# taz.de -- Kongos Wahlkampf in heißer Phase: Das Land schwitzt
       
       > Präsident Tshisekedi setzt Auftritte nach Toten bei Kundgebung aus. Sorge
       > vor Wahlfälschung und Gewalt nimmt zu.
       
 (IMG) Bild: Misstrauisches Beäugen: Polizisten und Katumbi-Fans auf Wahlkampfrally in Goma, 23. November
       
       BERLIN taz | Die heiße Phase des Wahlkampfs in der Demokratischen Republik
       Kongo ist in vollem Gange, und sie fordert Opfer. Präsident Felix
       Tshisekedi [1][setzte am Samstagabend seinen Wahlkampf für drei Tage aus],
       nachdem kurz zuvor im Rahmen seiner Wahlkundgebung im Sportstadion der
       westkongolesischen Stadt Mbanza-Ngungu sechs bis acht Menschen zu Tode
       kamen. „Die Leute drängelten sich, um das Stadion zu verlassen, und das
       Schlimmste trat ein“, berichtete ein lokaler Journalist.
       
       Der Vorfall ereignete sich, während Spekulationen um eine Verschiebung oder
       Absage der für den 20. Dezember angesetzten Parlaments- und
       Präsidentschaftswahl immer lauter werden. Die vorzeitige [2][Abreise der
       EU-Wahlbeobachter] vergangene Woche sowie zunehmende [3][Kritik an der
       Wahlkommission] nähren dies. Hintergrund ist die Sorge, dass die
       Wahlkommission CENI, wenn man sie lässt, diese Wahlen ebenso massiv
       fälschen könnte wie die von 2018.
       
       Damals hatte sie in Nachfolge des damaligen Präsidenten Joseph Kabila, der
       nicht wieder antrat, zur allgemeinen Überraschung den Oppositionspolitiker
       [4][Felix Tshisekedi] zum Sieger ausgerufen, während alle unabhängigen
       Zahlen den von einem breiten Bündnis unterstützten Oppositionellen
       [5][Martin Fayulu] als Gewinner sahen.
       
       Nun sucht Tshisekedi den Wahlsieg aus eigener Kraft. Sein Hauptgegner ist
       diesmal der langjährige Oppositionsführer [6][Moise Katumbi], schwerreicher
       und dynamischer Unternehmer, ehemaliger Gouverneur der Bergbauregion
       Katanga und jahrelang politischer Hauptgegner von Kabila. Katumbi war 2018
       aus den Wahlen ausgeschlossen worden und förderte stattdessen Fayulu. Seine
       Hoffnung, diesmal könne er anstelle Fayulus als gemeinsamer
       Oppositionskandidat auftreten, hat sich allerdings zerschlagen: Fayulu
       kandidiert erneut. Als weiterer Oppositionskandidat von Bedeutung gilt
       Friedensnobelpreisträger [7][Denis Mukwege].
       
       ## Wer ist der größte Patriot?
       
       Im Kontext des Krieges gegen die von Ruanda unterstützte Rebellenbewegung
       [8][M23 (Bewegung des 23. März)] im Osten des Landes wetteifern alle
       Kandidaten darum, patriotischer aufzutreten als die anderen. Jeder
       behauptet, nur er könne den Krieg beenden.
       
       Tshisekedi, der paramilitärische [9][„patriotische“ Jugendmilizen] gegen
       die M23 aufgestellt hat, nannte seine Kontrahenten am 25. November auf
       einer Kundgebung im nordkongolesischen Gemena pauschal „Kandidaten des
       Auslands“ – eine Anspielung darauf, dass Mukwege und Katumbi beide in der
       EU und den USA große Sympathien genießen.
       
       Fayulu bezeichnet sich derweil als den einzig wahren Patrioten: Tshisekedi
       habe „die Macht gestohlen und wir akzeptieren keine Verräter in diesem
       Land“, rief er auf seiner Kundgebung im ostkongolesischen Goma am 30.
       November. Fayulu wird im Wahlkampf vom Staat aber weitgehend in Ruhe
       gelassen, denn er gilt als ungefährlich.
       
       Ganz anders Katumbi, auf den der Staatsapparat sehr empfindlich reagiert.
       Mehrmals wurden seine Mitarbeiter in den vergangenen Monaten verhaftet oder
       gar getötet. Als Katumbi am 28. November in der ostkongolesischen Stadt
       Kindu auftrat, Hauptstadt der vom Tshisekedi-Lager regierten Provinz
       Maniema, überfielen Angreifer mit Sturmgewehren und Macheten seinen
       Wahlkampfkonvoi und töteten seinen lokalen Jugendorganisator.
       
       Die Konfrontation könnte weiter eskalieren. Katumbis südkongolesische
       Heimatregion Katanga und Tshisekedis zentralkongolesische Heimatregion
       Kasai sind [10][historische Rivalen] im Kampf um Macht und Einfluss in der
       Hauptstadt Kinshasa. Ob der eine in der Hochburg des anderen toleriert
       wird, ist also die größte Bewährungsprobe für diesen Wahlkampf.
       
       Tshisekedi will nach seiner dreitägigen Pause am Dienstag in Lubumbashi
       auftreten, Hauptstadt der Provinz Haut-Katanga und lange Zeit Amtssitz von
       Katumbi als Gouverneur. Katumbi wird seinerseits schon am Montag in Kananga
       erwartet, Hauptstadt von Tshisekedis Heimatprovinz Kasai-Centrai. Am
       Sonntag war dieser Auftritt fraglich, nachdem das Tshisekedi-Wahlbündnis
       für Montag in Kananga zu einem „Tag ohne Politik“ in Gedenken an die Opfer
       des M23-Krieges aufrief – damit wäre jeder, der stattdessen zu Katumbis
       Kundgebung geht, automatisch suspekt.
       
       4 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/afrikarabia/status/1731254323839946764
 (DIR) [2] /Vor-den-Wahlen-in-der-DR-Kongo/!5976940
 (DIR) [3] https://twitter.com/adrienseyes/status/1730914262082621775
 (DIR) [4] /Notprogramm-fuer-Kongo/!5574615
 (DIR) [5] /Kongos-Oppositionsfuehrer-im-Interview/!5573512
 (DIR) [6] /Kongos-beliebtester-Oppositioneller/!5596997
 (DIR) [7] /Friedensnobelpreistraeger-Denis-Mukwege/!5965352
 (DIR) [8] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776
 (DIR) [9] /Schwere-Kaempfe-im-Osten-der-DR-Kongo/!5965588
 (DIR) [10] /Kolumne-Afrobeat/!5398262
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
 (DIR) Felix Tshisekedi
 (DIR) Moise Katumbi
 (DIR) Martin Fayulu
 (DIR) Denis Mukwege
 (DIR) Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
 (DIR) Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
 (DIR) Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
 (DIR) Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
 (DIR) Ostkongo
 (DIR) Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kongo im Wahlkampf: Viel Schall, viel Rauch
       
       Am 20. Dezember will Oppositionschef Moise Katumbi Kongos Präsident Felix
       Tshisekedi schlagen. Eindrücke vom Wahlkampfendspurt aus der Stadt Goma.
       
 (DIR) Neue Rebellenallianz für Kongo: Kriegstrommeln im Luxushotel
       
       Kurz vor den Wahlen bläst der ehemalige Leiter der Wahlkommission zum Kampf
       gegen den Präsidenten. In Kenia gründet er eine Rebellenallianz.
       
 (DIR) Hitler-Vergleich in Kongos Wahlkampf: Hauptsache gegen Ruanda
       
       Kongos Präsident Felix Tshisekedi droht Ruandas Präsident Paul Kagame: „Ich
       verspreche ihm, wie Adolf Hitler zu enden!“ Der Wahlkampf heizt auf.
       
 (DIR) Vor den Wahlen in der DR Kongo: EU bricht Wahlbeobachtung ab
       
       Drei Wochen vor Kongos Wahlen packen die EU-Wahlbeobachter in Kinshasa ihre
       Koffer. Grund: Sie dürfen keine Satellitentelefone benutzen.
       
 (DIR) Schwere Kämpfe im Ostkongo: Es ist Wahlkampf und alle zündeln
       
       Vor den Wahlen in der DR Kongo steht der Osten an der Schwelle zum
       regionalen Krieg. Die Krisendiplomatie läuft auf Hochtouren.
       
 (DIR) Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege: Der Preisträger und der Hetzer
       
       Der Arzt und Friedensnobelpreisträger von 2018 Mukwege will Kongos
       Präsident werden. Doch seinen Wahlkampf leitet einer, der für Hetze
       berüchtigt ist.