# taz.de -- Humanitäre Hilfe für Gaza: Weitere Vorwürfe gegen UN-Hilfswerk
       
       > Angesichts der Vorwürfe wegen Hamas-Unterstützern im UN-Hilfswerk für
       > Palästina-Flüchtlinge bröckelt die Hilfe. Alternativen für die
       > Bevölkerung gibt es kaum.
       
 (IMG) Bild: Ohne diese Hilfe geht hier nichts: Lebensmittelverteilung der UNRWA im südlichen Gazastreifen
       
       BERLIN taz | Mindestens 12 UNRWA-Mitarbeiter sollen direkt am brutalen
       Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen sein.
       Hilfsgüter und Gelder gelangen offenbar auch in die Hände der Terrormiliz.
       [1][Das UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten steht erneut
       unter Druck.] Während die UN noch recht verharmlosend von „einigen wenigen
       schlechten Äpfeln“ sprachen, [2][berichtete] das Wall Street Journal am
       Montag über weitere Details, die offenbar aus einem Report israelischer
       Geheimdienste stammen. Demnach sind rund 1.200 UNRWA-Mitarbeiter Teil der
       Hamas oder des Islamischen Dschihads im Gazastreifen.
       
       Laut Bericht sind zudem rund 23 Prozent aller männlichen Mitarbeiter der
       UN-Organisation aktiver Teil verschiedenster Hamas-Strukturen. Die
       Informationen der israelischen Geheimdienste kommen aus Verhören gefangener
       Hamas-Terroristen, beziehen sich auf Dokumente von toten Terroristen oder
       auf Mobilfunkdaten.
       
       Die UNRWA beschäftigt rund 13.000 Personen – und [3][unterstützt
       Palästinenser:innen im Gazastreifen mit Nahrungsmittelhilfe],
       Trinkwasserversorgung, betreibt Schulen und Flüchtlingsunterkünfte. Geld
       dafür bekommt sie auch von der Bundesregierung. Im vergangenen Jahr rund
       206 Millionen Euro, davon etwa 130 Millionen Euro aus dem Auswärtigen Amt.
       83 Millionen Euro flossen den Angaben nach allein in den Gazastreifen. Die
       Bundesregierung forderte daher am Montag eine schnelle Aufklärung. Es sei
       an der UNWRA, „sehr schnell und rasch die notwendigen Schritte zur
       Aufklärung zu unternehmen, um diese Situation zu bereinigen“, sagte ein
       Außenamtssprecher.
       
       [4][Die humanitäre Hilfe gehe indes weiter], bestätigt die Bundesregierung.
       Für diese Woche ist zudem eine digitale Konferenz mit UNRWA-Chef Philippe
       Lazzarini und den Geldgebern geplant. An ihm als Chef der Organisation hält
       die Bundesregierung derzeit fest, obwohl erste Rufe nach seinem Rücktritt,
       etwa von Israels Außenminister Katz, laut werden. Alternativen zur UNRWA
       gibt es derzeit kaum, weil andere Hilfsorganisationen wie das
       Welternährungsprogramm, Unicef, der Rote Halbmond oder das Internationale
       Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) nur bedingt dessen Aufgaben übernehmen
       können. Über Jahrzehnte hinweg hingen die Palästinenser:innen am
       Tropf der UNRWA.
       
       ## Basisversorgung hat Priorität
       
       Auch aus dem Bundesentwicklungsministerium bekommt die UNRWA Geld. Doch
       bereits unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023 hatte das von Svenja Schulze
       (SPD) geführte Ministerium alle Zahlungen und Maßnahmen auf den Prüfstand
       gestellt. Kontrolliert wurden Geld- und Transferkonten, sämtliche lokale
       Partnerorganisationen und auch Angaben über das gelieferte Material, das
       strengen Auflagen unterliegt. Neben der UNRWA, die im Wesentlichen
       humanitäre Hilfe umfasst, wurde die gesamte Entwicklungszusammenarbeit mit
       den palästinensischen Gebieten geprüft. Darunter fallen etwa auch Projekte,
       die die Verwaltung unterstützen sollen.
       
       Seit dem Krieg im Gazastreifen hat jedoch die Basisversorgung absolute
       Priorität. Nach den neuen Vorwürfen steht nun auch eine komplette Reform
       der UNRWA im Raum. Allerdings wird diese Monate dauern, Zeit, die die
       Palästinenser:innen im Gazastreifen nicht haben. Vor allem im Norden
       droht derzeit eine Hungersnot. Für die akute Versorgung reichen die bereits
       gelieferten Güter noch aus, aber in wenigen Wochen könnte die Versorgung
       deutlich stocken, wenn weitere Lieferungen ausbleiben.
       
       Der Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, Martin Keßler, sagte der taz:
       „Dem Vorwurf der Beteiligung von UNWRA-Mitarbeitenden an den
       Terroranschlägen vom 7. Oktober muss konsequent nachgegangen werden. Eine
       Beteiligung wäre erschütternd, denn eine Täterschaft würde den humanitären
       Zielen – Leben zu retten und Leiden zu lindern – diametral entgegenstehen.“
       Entschieden stellt er sich gegen eine Einstellung der Finanzierung von
       UNRWA-Programmen. „Die UNRWA ist der maßgebliche Akteur, der in der
       gegenwärtigen Lage in Gaza der Zivilbevölkerung im großen Maße Schutz und
       Versorgung ermöglichen kann.“
       
       29 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Palaestinenserhilfswerk-und-7-Oktober/!5985561
 (DIR) [2] https://www.wsj.com/world/middle-east/at-least-12-u-n-agency-employees-involved-in-oct-7-attacks-intelligence-reports-say-a7de8f36
 (DIR) [3] /Hamas-Terrorangriff/!5985551
 (DIR) [4] /Protest-in-Israel/!5984711
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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