# taz.de -- Frankreichs Schinken-Käse-Toast: Knusper, knusper, Toastchen
       
       > Wer, wann genau den Croque Monsieur erfunden hat, ist nicht eindeutig
       > überliefert. Aber fest steht: Auch Fett und Ei kann Gourmet.
       
 (IMG) Bild: Schön fettig: Croque Monsieur mit Ei
       
       Knuspriger Herr bedeutet der französische Name frei übersetzt. Gemeint ist
       etwas denkbar Einfaches: es sind nur zwei Scheiben Weißbrot, mitunter in Ei
       getunkt, stets gefüllt mit Kochschinken und Käse, und anschließend so
       gebacken, dass es beim Schneiden und Reinbeißen knuspert und kracht. Denn
       nichts anderes bedeutet croquer und in dieser lautmalerischen Bezeichnung
       schwingt sie gleich mit, die französische Lust am Essen, am Genuss. Die
       Kunst, [1][simple Speisen ganz groß zu machen]. Damit hat es das Croque
       Monsieur auch auf deutsche Speisekarten geschafft (wobei hier nicht [2][die
       ausschließlich in Norddeutschland verbreitete Variante] als überbackenes
       Baguette gemeint ist).
       
       Ein Croque Monsieur – oder das weibliche Pendant, die mit Spiegelei
       gekrönte Madame – bestellt man in Deutschland gerne zum Brunch. „Für mich
       das Schinken-Käse-Toast“ kann da nur schwer mithalten. Über die Entstehung
       kursieren Geschichten: Einer zufolge wurde das Gericht 1910 in einem Bistro
       am Boulevard des Capucines ersonnen. Vom dortigen Besitzer soll auch der
       Name stammen, denn als ein Kunde nach dem Ursprung des Schinkens fragte,
       antwortete er im Scherz: Menschenfleisch.
       
       Doch bereits zehn Jahre zuvor, 1891, wurde im Magazin La Revue athlétique
       eine hungrige Runde beschrieben, die überlegt, was man zum Mittagessen
       auftischen könnte. „Machen wir Croque Monsieur“, kommt die rettende Idee.
       „Der eine schneidet, der andere buttert, der dritte fügt alles zu
       Sandwiches zusammen. Sie sind köstlich, die Croque Monsieur, vielleicht ein
       bisschen groß, für die Kiefer von Riesen gemacht, aber das ist egal.“
       
       Groß ist er, der Croque Monsieur, den mir der Kellner auf den kleinen
       Bistro-Tisch im Pariser Stadtteil Saint-Germain-des-Prés stellt. Der Kiefer
       packt’s locker – vielleicht wurde früher höher aufgetürmt, vielleicht waren
       die Münder kleiner. Dennoch empfiehlt es sich, das Sandwich mit Messer und
       Gabel zu essen, denn es ist eine ziemlich fettige Angelegenheit.
       
       ## Käse wie Lava
       
       Das liegt am geschmolzenen Käse – würziger Comté und Gruyère oder der etwas
       mildere Emmentaler – und an der Béchamelsoße. Mit dieser in der
       französischen Küche unverzichtbaren Soße aus Milch, Butter und Mehl wird
       der Croque Monsieur häufig serviert. Wie Lava quillt die fettige Füllung an
       den Seiten heraus. Ein paar Salatblätter verleihen meinem Teller einen
       gesunden Touch.
       
       Bis heute ist der Croque Monsieur das perfekte Bistrogericht: Schnell
       zubereitet, rasch verspeist, sofort stimmungsaufhellend. „Man isst sie, man
       kommt wieder, man schwärmt“, heißt es in dem Artikel von 1891. Mittlerweile
       gibt es die Croques in allerhand Abwandlungen: vegetarisch natürlich und
       auch vegan, normand mit Camembert und norvégien mit Räucherlachs, in der
       Luxusvariante mit Kaviar und bei hippen Bio-Lokalen mit Brot vom Bäcker ums
       Eck und 24 Monate gereiftem Comté. Selbst die Kochlegende Alain Ducasse
       [3][hat sich seiner angenommen].
       
       ## Fettig-cremige Dekadenz
       
       Auch im „Fric-Frac“ am Ufer des Canal Saint Martin setzt man auf Qualität
       und Vielfalt. Hier gibt es ausschließlich Croque Monsieur – dafür aber in
       acht Varianten, etwa mit Chili, Koriander, Sojasoße oder Ziegenkäse. Das
       Brot kommt vom Meisterbäcker, der Schinken vom Pariser Metzger. Fast Food
       in der Gourmet-Version, meint Co-Gründer Quentin Rivière, mache schließlich
       schon seit Beginn der Zehnerjahre die Runde, seien es Burger, Sushi oder
       Tacos. Warum nicht auch dem etwas in die Jahre gekommenen Croque Monsieur
       ein kleines Update verpassen?
       
       Ich folge seiner Empfehlung und nehme die Mam’zelle – eine modernisierte
       Croque Madame mit weich gekochtem Ei. Der Amerikaner gegenüber bestellt
       Cappuccino und die Version mit Trüffelcreme, am Nachbartisch werden
       Sandwiches fotografiert. Echte Pariser, so scheint mir, essen ihr Croque im
       Bistro. Egal. Ich schneide meins entzwei, das Eigelb zerfließt, mischt sich
       mit Käse und Béchamel. Fettig-cremige Dekadenz!
       
       26 Jan 2024
       
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