# taz.de -- Kongo im Wahlkampf: Viel Schall, viel Rauch
       
       > Am 20. Dezember will Oppositionschef Moise Katumbi Kongos Präsident Felix
       > Tshisekedi schlagen. Eindrücke vom Wahlkampfendspurt aus der Stadt Goma.
       
 (IMG) Bild: Stehen im Regen, aber laut T-Shirts „nie mehr allein“: Wartende bei Präsident Tshisekedis Wahlkampfauftritt in Goma, 10. Dezember
       
       GOMA taz | Vor den Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo ist
       [1][Goma, Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu] im Osten des Landes, in
       mehreren Hinsichten Kampfgebiet. Die Kandidaten für die vier Wahlebenen –
       Präsident, Parlament, Provinz und Kommunen – wetteifern um die Gunst der
       Wähler der Millionenstadt mit Diskursen, die nicht immer von Höflichkeit
       und Wohlwollen zeugen. Der Wahlprozess insgesamt steht im Schatten des
       Krieges der Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März), die nach
       UN-Angaben vom Nachbarland Ruanda unterstützt wird.
       
       Von den [2][26 Präsidentschaftskandidaten] haben weniger als die Hälfte es
       im Wahlkampf, der an diesem 18. Dezember endet, bis nach Goma geschafft. Wo
       Menschen über die Wahlen diskutieren, ist eine deutliche Polarisierung
       festzustellen: Entweder man ist für den aktuellen Präsidenten [3][Felix
       Tshisekedi] oder für den ehemaligen Katanga-Gouverneur und Unternehmer
       [4][Moise Katumbi]. Es ist, als ob die anderen Kandidaten gar nicht
       existieren.
       
       Städtische Jugendliche neigen zu Katumbi, der als Kandidat des Wandels
       auftritt. Landesweit ist das überall dort zu beobachten, wo man sich von
       der Tshisekedi-Staatsmacht schlecht „bedient“ fühlt.
       
       Zuneigung zu Felix Tshisekedi findet sich eher in ländlichen Gebieten und
       unter älteren Wählern, bei denen sein nationalistischer Diskurs mehr
       Anklang findet. Ethnische Führer mobilisieren ihre Gemeinschaften und
       Provinzen für Tshisekedi mit dem Argument, er habe sie in seiner Regierung
       gut berücksichtigt und das solle so bleiben.
       
       ## „Schenkt mir euer Vertrauen“
       
       Auf Distanz zu Tshisekedi geht in Medien und Sonntagspredigen die
       einflussreiche katholische Kirche. So sagte der langjährige Bischof von
       Butembo-Beni in Nord-Kivu, Melchisedech Paluku Sikuli, einer der
       bekanntesten Kirchenführer Ostkongos: „Der Präsident, der die Wiederwahl
       sucht, war hier. Ihr habt ihn gehört. Was hat er Neues gesagt? Ich habe ihm
       zugehört, er hat nur Versprechen gemacht, die er bisher nicht gehalten
       hat.“
       
       In ihren Wahlkampfreden verteidigen die Kandidaten der Regierungsparteien
       die Bilanz der vergangenen fünf Jahre: kostenlose Grundschulbildung, Reform
       der Hochschulbildung, Kampf gegen Betrug im Bergbau. Auch die M23-Rebellen
       finden Erwähnung. „Ich brauche euch am 20. Dezember, damit wir den Kampf um
       die Befreiung unseres Landes fortsetzen“, rief Tshisekedi in Goma. „Ich
       verspreche euch, dass dieser Kampf weitergeht, und wir werden unser Land
       von den M23-Terroristen entledigen, die ihr Führer Paul Kagame hergebracht
       hat“ – Kagame ist Ruandas Präsident.
       
       „Schenkt mir euer Vertrauen und ich schenke euch die totale Befreiung!“,
       rief Tshisekedi. Er versprach auch kostenlose Oberschulbildung, ohne zu
       sagen, wie er das erreichen will. Das entspricht dem Vorwurf seiner Gegner,
       der Präsident sei ein „Spezialist für unhaltbarer Versprechungen“.
       
       Ein weiteres Wahlkampfthema ist das Phänomen „wazalendo“. Die jungen
       „patriotischen“ Milizen aus lokalen bewaffneten Gruppen, die den Vormarsch
       der M23 aufhalten sollen, werden als Teil der Lösung des
       Sicherheitsproblems präsentiert. Manche Kandidaten aus dem Tshisekedi-Lager
       scheuen sich nicht, selbst als „wazalendo“ aufzutreten.
       
       Die Opposition hingegen wertet die Bilanz der aktuellen Regierung ab. Moise
       Katumbi verspricht, er werde innerhalb weniger Monate das
       Sicherheitsproblem im Osten lösen, und sagt, der scheidende Präsident
       „jammert“, statt zu handeln. So kämpfe die Armee mit veraltetem Material.
       „Diese kleinen Suchoi-Jets aus den 1980er Jahren, sind das Kampfjets? Ich
       bringe euch F16! Wer angreift, wird angegriffen.“ Aber seine Gegner stellen
       Katumbi als Marionette des Westens dar. Sein jüdischer Vater oder die
       burundische Herkunft seiner Ehefrau werden ihm vorgehalten.
       
       ## Konkrete Aussagen sind Mangelware
       
       Etienne Kambale von der in der Wählerbildung aktiven Stiftung „Ansichten
       junger Afrikaner für Entwicklung“ zieht ein kritisches Fazit des
       Wahlkampfes. „Die Kandidaten erklären nicht, wie sie konkret zur
       Verbesserung der Lebensumstände der Bevölkerung beitragen wollen“, sagt er.
       
       Ähnlich Rodrigue Bulambo vom „Netzwerk für organisatorische Innovation“:
       „Statt zu sagen, was sie für die Bevölkerung tun wollen, wenn sie gewählt
       sind, werben die Kandidaten mit ihrer ethnischen Zugehörigkeit um Stimmen“.
       Dies betrifft insbesondere die Wahlkämpfe auf Provinz- und Gemeindeebene.
       
       Zur Frage, ob die Wahlen am 20. Dezember überhaupt geordnet stattfinden,
       versucht [5][die Wahlkommission Ceni], Beruhigung zu verbreiten. Viele
       Wählerkarten, die vor Monaten ausgestellt wurden, sind mittlerweile
       unlesbar – aber die Wähler sollen trotzdem dort erscheinen, wo sie
       registriert wurden, erklärte die Ceni. In den dichtbesiedelten ländlichen
       Distrikten Masisi und Rutshuru rings um Goma gab es wegen des Krieges aber
       gar keine Wählerregistrierung, und so wird dort gar nicht gewählt werden
       können.
       
       18 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Krieg-und-Angst-im-Kongo/!5917109
 (DIR) [2] https://www.studiohirondellerdc.org/les-26-candidats-en-lice-pour-la-presidentielle-en-rdc
 (DIR) [3] https://www.instagram.com/fatshi_news/?hl=de
 (DIR) [4] https://twitter.com/moise_katumbi
 (DIR) [5] https://twitter.com/cenirdc
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jacques Vagheni
       
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