# taz.de -- Klimaforscher Grimalda reist ohne Flug: Kalte Hände und herzliche Menschen
       
       > Wer Flugscham ernst nimmt, muss mit Konsequenzen rechnen. Forscher
       > Gianluca Grimalda verlor deshalb seinen Job. Hier erzählt er, wie er nun
       > reist.
       
 (IMG) Bild: Mit Hotelgästen im chinesischen Kaschgar: Grimalda vor dem Grenzübertritt nach Tadschikistan
       
       Der Wissenschaftler Gianluca Grimalda, 51, will nicht mehr fliegen – fürs
       Klima. Weil er deshalb nicht rechtzeitig von einer Forschungsreise in Papua
       Neuguinea zurückkam, [1][feuerte ihn das Kieler Institut für
       Weltwirtschaft] (IfW). Die taz begleitet ihn auf seiner Reise per Schiff,
       Bus und Bahn zurück. 
       
       Diese Woche hätte mich ein Problem fast meine Hände gekostet. Auf dem
       Bergpass, der China und [2][Tadschikistan] verbindet, suchte ich über eine
       Stunde bei minus 14 Grad und eisigem Wind nach einer Mitfahrgelegenheit.
       Ich hatte mir kein teures Taxi an die Grenze bestellen wollen. Aber die
       vorbeibrausenden Lkw-Fahrer zeigten auf meine riesigen Koffer und winkten
       ab.
       
       Mit der Zeit wurden meine Hände kälter und kälter. Irgendwann hielt ich es
       nicht mehr aus. Ich klopfte ans Wachhaus der tadschikischen Grenzsoldaten.
       Bei ihnen konnte ich mich aufwärmen. Dann hielten sie zwei Lkws an. Einen
       für mich und einen für mein Gepäck. Auf ihren Befehl nahmen sie mich mit.
       
       Sahir, der Lkw-Fahrer, war erst genervt, dass ich kein Russisch spreche.
       Aber als er herausfand, dass ich Italiener war, begann er L'Italiano von
       dem im August verstorbenen Sänger Toto Cutugno anzustimmen. Italienischer
       Pop war schon zu Sowjetzeiten extrem beliebt. Wir sangen gemeinsam. Er gab
       mir Tee und Kekse. Im tadschikischen Dorf Margob habe ich bei Shirali
       übernachtet. Ich schlief in seinem Haus, einem einstöckigen Bau mit Ziegeln
       unterschiedlicher Größe, ausgelegt mit Kissen und Teppichen. Seinen Ofen
       betreibt Shirali mit Schafkot.
       
       Der Klimawandel verändert auch sein Leben. Er erzählte mir, dass es
       seltener regnet. Viele Seen und Flüsse führen so wenig Wasser, dass
       Wasserkraftwerke nicht mehr gut funktionieren. Shirali hat nur zwei Stunden
       Strom am Tag. Trotzdem haben er und seine Mutter mich fürstlich bekocht:
       Gemüsesuppe und vier Brötchen, gefüllt mit Kartoffeln, Karotten und Mais.
       
       In einer Woche ist Weihnachten. Gestern habe ich online für den Abend des
       23. Dezember ein Ticket für die Fähre von Griechenland nach Italien
       gekauft. Über 5.000 Kilometer muss ich noch durch den Iran und die Türkei
       reisen. Ob ich es schaffe, ist ungewiss. Aber all den Menschen, die ich auf
       dieser schwierigen Reise kennengelernt habe, die mich immer wieder
       unterstützt und ermutigt haben – ihnen bin ich schon jetzt dankbar.
       
       Protokoll: Mitsuo Iwamoto
       
       18 Dec 2023
       
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