# taz.de -- Klimaaktivist*innen im Clinch: Zu viel Lob für Olaf Scholz
       
       > In der deutschen Klimabewegung gibt es Streit: Der radikale Flügel
       > kritisiert Luisa Neubauer für einen Post aus Dubai. Darin hatte sie den
       > Kanzler gewürdigt.
       
 (IMG) Bild: Luisa Neubauer und MitstreiterInnen in Dubai
       
       DUBAI taz | Streit in der deutschen Klimabewegung: Der radikale Flügel
       kritisiert Luisa Neubauer von Fridays for Future für einen
       [1][Instagram-Post] aus Dubai, wo die Aktivistin an der
       [2][Weltklimakonferenz] teilnimmt.
       
       In dem Video vom Montag lobt sie Bundeskanzler Olaf Scholz für eine Rede,
       die er am Samstag in Dubai gehalten hatte. Darin mahnte er „feste
       Entschlossenheit“ beim Ausstieg aus fossilen Energieträgern an. Ob ein
       solcher erstmals international vereinbart wird, ist auf der Konferenz
       Verhandlungssache.
       
       Es gebe gute Nachrichten, es sei „total verrückt“, sagt Neubauer in ihrem
       Video. „Es war ganz, ganz wichtig, dass gerade jemand wie Olaf Scholz, ein
       mächtiger Regierungschef aus einem Staat, der früher sehr, sehr, sehr
       fossil war und jetzt sehr schnell erneuerbar werden möchte, ganz klar
       Stellung bezieht“, so die Aktivistin.
       
       Sie stellte Scholz’ Statement als Erfolg der Bewegung vor Ort dar. Es sei
       aber „überhaupt nicht klar gewesen“, ob Olaf Scholz sich so positionieren
       würde. „Also haben wir richtig Druck gemacht.“ Zwar müsse „das Ganze noch
       stringent werden“, Deutschland könne nicht weiter fossile Projekte
       finanzieren und fördern. „Aber fürs Erste war das ein wichtiger Moment.“
       
       ## „Sie spannt uns vor den Bullshit-Karren“
       
       Zu viel des Lobes, finden einige ihrer bekannten Mitstreiter*innen.
       Klimaaktivist Tadzio Müller, Mitgründer von Ende Gelände, der mittlerweile
       keiner bestimmten Gruppe mehr angehört, forderte die Klimabewegung sogar
       zur Distanzierung von Neubauer auf.
       
       „Ich weiß nicht, ob Luisa da gerade ihre Karriere bei den Grünen
       vorbereitet oder was genau ihr Kalkül ist. Sicher hat sie eins, sie ist
       eine kluge Strategin“, sagte er der taz am Dienstag. „Aber sie spricht
       leider nicht nur für sich, sondern ist das Gesicht der deutschen
       Klimabewegung – und sie spannt uns damit alle vor den Bullshit-Karren der
       Ampelregierung, den wir ganz sicher nicht ziehen wollen.“
       
       Auch Henning Jeschke, Mitgründer der Letzten Generation, kritisierte die
       Fridays-Aktivistin scharf. Olaf Scholz vertusche, „dass Deutschlands
       fossile Verbrechen weitergehen sollen. Luisa lobt ihn dafür, dass er bei
       der COP weiter rumlügt“, schrieb er [3][auf der Online-Plattform X],
       ehemals Twitter. Mit „COP“ meint er die Weltklimakonferenz. Die Abkürzung
       steht für „Conference of the Parties“, zu Deutsch also die
       Vertragsstaatenkonferenz eines internationalen Abkommens, in diesem Falle
       der [4][Klimarahmenkonvention].
       
       Neubauers Urteil über die Kanzlerrede fiel deutlich besser aus als das
       zahlreicher anderer Beobachter*innen auf dem Weltklimagipfel – selbst
       von den Verbänden, die normalerweise gemäßigter auftreten.
       
       „Bundeskanzler Scholz hat in seiner Rede nicht die klimapolitisch
       notwendige Unterstützung für ein massives Herunterfahren von Kohle, Öl und
       Gas bis 2030 ohne Wenn und Aber signalisiert“, sagte etwa Christoph Bals
       von Germanwatch. „Zwar forderte er perspektivisch den Ausstieg aus fossilen
       Energieträgern, betonte aber zugleich, dass wir vorerst weiter möglichst
       sauber produziertes und transportiertes Gas bräuchten.“
       
       Unabhängig davon, wie man die Aussage des Kanzlers auf der
       Weltklimakonferenz bewertet – er scheint sich tatsächlich erst kurzfristig
       dazu entschlossen zu haben. Das ursprüngliche Redemanuskript enthält die
       Passage nicht.
       
       Für den Rest der deutschen Delegation vor Ort in Dubai ist die Position
       allerdings nicht außergewöhnlich – vor wie nach dem Kanzlerstatement. Am
       Dienstag äußerten sich auf der Weltklimakonferenz beispielsweise Jennifer
       Morgan, Klima-Sonderbeauftragte aus dem Auswärtigen Amt, und Jochen
       Flasbarth, Staatssekretär aus dem Bundesentwicklungsministerium.
       
       „Unser Ziel ist klar: Erneuerbare sind die Zukunft, das Ende des fossilen
       Zeitalters muss hier auf der COP greifbar werden“, sagte Morgan. „Natürlich
       müssen wir aus den Fossilen raus, und zwar so schnell wie möglich“, sagte
       Flasbarth. „Alles andere ist abenteuerlich.“
       
       5 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.instagram.com/p/C0a6-bGNT-R/?hl=de
 (DIR) [2] /Weltklimakonferenz/!t5026705
 (DIR) [3] https://twitter.com/hinschauHen/status/1731785922885132612
 (DIR) [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Rahmen%C3%BCbereinkommen_der_Vereinten_Nationen_%C3%BCber_Klima%C3%A4nderungen
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Schwarz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Klimakonferenz in Dubai
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimaproteste
 (DIR) Luisa Neubauer
 (DIR) Schwerpunkt Fridays For Future
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Klimakonferenz in Dubai
 (DIR) Ampel-Koalition
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Klimakonferenz in Dubai
 (DIR) Klimakonferenz in Dubai
 (DIR) Klimakonferenz in Dubai
 (DIR) Weltklimakonferenz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Mobilitätswende: Fridays for Arbeiterklasse
       
       Lange waren Arbeiter und Klimaaktivisten Antagonisten. Beim ÖPNV probt
       Fridays for Future den Schulterschluss mit Gewerkschaftlern. Kann das
       gelingen?
       
 (DIR) Nachteile für afrikanische Länder: Geschäfte mit Emissionsrechten
       
       Den CO₂-Zertifikatehandel lehnen einige afrikanische Länder ab, weil vor
       allem andere verdienen. Er hat verheerende Folgen für Einheimische.
       
 (DIR) Olaf Scholz im Umfragetief: Der Unverstandene
       
       Nach zwei Jahren Kanzleramt steckt die Regierung in der Krise. Was die
       Sozialdemokrat:innen erwarten und was das mit der Olsenbande zu tun
       hat.
       
 (DIR) Klimaschutz-Index von Germanwatch: Kein Land tut genug für 1,5 Grad
       
       Die Erderhitzung steigt, trotzdem ist die Klimapolitik zahlreicher Staaten
       höchstens Mittelmaß. Der Germanwatch-Index gibt keinem Land die Note „gut“.
       
 (DIR) Studie zu Kipppunkten: Klima steht schon auf der Kippe
       
       Permafrost und Korallenriffe – schon bei der aktuellen Erderwärmung könnten
       in fünf Erdsystemen die Kipppunkte erreicht werden. Mit Folgen.
       
 (DIR) Studie zu Fossilkonzernen: Tödliche Emissionen
       
       Durch die Treibhausgase von Öl- und Gasunternehmen wie Shell steigt die
       durchschnittliche Temperatur. Greenpeace hat berechnet, wie tödlich das
       ist.
       
 (DIR) COP28-Präsident in der Defensive: Er fühlt sich missverstanden
       
       Der Präsident der Weltklimakonferenz muss sich rechtfertigen. Er sagt,
       Medien hätten seine Aussagen aus dem Kontext gerissen.
       
 (DIR) Thema Gesundheit auf UN-Klimakonfernz: „Kein nettes Mittelmeerklima“
       
       In Dubai steht das Thema Gesundheit auf der Agenda. Das ist laut dem
       Gesundheitsexperten Christian Schulz auch für Deutschland ein Durchbruch.