# taz.de -- US-Reise von Bundeskanzler Scholz: Vertauschte Rollen in Washington
       
       > Diesmal fliegt Olaf Scholz nicht als Zauderer in die USA, sondern als
       > Antreiber: Die Amerikaner sollen endlich wieder der Ukraine helfen.
       
 (IMG) Bild: Olaf Scholz begibt sich auf die Reise in die USA, um mehr Militärhilfe für die Ukraine einzufordern
       
       BERLIN taz | Eine spektakuläre Reise ist es im Grunde nicht, zu der
       Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag Mittag aufgebrochen ist. Der dritte
       US-Besuch seit Beginn seiner Kanzlerschaft kommt ohne großes Tamtam aus.
       Gerade mal 24 Stunden lang wird er sich in Washington aufhalten, eine
       Pressekonferenz mit Joe Biden ist nicht geplant. Direkt nach seinem Treffen
       mit dem US-Präsidenten im Oval Office wird Scholz am Freitag Abend zurück
       nach Berlin fliegen.
       
       Und trotzdem ist es eine besondere Reise – denn der Besuch findet mit
       vertauschten Rollen statt. Jahrelang mussten sich deutsche
       Regierungsvertreter*innen bei solchen Anlässen dafür rechtfertigen,
       zu wenig Geld ins Militär zu stecken und für die Sicherheit in Europa zu
       wenig zu leisten. Diesmal könnte es umgekehrt laufen.
       
       „Wenn es um die Frage der Lastenteilung geht, dann braucht sich Europa
       nicht zu verstecken“, heißt es vorab aus dem Kanzleramt, mit Blick vor
       allem auf die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland. [1][In
       einem Gastbeitrag für das Wallstreet Journal rechnete Scholz persönlich]
       den Amerikaner*innen am Mittwoch vor, was das heißt: Bei den
       Militärhilfen läge Deutschland nach den Vereinigten Staaten auf Platz 2,
       die Finanzhilfen der EU an die Ukraine seit Kriegsbeginn überträfen die der
       USA sogar und auf weitere 50 Milliarden Euro hätten sich die
       Mitgliedsstaaten gerade erst geeinigt.
       
       Jetzt, so die freundlich verpackte Forderung aus Berlin, müsse Washington
       seiner Verantwortung endlich wieder nachkommen. Dem Kanzler sei es wichtig,
       so ein Regierungsberater, dass alle Staaten ihren Teil für die Ukraine
       leisten und dafür auch ausreichende Haushaltsmittel zur Verfügung stellen.
       „In dieser Hinsicht kommt das Gespräch zum genau richtigen Zeitpunkt.“
       
       Im US-Kongress scheiterte schließlich am Mittwoch erneut ein
       Gesetzesentwurf für weitere Ukraine-Hilfen. Die Demokraten waren den
       Republikanern zwar entgegengekommen und erklärten sich bereit, im Gegenzug
       weitere Abschottungsmaßnahmen gegen Migrant*innen umzusetzen. Ganz im
       Sinne ihres designierten Präsidentschaftskandidaten Donald Trump stimmten
       die Republikaner im Senat trotzdem mit Nein.
       
       ## Warnung vor den Konsequenzen
       
       Bleibt es bei der Blockade, könnte sich die militärische Situation für die
       Ukraine bald zuspitzen. Schon jetzt klagt die ukrainische Armee darüber,
       das Ausbleiben von US-Waffenlieferungen zu spüren und mit deutlich weniger
       Munition auskommen zu müssen als die Gegenseite.
       
       „Die Ukraine könnte schon bald einem ernsthaften Mangel an Waffen und
       Munition gegenüberstehen“, warnt auch Scholz im Wallstreet Journal. Nicht
       an Präsident Biden richtet sich diese Mahnung. Mit ihm ist sich der
       Bundeskanzler schließlich einig. Scholz will auf die US-Öffentlichkeit und
       den Kongress einwirken – bei allem Bewusstsein darüber, dass der deutsche
       Einfluss begrenzt ist. Als erster Termin nach der Landung in Washington ist
       ein Abendessen mit Abgeordneten beider Parteien vorgesehen.
       
       Scholz als Antreiber, nicht mehr als Zögerer: Vor seiner USA-Reise
       arbeitete der Kanzler an diesem Bild von sich zuletzt schon innerhalb der
       EU. Mehrmals hatte er in den vergangenen Wochen [2][europäische
       Partnerländer aufgefordert, hinsichtlich Waffenlieferungen mehr zu
       leisten]. In einem Gastbeitrag für die Financial Times schrieb er mit vier
       anderen europäischen Regierungschef*innen: „Die Belastung ist so hoch, dass
       alle Staaten alles in ihrer Macht Stehende tun müssen.“
       
       Die Zahlen geben dem Kanzler einerseits recht. Im Vergleich mit anderen
       großen EU-Staaten wie Frankreich, Spanien und Italien leistet Deutschland
       mittlerweile viel für die Ukraine. Dennoch hält sich selbst unter den
       Partnern in der Ampel-Koalition der Vorwurf, Scholz mache zu wenig. In
       Relation zur Wirtschaftskraft ist Deutschland innerhalb der EU schließlich
       mitnichten der größte Ukraine-Unterstützer – und [3][die schon lange
       geforderte Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern scheitert] weiterhin am
       Kanzleramt.
       
       Die Diskussion darüber wollen Scholz’ Leute entsprechend herunterkochen: In
       Washington, so heißt es von ihnen, werde das Thema wohl keine große Rolle
       spielen.
       
       8 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.wsj.com/articles/a-russian-victory-in-ukraine-would-imperil-us-all-abee35e6
 (DIR) [2] /Milliardenhilfe-fuer-die-Ukraine/!5985916
 (DIR) [3] /Debatte-um-Marschflugkoerper-fuer-Ukraine/!5984703
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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