# taz.de -- Alters-Debatte über US-Präsidenten: Bidens Gedächtnislücken
       
       > Ein Bericht über eine Dokumentenaffäre von Biden stellt dessen
       > Erinnerungsvermögen infrage. Der Präsident verwechselte mehrfach
       > Politiker.
       
 (IMG) Bild: Manchmal geht einiges durcheinander: Joe Biden bei einer Pressekonferenz am Donnerstag
       
       WASHINGTON afp | Kritische Anmerkungen in einem Bericht eines
       Sonderermittlers haben die Debatte über das Alter und die geistigen
       Fähigkeiten von US-Präsident Joe Biden angeheizt. Biden reagierte am
       Donnerstagabend wütend auf Teile eines Berichts von Sonderermittler Robert
       Hur zur Dokumentenaffäre des Präsidenten, in dem das Erinnerungsvermögen
       des 81-Jährigen in Frage gestellt wird. „Mein Gedächtnis ist gut“, sagte
       Biden bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz im Weißen Haus.
       
       Auf eine Journalistenfrage zu einem Zitat aus dem Bericht, demzufolge Biden
       wirke wie ein „wohlmeinender, älterer Mann mit einem schlechten
       Gedächtnis“, entgegnete der Präsident: „Ich bin wohlmeinend, ich bin ein
       älterer Mann, und ich weiß zum Teufel was ich tue. Ich bin der Präsident
       und ich habe dieses Land zurück auf die Beine gebracht.“
       
       Erbost reagierte Biden, der sich bei der Präsidentschaftswahl im November
       für eine zweite Amtszeit wiederwählen lassen will, auf eine Passage des
       Berichts, derzufolge er sich bei einer Befragung nicht an das Datum des
       Krebstodes seines Sohnes Beau Biden im Jahr 2015 erinnern konnte. „Wie zum
       Teufel wagt er es, das anzubringen?“ sagte Biden dazu. Als er von
       Ermittlern dazu befragt worden sei, habe er gedacht: „Was zum Teufel geht
       die das an?“
       
       Biden verwies darauf, dass er kurz nach Beginn des Kriegs zwischen Israel
       und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober zur
       Dokumentenaffäre befragt worden war. Er sei damals damit beschäftigt
       gewesen, sich mit einer „internationalen Krise“ auseinanderzusetzen.
       
       ## Nicht strafbar
       
       Sonderermittler Hur war in seinem Bericht zu dem Schluss gekommen, dass
       Biden sich wegen der Aufbewahrung von vertraulichen Dokumenten aus seiner
       Zeit als Vizepräsident nicht strafbar gemacht habe – eigentlich ein Erfolg
       für Biden. Zumal sein Vorgänger Donald Trump in einer separaten
       Dokumentenaffäre von deutlich größerem Ausmaß von der Bundesjustiz
       angeklagt wurde.
       
       Für Schlagzeilen sorgten aber insbesondere die wenig schmeichelhaften
       Einschätzungen zu Bidens Erinnerungsvermögen. Sonderermittler Hur führte
       das vermeintlich schlechte Gedächtnis des Präsidenten auch als Argument
       dafür an, dass eine Geschworenenjury den Präsidenten bei einem
       hypothetischen Prozess niemals schuldig sprechen würde.
       
       Diese Anmerkungen griffen die oppositionellen Republikaner umgehend auf.
       Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses Mike Johnson und weitere
       Abgeordnete erklärten nach Veröffentlichung des Berichts, dieser sei
       „zutiefst verstörend“: „Ein Mann, der zu unfähig ist, für den falschen
       Umgang mit geheimen Dokumenten zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist mit
       Sicherheit ungeeignet für das Oval Office.“
       
       Wähler sehen Bidens hohes Alter als eine große Schwäche des US-Demokraten
       an, der bereits der älteste Präsident der US-Geschichte ist und immer
       wieder mit Versprechern und Verwechslungen für Aufsehen sorgt.
       
       ## Weiterer Schnitzer
       
       Zuletzt verwechselte Biden den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl mit der
       früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel, außerdem den verstorbenen
       französischen Staatschef François Mitterrand mit Amtsinhaber Emmanuel
       Macron. Bei der Pressekonferenz am Donnerstagabend unterlief Biden ein
       weiterer Schnitzer: Er bezeichnete den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah
       al-Sisi als „mexikanischen Präsidenten“.
       
       Die Republikaner schlachten Bidens verbale Fehltritte genüsslich aus –
       obwohl ihr voraussichtlicher Präsidentschaftskandidat Trump ebenfalls immer
       wieder mit bizarren Äußerungen für Stirnrunzeln sorgt.
       
       Bei Bidens Dokumentenaffäre ging es um vertrauliche Unterlagen aus seiner
       Zeit als Stellvertreter von Präsident Barack Obama zwischen 2009 und 2017.
       Die Dokumente waren Ende 2022 in einem früher von Biden genutzten Büro in
       Washington und dann in seinem Privathaus in Wilmington im Bundesstaat
       Delaware gefunden worden.
       
       In Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida hatte die
       US-Bundespolizei FBI Monate zuvor hunderte vertrauliche Dokumente
       beschlagnahmt, die der Rechtspopulist nach dem Ende seiner Amtszeit Anfang
       2021 aus dem Weißen Haus mitgenommen hatte.
       
       Der im Fall Biden zuständige Sonderermittler Hur hob in seinem Bericht
       hervor, dass es erhebliche Unterschiede zwischen beiden Affären gebe. So
       habe Biden die Dokumente freiwillig zurückgegeben und während der
       Ermittlungen kooperiert, ganz anders als Trump. Biden begrüßte diese
       Schlussfolgerungen des Sonderermittlers, auch wenn er Anstoß an den
       Einschätzungen zu seinem Gedächtnis nahm.
       
       9 Feb 2024
       
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