# taz.de -- Debatte um Marschflugkörper für Ukraine: Tausch für Taurus
       
       > Die Bundesregierung soll einen Ringtausch erwägen, um die Ukraine mit
       > Langstreckenraketen zu beliefern. Expert:innen begrüßen das.
       
 (IMG) Bild: Ein Tornado Kampfjet bestückt mit einem Taurus Lenkflugkörper
       
       BERLIN taz | In die festgefahrene [1][Debatte um die Lieferung von
       Taurus-Marschflugkörpern] ist Bewegung gekommen. Wie deutsche und britische
       Medien am Donnerstag berichteten, soll die Bundesregierung die Möglichkeit
       eines Ringtauschs erwägen. Das hieße, Deutschland liefert
       Taurus-Marschflugkörper der Bundeswehr an Großbritannien oder Frankreich,
       die dann im Gegenzug ähnliche Waffensysteme aus ihren eigenen Beständen in
       die Ukraine exportieren würden. „Für die Ukraine wäre das eine gute
       Nachricht“, so die Sicherheitsexpertin Claudia Major im
       „ZDF-Morgenmagazin“. Major, die zum Berater:innenkreis der
       Bundesregierung gehört, bezeichnete die Lage in der Ukraine als
       „dramatisch.“ [2][Es ginge für die Ukraine in diesem Jahr vor allem darum
       durchzuhalten.]
       
       Sprecher:innen des Verteidigungsministeriums und des Bundespresseamts
       wollten die Berichte auf Anfrage nicht kommentieren.
       Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte verschiedenen
       Medien, er kenne ein solches Angebot nicht.
       
       Marschflugkörper sind ein Waffensystem, das sich selbst ins Ziel steuern
       kann. Sie sind dafür gedacht, weit hinter der Frontlinie gelegene Ziele zu
       treffen. Die Ukraine besitzt bereits Marschflugkörper aus britischen und
       französischen Beständen vom Typ Storm Shadow und Scalp, doch die Vorräte
       neigen sich dem Ende zu.
       
       Die Lieferung weiterer Marschflugkörper hält Major daher für notwendig.
       Gegenüber der taz sagte sie: „Russland hat Munitionsstützpunkte,
       Gefechtsstände, Versorgungsrouten weit hinter die Linien verlegt. Die
       Ukraine braucht also Waffen mit größerer Reichweite, wenn sie die
       strategischen Ziele trotz der großen Entfernung treffen und damit Russland
       schwächen will.“
       
       Die Ukraine hatte die Bundesregierung bereits im Mai vergangenen Jahres
       offiziell um Taurus-Marschflugkörper gebeten. Während aus den Reihen der
       FDP und der Grünen sowie der Unionsopposition vehement die Lieferung
       befürwortet wird, zeigten sich Bundeskanzler Olaf Scholz und die SPD
       bislang abwehrend. Die Gründe wechseln – mal ist es die Sorge vor einer
       weiteren Eskalation, Angriffen auf Russland und dass Deutschland in den
       Krieg hineingezogen werden könne, es gibt aber auch Bedenken gegen die
       Weitergabe sensibler Daten. Gründe, die Major nicht überzeugen: „Alle
       Bedenken sind bislang entkräftet worden, zumal Frankreich und
       Großbritannien ähnliche Marschflugkörper geliefert haben.“
       
       Ein Ringtausch könnte dennoch sinnvoll sein. Im Gegensatz zu den Taurus
       wären weitere Storm Shadow- oder Scalp-Marschflugkörper sofort
       einsatzfähig, weil diese bereits an die von der Ukraine genutzten Kampfjets
       sowjetischen Typs angepasst wurden. Zum anderen würde damit das Problem
       umgangen, dass die Bundeswehr der ukrainischen Armee möglicherweise
       sensible Geoinformationsdaten zugänglich machen oder deutsches Personal
       einbinden müsste. Für Großbritannien oder Frankreich wäre der Deal
       interessant, weil sie so ein etwas moderneres und aufgrund höherer
       Präzision etwas wirksameres Waffensystem erhielten.
       
       Der Taurus-Bestand der Bundeswehr soll nach Expert:innen-Schätzungen
       zwischen 500 und 600 liegen. Hergestellt wird der Taurus von einem
       Gemeinschaftsunternehmen der Deutschland-Tochter des europäischen
       Rüstungskonzerns MBDA und Saab Dynamics aus Schweden. Er ist das
       deutsch-schwedische Gegenstück zu den parallel von MBDA entwickelten und
       weitgehend identischen Marschflugkörpern Storm Shadow und Scalp. Der
       Stückpreis liegt bei allen drei Varianten bei etwa einer Million Euro.
       
       Nachweislich erstmals im Einsatz war ein Storm Shadow-Flugkörper im Juni
       2023 bei der [3][Beschädigung der zur Krim-Halbinsel führenden
       Tschongar-Brücke]. Während der Taurus über eine Reichweite von bis zu 500
       Kilometer verfügt, kommen Storm Shadow und Scalp auf eine Reichweite von
       bis zu 560 Kilometer. Wobei unklar ist, ob Großbritannien und Frankreich
       bei ihren Lieferungen die Reichweite verringert haben, was technisch
       möglich wäre.
       
       Major wies gegenüber der taz aber auch darauf hin, dass Marschflugkörper
       allein nicht ausreichten, um die Kräfteverhältnisse zu Gunsten der Ukraine
       entscheidend zu verändern. „Es geht nicht nur um ein Waffensystem, das die
       Ukraine braucht und das Wunder bewirken würde, sondern um die langfristige,
       verlässliche Unterstützung der Ukraine im Gesamtpaket, und zwar
       militärisch, finanziell, humanitär und politisch.“
       
       25 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Entschliessungsantrag-der-Union/!5986494
 (DIR) [2] /Debatte-um-Waffenlieferungen-an-Ukraine/!5983213
 (DIR) [3] /Ukraine-attackiert-Krim-Bruecke/!5944884
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
 (DIR) Anna Lehmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Waffen
 (DIR) Bundeswehr
 (DIR) Boris Pistorius
 (DIR) GNS
 (DIR) Schwerpunkt Zwei Jahre Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Waffenlieferungen an die Ukraine: Neue Diskussion um Taurus-Lieferung
       
       Soll Deutschland der Ukraine Taurus-Raketen im Ringtausch oder doch selbst
       liefern? Auch nach dem Kanzler-Machtwort geht die Debatte weiter.
       
 (DIR) Scholz Absage zum Taurus: Munition für Ampel-Streit
       
       Kanzler Scholz bringt mit seiner Begründung zum Nein zum Taurus die
       Koalitionspartner wieder gegen sich auf.
       
 (DIR) Waffenlieferungen an die Ukraine: Nur der begehrte Taurus fehlt
       
       Pünktlich zum Jahrestag plant die Ampel, mehr „weitreichende Waffensysteme“
       und „Munition“ zu liefern – und will so Unterstützung signalisieren.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Gegenseitige Beschuldigungen
       
       Die Ukraine und Russland streiten im UN-Sicherheitsrat über den
       Flugzeugabsturz. Trump macht den Republikanern Druck, die US-Hilfe weiter
       zu blockieren.
       
 (DIR) Entschließungsantrag der Union: Bundestag lehnt Taurus-Lieferung ab
       
       Seit Monaten tobt die Debatte um die Lieferung der Marschflugkörper an die
       Ukraine. Die Union wollte Druck auf die Regierung machen – und scheiterte.
       
 (DIR) Debatte um Waffenlieferungen an Ukraine: Gamechanger dringend gesucht
       
       Die Ukraine erzielt gegen Russland nur mäßige militärische Erfolge. Der
       Druck auf die Bundesregierung steigt, den Marschflugkörper Taurus zu
       liefern.
       
 (DIR) Nato-Außenminister und Ukrainehilfe: Nicht die Zeit für Versprechungen
       
       Die Ukraine sorgt sich um Militärhilfe und braucht sie mehr denn je. Die
       Verbündeten dürfen jetzt nicht nachlassen.