# taz.de -- Neue Single von Riotgrrrl Brennan Wedl: Gitarren und invasive Pflanzen
       
       > US-Künstler:in Brennan Wedl veröffentlicht die Single „Kudzu“ beim
       > Indielabel Killrockstars. Der Titelsong rockt gegen die katholische
       > Kirche.
       
 (IMG) Bild: Brennan Wedl rockt im ländlichen Minnesota
       
       Grüne Ranken bedecken Hügel, Wälder und Graslandschaften und umschließen
       dabei alles, was ihrem Wachstum in den Weg kommt, egal, ob Autos, Büsche,
       oder gar Häuser. Solche Bilder ergibt die Internetrecherche nach Kudzu,
       einer invasiven Pflanzenart aus Ostasien, die dafür bekannt ist, indigene
       Pflanzenarten zu verdrängen.
       
       Nach diesem Gewächs benennt die US-Sängerin Brennan Wedl auch ihren neuen
       Song. „Kudzu“ ist bereits ihre zweite Single aus diesem Jahr, nach „2
       Dollar Pistol“ und ihrem Debütalbum „Holy Water Branch“ (2019).
       
       Die Pflanze ist bei ihr eine Metapher für die rigiden Strukturen der
       katholischen Kirche, in deren Schoß Wedl im ländlichen Teil des
       US-Bundesstaats Minnesota aufgewachsen ist. Anders als ihre Eltern hatte
       Wedl in der lokalen Glaubensgemeinschaft keinen Trost gefunden, sondern
       empfand bereits in jungen Jahren Frustration über die strikten Normen und
       Regeln der Kirche. Kein Wunder, denn Wedl ist queer, und in der
       katholischen Kirche sind Queer- und Trans*feindlichkeit immer noch
       verbreitet, genauso wie heteronormative Ideen von Liebe und Gender.
       
       „Kudzu“ kann also sinnbildlich für erdrückende Strukturen stehen, gegen die
       Brennan Wedl sich wehrt. Und das beschränkt sich nicht nur auf die
       katholische Kirche. Der Song lässt sich auch auf toxische Paarbeziehungen
       und starre gesellschaftliche Machtstrukturen beziehen, die wie die Ranken
       einer invasiven Pflanze die Freiheit einzelner einschränken.
       
       ## Ventil für Emotionen
       
       Mit repetitiven Rhythmen und gedämpfter Stimme vermittelt Wedl in den
       Strophen des Songs ein Gefühl von konstantem Druck, das immer stärker wird
       und sich erst mit dem fulminanten letzten Refrain auflöst. Brennan Wedl
       schreit „Let me change my mind“, und ihre Stimme schwebt klar über dem
       Strudel der Grunge-anmutenden Komposition. Beißend-laute Trommeln und
       scharfkantige E-Gitarren schneiden wie Messer durch das Dickicht und retten
       vor dem drohenden Ersticken.
       
       Der raue Klang von „Kudzu“ überrascht nach dem leiseren und
       Folk-inspirierten Debütalbum „Holy Water Branch“. Wo früher noch die
       akustische Gitarre Signalinstrument war, [1][bevorzugt Brennan Wedl heute
       die elektrische] und scheut nicht davor zurück, sich damit laut und im
       Mittelpunkt zu inszenieren.
       
       Was die Songtexte anbelangt, zieht sich ein roter Faden durch die
       Veröffentlichungen. Über einengende Zustände sang Wedl nämlich bereits auf
       ihrem Debüt. Damals ging es um ihre Ehe, welche sie als verfrüht
       beschreibt, Suchterkrankung und selbstzerstörerischen Umgang mit Gefühlen.
       
       Für diese Emotionen hat sie nun ein anderes Ventil gefunden: Musik. Seit
       2016 ist Brennan Wedl als Solistin aktiv. Bis 2018 war sie Teil der
       alternativen Rockband Dazey and the Scouts, deren einziges Album „Maggot“
       insbesondere von queeren Jugendlichen auf Tiktok gefeiert wurde.
       
       Egal ob Folk, Rock oder Grunge, ob laut oder leise, mit Band oder als
       Solist:in, den Songs von Brennan Wedl wohnt stets etwas Rebellisches inne.
       Durch Musik macht die Sängerin ihre Gefühle für andere zugänglich und
       erzählt Geschichten ehrlich und ungeschönt. Die stürmische Impulsivität von
       „Kudzu“ spiegelt sich auch im Musikvideoclip zum Song.
       
       Er wurde auf Super-8-Film inmitten eines Schneesturms gedreht. In körniger
       Qualität sehen wir hektisch geschnittene Handkameraaufnahmen von
       Waldboden, Bäumen, Tieren und Brennan Wedl, die durch die diesige
       Landschaft direkt auf die Kamera zu läuft.
       
       [2][Die brachiale Musik wirkt als Störelement] in der scheinbar
       unversehrten verschneiten Landschaft. Genau das scheint Brennan Wedl mit
       dieser Veröffentlichung bewirken zu wollen: Mit lauten Gitarren durchbricht
       sie die ihrer Meinung nach erstickenden Normen und Regeln.
       
       15 Mar 2024
       
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