# taz.de -- CDU/CSU-Affäre um Aserbaidschan-Gelder: Anklage gegen Ex-Abgeordnete
       
       > Axel Fischer (CDU) soll von Aserbaidschan gekauft worden sein. Eduard
       > Lintner (CSU) soll im Auftrag Aserbaidschans andere bestochen haben.
       
 (IMG) Bild: Axel Fischer von der CDU bei einer Rede im Bundestag
       
       FREIBURG taz | Die Generalstaatsanwaltschaft München hat gegen die beiden
       ehemaligen Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner (CSU) und Axel Fischer
       (CDU) Anklage wegen Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern
       erhoben. Ihnen drohen bei einer Verurteilung Freiheitsstrafen von einem
       Jahr bis zu zehn Jahren.
       
       Eduard Lintner saß von 1976 bis 2009 im Bundestag. Anschließend gründete er
       eine Lobbyfirma, die in Deutschland die Interessen Aserbaidschans vertritt.
       Bis 2016 soll er laut Anklage über Briefkastenfirmen rund vier Millionen
       Euro aus Aserbaidschan erhalten haben.
       
       Die Lobbytätigkeit an sich ist nicht strafbar, da Lintner inzwischen nicht
       mehr dem Bundestag angehörte. Vorgeworfen wird Eduard Lintner aber, dass er
       dabei die (inzwischen verstorbene) CDU-Bundestagsabgeordnete [1][Karin
       Strenz] bestochen hat, damit sie in der parlamentarischen Versammlung des
       Europarats (Pace = Parliamentary Assembly of the Council of Europe) die
       Interessen Aserbaidschans vertritt. Die Bestechung eines Pace-Mitglieds ist
       erst seit einer Strafrechtsänderung 2014 strafbar.
       
       ## Äußerst wohlwollende Wahlbeobachtung
       
       Karin Strenz soll insgesamt 149.000 Euro von Lintner erhalten haben. Als
       Gegenleistung soll sie in der Pace-Versammlung mehrfach im Sinne
       Aserbaidschans abgestimmt haben. Ihre Tätigkeit als (äußerst wohlwollende)
       private Wahlbeobachterin in Aserbaidschan wurde 2019 von der
       Generalstaatsanwaltschaft Rostock als nicht strafbar eingestuft, weil die
       Wahlbeobachtung nicht als „Wahrnehmung des Mandats“ galt.
       
       Im März 2021 starb Strenz auf dem Rückflug von einer privaten Reise nach
       Kuba an Herzversagen. Die Staatsanwaltschaft Schwerin ging von einer
       natürlichen Todesursache aus. Das erhaltene Bestechungsgeld soll nun bei
       Strenz’ Erben eingezogen werden.
       
       Der Badener [2][Axel Fischer] war 1998 bis 2021 Bundestagsabgeordneter. Bis
       2018 saß auch er in der Pace-Versammlung und war dort zuletzt Vorsitzender
       der EVP-Fraktion, zu der auch die deutschen Unions-Abgeordneten gehören.
       Laut Anklage soll Fischer durch einen Aserbaidschaner angeworben worden
       sein, damit er im Sinne Aserbaidschans Reden hält, abstimmt und
       vertrauliche Dokumente weiterleitet.
       
       Hierfür soll Fischer 2016 einen Bestechungslohn in Höhe von 21.800 Euro
       erhalten haben. Fischer soll auch Strenz gefördert und in nützliche
       Positionen gebracht haben. Fischers Einsatz für Aserbaidschan im Bundestag
       wurde von der Generalstaatsanwaltschaft ebenfalls geprüft, wäre aber
       verjährt, da die Handlungen vor 2016 lagen. Insoweit wurde das Verfahren
       gegen Fischer eingestellt.
       
       ## Bisher noch kein Geständnis
       
       Wegen Beihilfe zur Bestechung sind darüber hinaus zwei Personen aus dem
       Umfeld von Lintner angeklagt, eine Mitarbeiterin und ein naher Verwandter.
       Auch bei Lintner sollen aus Aserbaidschan erhaltene Gelder eingezogen
       werden.
       
       Lintner und Fischer wurden bisher nicht verhaftet. Sie haben bisher auch
       kein Geständnis abgelegt. Lintner bezeichnete den Bestechungsvorwurf
       vielmehr als „großen Unsinn“. Fischer erklärte, die Vorwürfe „treffen nicht
       zu“.
       
       Die Generalstaatsanwaltschaft München ist zuständig, weil Lintner Bayer
       ist. Wegen des sachlichen Zusammenhangs hat sie auch die Ermittlungen gegen
       Fischer übernommen. Die Anklage erfolgte beim Oberlandesgericht (OLG)
       München, das laut Gesetz erstinstanzlich für Fälle der Bestechung und
       Bestechlichkeit von Mandatsträgern zuständig ist. Das OLG München muss nun
       zunächst entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird.
       
       Weitere Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der
       [3][Aserbaidschanaffäre] sind derzeit nicht bekannt.
       
       1 Feb 2024
       
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