# taz.de -- Protest gegen Mullah-Regime: Lebenszeichen des Widerstands
       
       > 600 Menschen fordern vorm Brandenburger Tor einen Regierungswechsel im
       > Iran. Das nicht mehr kamen, liegt an der zersplitterten Opposition.
       
 (IMG) Bild: Die Präsidentin des Nationalen Widerstandsrats des Iran (NWRI), Maryam Rajavi, aus dem Exil in Paris per Video zugeschaltet
       
       Rund 600 iranische Oppositionelle kamen am Samstag vor dem Brandenburger
       Tor zusammen, um für einen Regimewechsel im Iran zu demonstrieren. Anlass
       war der 45. Jahrestag der iranischen Revolution, die 1979 zwar die
       Schah-Monarchie beendete, dafür aber zur Islamischen Republik führte. „Wir
       lehnen sowohl die gestürzte Diktatur des Schahs als auch das herrschende
       Mullah-Regime ab und fordern eine säkulare demokratische Republik für den
       Iran“, heißt es in dem Aufruf.
       
       Die von der „Gesellschaft von Deutsch-Iranern“ organisierte Kundgebung und
       Demonstration forderte unter anderem, die iranischen Revolutionsgarden auf
       die Terrorliste der EU zu setzen, die UN-Sanktionen gegen den Iran wieder
       aufzunehmen, eine Gleichstellung der Geschlechter, die Abschaffung der
       Todesstrafe sowie die „Anerkennung des Kampfes des iranischen Volkes für
       einen Regimewechsel“.
       
       Es war die erste [1][größere Demonstration in Berlin gegen das iranische
       Regime seit Langem], aber kein Vergleich [2][zu den 80.000 Menschen, die
       sich im Oktober 2022] im Tiergarten versammelt hatten. Damals war ein
       breites Bündnis der iranischen Zivilgesellschaft auf die Straße gegangen,
       um die größten Proteste im Iran seit Bestehen der Islamischen Republik zu
       unterstützen, die durch den Tod der iranischen Kurdin Mahsa Amini ausgelöst
       worden waren.
       
       Die Protestierenden kamen aus allen Bevölkerungsschichten, auch bürgerliche
       und monarchistische Gruppen hatten den Großprotest damals unterstützt. Die
       iranische Führung konnte die Proteste nach einigen Monaten schließlich
       niederschlagen. Das Regime ließ Zehntausende Menschen verhaften, über 800
       wurden allein im vergangenen Jahr im Iran hingerichtet. Am Samstag nun ging
       lediglich „Nationalen Widerstandsrats des Iran“ (NWRI) organisierte Teil
       der Opposition auf die Straße.
       
       ## Weniger Teilnehmer:innen als erwartet
       
       Zumindest der logistische und finanzielle Aufwand, den die
       Organisator:innen für die Demonstration betrieben, war enorm:
       Hunderte aufgestellte Schilder und mitgebrachte Fahnen, Absperrgitter, eine
       große Bühne und riesige Ballons, sogar eine Konfettikanone und ein Dutzend
       Dixi-Klos. Angemeldet waren 3.000 Menschen. Viele schwenkten die ehemalige
       iranische Staatsflagge, auch einige ukrainische Fahnen waren zu sehen.
       
       Zu der Kundgebung wurde auch die Oppositionspolitikerin und Präsidentin des
       NWRI, Maryam Rajavi, aus dem Exil in Paris per Video zugeschaltet. Ihre auf
       Persisch gehaltene, von Pathos getragene Rede wurde immer wieder von
       gleichförmigen Sprechchören wie „Demokratie, Freiheit, mit Maryam Rajavi“
       unterbrochen.
       
       Der 1981 gegründete NWRI ist ein Dachverband mehrerer oppositioneller
       Gruppen, die sich für eine demokratische, säkulare und atomwaffenfreie
       Republik im Iran einsetzen und der seit 1993 von Maryam Rajavi von Paris
       aus geführt wird. Die NWRI lehnt andere oppositionelle Kräfte [3][wie die
       Monarchisten] ab und nimmt für sich in Anspruch, Alleinvertreter der
       iranischen Opposition zu sein; diese ist allerdings sehr heterogen und
       zersplittert. Dass das Bündnis nur für einen Teil der iranischen Opposition
       steht, zeigt sich auch an der eher geringen Zahl der Teilnehmenden.
       
       Auf der Kundgebung sprachen auch Politiker wie Martin Patzelt. Der
       ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete ist entschiedener Gegner des
       Atomabkommens: „Wer überall Hass sät in der arabischen Welt, mit dem können
       wir keine Verträge abschließen“, so Patzelt zur taz. Die „freie Welt“ müsse
       an der Seite der Menschen stehen, die unterdrückt würden. „Wir können den
       Mullahs nicht vertrauen.“ Patzelt ist Vorstandsmitglied im „Deutschen
       Solidaritätskomitee für einen freien Iran“, das die Interessen der
       Volksmudschahedin in Deutschland unterstützt, einer der Hauptkräfte
       innerhalb des NWRI. Früher galten die umstrittene Gruppe als marxistisch,
       heute pflegen sie Kontakte zu rechtskonservativen Parteien wie den
       US-Republikanern und der spanischen Vox.
       
       11 Feb 2024
       
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