# taz.de -- Antisemitismus in Deutschland: Keine Normalität für Jüd*innen
       
       > Die Aufmerksamkeit lässt nach, die antisemitische Bedrohung nicht.
       > Zentralratspräsident Josef Schuster fordert mehr Einsatz gegen Judenhass.
       
 (IMG) Bild: #We Remember: Nach der Pressekonferenz zu Antismeitismus in Berlin am 25. 01. 2024
       
       BERLIN taz | Über 2.000 antisemitische Vorfälle seit dem Herbst 2023:
       Jüd*innen in Deutschland leben in konstanter Bedrohung. Und doch bekommt
       das Thema längst nicht mehr die Aufmerksamkeit wie in den ersten Wochen
       nach dem [1][Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober]. Der Präsident des
       Zentralrats der Juden, Josef Schuster, versuchte am Donnerstag, mit einer
       Pressekonferenz der zunehmenden Gleichgültigkeit entgegenzutreten. Dabei
       waren auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein,
       sowie die Vorsitzende der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft,
       Andrea Despot.
       
       Alle drei beklagten das Ausmaß der antisemitischen Gewalt, die sich weiter
       in Drohungen, Übergriffen und brutaler Gewalt äußere. Von einer „Welle des
       Judenhasses“ mit Israelbezug sprach Klein. Die Jüd*innen in Deutschland
       seien im Angesicht der permanenten Bedrohung gezwungen, sich aus Teilen des
       öffentlichen Lebens zurückzuziehen, Empathie erführen sie von ihren
       nicht-jüdischen Mitbürger*innen nur selten. Klein: „Für Juden und
       Jüdinnen ist keine Normalität eingekehrt, anders als für die deutsche
       Mehrheitsgesellschaft.“
       
       Auch wenn ein Großteil der aktuellen Taten mutmaßlich einen islamistischen
       Hintergrund hat und mit [2][dem Nahostkonflikt] in Zusammenhang steht,
       forderte Schuster, die Bedrohung durch Rechtsextreme nicht zu
       unterschätzen. Er begrüßte die Demonstrationen gegen die AfD in den letzten
       Wochen. Viele Menschen in Deutschland seien offenbar „aufgewacht“ und
       hätten erkannt, welche Gefahr von der Partei ausgehe.
       
       Schuster berichtete aber auch von vereinzelten antisemitischen Vorfällen am
       Rand der Demos im Zusammenhang mit der anti-israelischen Haltung bestimmter
       linker Gruppen. Schuster sieht hier Antisemitismus als „Schnittmenge“
       zwischen extrem rechten und einigen extrem linken Gruppen. Und Klein sagt:
       „Der Slogan ‚Free Palestine from German Guilt‘ ist nichts anderes als die
       Forderung nach einem Schlussstrich bei der Erinnerung an die
       NS-Verbrechen.“
       
       ## Empathie und Solidarität zeigen
       
       Schuster verwies auch auf die gerade anlaufende Kampagne des Zentralrats:
       „Stoprepeatingstories soll zeigen „dass Antisemitismus kein Problem der
       Vergangenheit ist, sondern im Hier und Heute passiert – täglich“, wie es
       auf [3][der Website] heißt. An Medien und Gesellschaft hat er klare
       Erwartungen: „Für das Sicherheitsgefühl der Juden hier ist es wichtig, dass
       Empathie und Solidarität gezeigt wird und Täter und Ursachen klar benannt
       werden.“ Ein zentrales Element zur Bekämpfung des Antisemitismus sieht er
       in politischer Bildungsarbeit und der Sensibilisierung von Lehrkräften.
       
       In Richtung von Politik und Behörden sagte Schuster: „Antisemitismus muss
       konsequent verfolgt und bekämpft werden.“ Klein plädierte in diesem
       Zusammenhang für weitere Verbote von islamistischen Zentren sowie für eine
       Verschärfung des Volksverhetzungsparagrafen, um Antisemitismus noch besser
       bekämpfen zu können.
       
       Despot kündigte an, die Arbeit ihrer Stiftung weiter zu intensivieren und
       insbesondere Projekte fördern zu wollen, die sich im Internet – dem
       „Epizentrum“ der Hetze – gegen Judenhass wenden.
       
       25 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Angriff-auf-Israel/!5963299
 (DIR) [2] /Schwerpunkt-Nahost-Konflikt/!t5007999
 (DIR) [3] https://www.zentralratderjuden.de/aktuelle-meldung/artikel/news/stoprepeatingstories/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederik Eikmanns
       
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