# taz.de -- PR-Termin auf Kraftwerksgelände: Zukunftsprojekt und Currywurst
       
       > Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck legt in Spandau mit Senatschef
       > Kai Wegner den Grundstein für den „Frühling der Wärmewende“. Er dankt
       > viel.
       
 (IMG) Bild: Bundesdankminister Habeck und Berlins Regierender Wegner beim ausgiebigen Händeschütteln in Spandau
       
       BERLIN taz | Ich packe meinen Koffer und nehme mit: einen Berliner
       Buddy-Bär, eine Miniaturversion des Fernsehturms, ein paar Socken, ein
       Holzhaus und ein Stück Steinkohle. Erraten, wohin es geht? Zur
       Grundsteinlegung nach Spandau natürlich, ans Spreeufer. Keine
       Baustelleneröffnung kommt ohne silberne Zeitkapsel aus.
       
       In Spandau auf dem Gelände des Kraftwerks Reuter West war die besonders
       groß. Mindestens genauso überwältigend wie die Röhre war Robert Habeck, der
       als Bundeswirtschaftsminister freudestrahlend angereist kam, „um sich zu
       bedanken“ und den „Frühling der [1][Wärmewende]“ auszurufen. Allein, welch
       banale Grundsteinlegung lässt den Grünen-Vizekanzler so überschwänglich
       schwärmen und den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) mindestens den
       Anfang der wöchentlichen Senatssitzung schwänzen?
       
       Es ist ein nachbarschaftliches 200 Millionen Euro schweres
       „Zukunftsprojekt“ – was auch sonst? – von [2][Vattenfall], den Berliner
       Wasserbetrieben und der Berliner Stadtreinigung. Gemeinsam sollen die hier
       geplante „Abwasserwärmepumpenanlage in großindustriellem Maßstab und die
       neue Dampfturbine“ einen selbstverständlich „großen“ Beitrag zur
       Dekarbonisierung erbringen.
       
       Noch bläst das Heizkraftwerk Reuter West bei der Wärme- und Stromgewinnung
       bis zu 1,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr in den Himmel. Das sind
       zehn Prozent der Berliner CO2-Emmissionen. Damit soll irgendwann Schluss
       sein. Aber Eile mit Weile: [3][Erst im Jahr 2045 soll in Berlin Energie
       vollkommen klimaneutral produziert werden.]
       
       ## Wärme aus Müll
       
       Immerhin hilft seit ein paar Jahren eine Müllverbrennungsanlage auf der
       anderen Spreeseite. Durch ein Rohr strömt durch die Müllverbrennung
       erhitzter Wasserdampf zum Kraftwerk, der eine Turbine antreibt und über
       Wärmetauscher seine Hitze an die Fernwärmeanlage abgibt. Klingt
       kompliziert. Wichtig an dieser Stelle ist lediglich: Die aktuelle
       Dampfturbine wird jetzt durch das besagte neue Modell ersetzt, das 2026 in
       Betrieb gehen soll.
       
       In dem geplanten Gebäude soll auf 1.600 Quadratmetern auch die größte
       Wärmepumpe Deutschlands ein Zuhause finden. Auch hier spielen Nachbarn vom
       Spreeufer eine entscheidende Rolle. Die Wasserbetriebe betreiben dort das
       Klärwerk Ruhleben. Die Pumpenanlage wird also an das Werk angeschlossen,
       nutzt die Restwärme des gereinigten Abwassers und speist es dann ins
       Fernwärmenetz ein. So will man dann 45.000 Haushalte mit Fernwärme
       versorgen und 50.000 Tonnen CO2 einsparen.
       
       Das „Energiedreieck Ruhleben“ werde, so Kai Wegner, ein Vorbild für ganz
       Deutschland, auch Habeck ist überzeugt: „Das, was hier in Spandau geht, das
       muss überall gemacht werden.“ „Energiedreieck“ klingt zwar nach
       „Chemiedreieck“ und weckt eher unschöne Assoziationen an Leuna, Buna,
       Bitterfeld. Aber egal.
       
       Habeck bedankte sich im Laufe der Veranstaltung noch zig Mal. Für die
       Pumpe, die Turbine, die Fernwärme. Wofür man halt so dankt. Dann war er
       auch schon wieder verschwunden. Es gab Currywurst.
       
       12 Mar 2024
       
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