# taz.de -- Teilnehmer des „Remigrations“-Treffens: Immer diese Pressefreiheit!
       
       > Bei der Hamburger AfD sollte Ulrich Vosgerau erzählen, was in Potsdam
       > „wirklich“ geschah. Er hat vieles bestätigt, was Correctiv berichtet
       > hatte.
       
 (IMG) Bild: Kronzeuge Ulrich Vosgerau: CDU-Mitglied in Diensten der AfD
       
       Ulrich Vosgerau beginnt seinen Vortrag mit den Worten „Ich – war – dabei!“
       Dazwischen macht er bedeutungsvolle Kunstpausen und grinst. Ein
       zustimmendes Raunen geht durch die Stuhlreihen, annähernd 500
       Zuhörer:innen sind in den mild erleuchteten Festsaal des Hamburger
       Rathauses gekommen.
       
       Eingeladen hatte die AfD-Bürgerschaftsfraktion, deren Fraktionschef Dirk
       Nockemann nach Bekanntwerden des Potsdamer „Remigrations“-Treffens noch zur
       Hamburger Morgenpost gesagt hatte: „An einer Veranstaltung teilzunehmen, an
       der ein Martin Sellner teilnimmt, das ist ohne Sinn und Verstand.“
       
       Doch der Wind hat sich gedreht, die AfD versucht nach dem ersten Schreck
       nun, das Treffen, das eine bundesweite Protestwelle ausgelöst hat, zu
       bagatellisieren. Dafür ist CDU-Mitglied Vosgerau genau der Richtige. Er
       verstehe nicht, warum dieses „private“ Treffen und die
       [1][Berichterstattung durch das Rechercheportal Correctiv] darüber so viel
       Aufsehen erregt hätten. „Der Nachrichtenwert ist null.“
       
       Vosgerau war vor allem wegen [2][Martin Sellner] gekommen, der
       „Identifikationsfigur der Identitären Bewegung (IB)“, auch wenn er gar
       nicht so genau wisse, was die mache. Die AfD hat immerhin einen
       Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die IB gefasst, weil sie ihr zu
       rechtsextrem ist.
       
       ## „Remigration“ schlecht integrierter Ausländer
       
       Sellner habe beim Treffen im Potsdamer Landhaus Adlon wirklich über
       „Remigration“ gesprochen, bestätigt Vosgerau die Darstellung von Correctiv.
       Allerdings sei es ihm „ausschließlich um schlecht integrierte Ausländer“
       gegangen, denn Eingebürgerten den deutschen Pass zu entziehen, sei ja
       rechtlich gar nicht möglich. Wobei: schwerst kriminellen Doppelstaatlern
       könne man durchaus die Staatsbürgerschaft aberkennen, wirft Vosgerau in
       Hamburg ein, das habe Sellner „nicht auf dem Schirm gehabt“. Da geht also
       noch mehr.
       
       Gut im Ohr hat Vosgerau auch noch Sellners Idee, mit deutschem Geld in
       Nordafrika „Musterstädte“ zu bauen – nicht Musterstaaten, da habe wohl das
       Richtmikrofon von Correctiv versagt. Dort könnten „problematische“
       Ausländer hingehen – natürlich „freiwillig“, und die Flüchtlingshelfer am
       besten gleich mit. „Nichts daran ist verfassungswidrig“, meint der
       promovierte Jurist. Sellner habe sich „sehr vorsichtig“ geäußert. Was der
       wohl sagt, wenn er unvorsichtig wird?
       
       „Gegen die große Linie des Sellner-Vortrags“, wie Correctiv sie dargestellt
       hat, habe man rechtlich nicht vorgehen können, sagt der frühere
       Jura-Privatdozent der Uni Köln. Überhaupt, wer sich für viel Geld beraten
       lasse, werde schnell feststellen, „wie schlimm das Äußerungsrecht ist“.
       
       Presserechtlich angreifbar seien lediglich Tatsachenbehauptungen; gegen
       Meinungsäußerungen, wie Correctiv sie verbreitet habe, sei dagegen kaum ein
       Kraut gewachsen, sagt Vosgerau. Deswegen sei er [3][gegen
       Nebensächlichkeiten vorgegangen], gibt er unverblümt zu – und in zwei von
       drei Punkten vorerst gescheitert. „Und nun werden diese infamen Mistvögel
       sagen, ihre Darstellung sei wahr, weil niemand dagegen geklagt habe!“
       Pressefreiheit ist aber auch wirklich Mist.
       
       1 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/
 (DIR) [2] /AfD-Geheimtreffen-mit-Martin-Sellner/!5992121
 (DIR) [3] /Potsdamer-Remigrations-Treffen/!5992120
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Kahlcke
       
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