# taz.de -- Wirtschaftsranking von Ländern: Die Pleite-Griechen auf Platz eins
       
       > Griechenlands Wirtschaft wurde vom „Economist“ gekürt. Wie kann das sein,
       > wenn der Schwarzmarkt brummt und Milliarden Steuergelder verloren gehen?
       
 (IMG) Bild: Nur nicht abheben: Touristen vor der Akropolis in Athen
       
       Was für eine Überraschung: Ausgerechnet der einstige Pleitestaat
       Griechenland wurde vom britischen Wirtschaftsmagazin Economist zur „besten
       Wirtschaft des Jahres“ 2023 gekürt. Das Blatt hat 35 OECD-Staaten
       untersucht, und Griechenland punktete vor allem mit seiner niedrigen
       [1][Kerninflation] von nur 3,4 Prozent. Außerdem legten die Aktien um 43
       Prozent zu. Deutschland hingegen landete auf Platz 27.
       
       Es ist bereits das zweite Jahr in Folge, in dem Griechenland beim Economist
       auf Platz eins steht. Denn das Land wächst rasant. 2021 legte die
       griechische Wirtschaft um satte 8,4 Prozent zu, 2022 waren es 5,6 Prozent,
       und 2023 noch immer 2,4 Prozent. Von so einem Wachstum können die Deutschen
       nur träumen.
       
       Angetan sind daher auch die internationalen Ratingagenturen. Bereits im
       Oktober bewertete Standard & Poors die griechischen Staatsanleihen mit
       einem BBB-. Wenig später folgte die Agentur Fitch mit der gleichen
       Einschätzung.
       
       Damit ist Griechenland zwar noch weit entfernt von der Bestnote AAA;
       trotzdem ist BBB- eine magische Grenze, weil es sich um einen „Investment
       Grade“ handelt. Die griechischen Staatsanleihen gelten nun als eine sichere
       Anlage. Bisher wurden die Papiere mit desaströsen „Ramsch“-Noten bedacht,
       sodass es für Griechenland fast unmöglich war, Kredite zu bekommen.
       
       ## Eurokrise überwunden?
       
       Fast 15 Jahre musste das Land mit dem Ramsch-Status leben. Denn im Frühjahr
       2010 musste Athen zugeben, dass die staatliche Schuldenlast weit höher war,
       als es die offiziellen Statistiken ausgewiesen hatten. Prompt traten die
       privaten Banken die Flucht an: Niemand wollte noch Geld an Griechenland
       verleihen.
       
       Das Land wäre sofort pleite gewesen, wenn nicht die Eurostaaten und der
       Internationale Währungsfonds (IWF) eingesprungen wären. Im Gegenzug musste
       sich das Land [2][zu drakonischen Sparmaßnahmen verpflichten], die eine
       beispiellose Krise auslösten: Am Ende lag die offizielle Arbeitslosigkeit
       bei 25 Prozent.
       
       Jetzt scheint die Eurokrise überwunden. Um noch eine gute Nachricht zu
       zitieren: Griechenland konnte einige Rettungskredite vorzeitig
       zurückzahlen. So tilgte der griechische Staat kürzlich 5,29 Milliarden,
       obwohl diese Raten erst 2024 und 2025 fällig gewesen wären. Auch beim IWF
       hat Griechenland keine Schulden mehr. Die Kredite von 28 Milliarden Euro
       wurden bereits 2022 zurückgezahlt – fast zwei Jahre früher als geplant.
       
       Ist damit alles gut in Griechenland? Leider nein. Das Land ist immer noch
       ärmer, als es vor der Eurokrise war. Die Wirtschaft boomt zwar neuerdings –
       aber auf einem sehr niedrigen Niveau.
       
       ## Digitales Zahlen
       
       Allerdings ist es nicht leicht, die griechische Wirtschaft korrekt
       statistisch zu messen, denn der Schwarzmarkt ist riesig. Griechenlands
       Zentralbankchef Yannis Stournaras hat es kürzlich vorgerechnet: Bei den
       Finanzämtern wurden 2022 nur rund 80 Milliarden Euro an privaten Einkommen
       deklariert – der private Verbrauch erreichte aber 140 Milliarden Euro. 60
       Milliarden Euro wurden also nicht versteuert, wodurch der Staat 18
       Milliarden Euro verloren hat, rund 30 Prozent der gezahlten Steuern.
       
       Stournaras will daher durchsetzen, dass in Griechenland nur noch digital
       gezahlt werden darf, damit jede Transaktion erfasst wird.
       
       Die Idee ist gut, aber noch nicht umgesetzt. Es ist also erstaunlich, dass
       der Economist ein Land zur „besten Wirtschaft des Jahres“ kürt, in dem
       große Teile der Einkommen nicht versteuert werden. Aber gutes Marketing war
       es.
       
       6 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nach-dem-Inflationsschock/!5981842
 (DIR) [2] /Nachruf-auf-Wolfgang-Schaeuble/!5981395
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Krise in Griechenland
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Zukunft
 (DIR) Kolumne Cash & Crash
 (DIR) Wirtschaftskrise
 (DIR) Schuldenkrise
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Kolumne Cash & Crash
 (DIR) Ampel-Koalition
 (DIR) Landwirtschaft
 (DIR) Unternehmen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Geburtenrate sinkt fast überall: Bald schrumpft die Weltbevölkerung
       
       Werden weniger Kinder geboren, ist das ein Zeichen von Wohlstand und
       Gleichberechtigung. In der Folge wird aber die globale Wirtschaft
       schrumpfen.
       
 (DIR) Interessenkonflikt bei Wirtschaftsweisen: Beraterin, die nicht beraten kann
       
       Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sitzt im Aufsichtsrat von Siemens
       Energy und berät die Bundesregierung in Energiefragen. Das kann nicht gut
       gehen.
       
 (DIR) Ökonom zur Konjunktur 2024: „Es wird massive Einschnitte geben“
       
       Kann die sozial-ökologische Transformation trotz geplanter
       Haushaltskürzungen der Ampel gelingen? Der Ökonom Rudolf Hickel hat einige
       Zweifel.
       
 (DIR) Nach dem Inflationsschock: Bio verkauft sich besser
       
       Trotz der generell miesen Stimmung rechnet der Bauernverband für 2024 mit
       steigenden Öko-Anteilen. Dazu tragen die Bio-Segmente der Discounter bei.
       
 (DIR) Aussichten für 2024: Unternehmen pessimistisch
       
       Die Mehrheit der Wirtschaftsbranchen blickt wenig zuversichtlich ins neue
       Jahr. 30 von 47 deutschen Verbänden sehen die Lage düster.