium, insgesamt 1.800 Bürgerwehren zu gründen.
       
       Die Bewaffnung von Bürgerwehren, die es schon vor dem 7. Oktober gab,
       unterscheidet sich von der Bewaffnung von Individuen, die parallel dazu
       hochgefahren wird. Ben-Gvirs Ministerium hat seit Jahresbeginn zusätzlich
       rund 30.000 Waffenlizenzen an Einzelpersonen vergeben. Einem Bericht der
       Zeitung Haaretz zufolge sind dies doppelt so viele wie im gesamten Jahr
       2022.
       
       Neben Ben-Gvir ist es vor allem Finanzminister Bezalel Smotrich, der die
       Bewaffnung von Zivilist*innen vorantreibt. Anfang der Woche hatte er
       eine umstrittene Haushaltsänderung durchgesetzt und damit unter anderem
       hohe Geldsummen freigegeben für eine „Verstärkung der Sicherheit“ von
       israelischen Siedlungen im Westjordanland, wie es in lokalen Medien hieß.
       Smotrich selbst sprach von „Budgets für Sicherheitsbedürfnisse“, mit denen
       [2][Medienberichten zufolge] die Ausrüstung von Bürgerwehren und „zivilen
       Krisenreaktionsteams“ finanziert werden soll.
       
       30 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Palaestinensische-Haeftlinge/!5975573
 (DIR) [2] https://www.timesofisrael.com/amid-fierce-opposition-from-gantz-and-barkat-cabinet-set-to-unfreeze-coalition-funds
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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